Prozessauftakt nach Überfall auf Sulzbacher Tankstelle

Der Angeklagte gibt an, sich nicht mehr erinnern zu können, obwohl er sich selbst auf den Beweisbildern erkennt.

Archivfoto: Alexander Becher

© Alexander Becher

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Von Heike Rommel

Backnang/Sulzbach an der Murr. Der Täter zu sein, welcher am Bahnhof Backnang als sogenannter Schwarzfahrer einem Zugbegleiter eine Pistole gezeigt und in Sulzbach an der Murr eine Tankstelle überfallen hat, kann ein 23-jähriger vor dem Stuttgarter Landgericht aufgrund von Beweisbildern aus Videokameras nicht abstreiten. Er gibt jedoch an, er erinnere sich nicht mehr an die Taten, denn er sei psychisch krank und höre Stimmen.

Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft legt dem Angeklagten aus dem Raum Backnang zu Last, am 21. September 2021 gegen 19.26 Uhr einem Zugbegleiter eine Pistole gezeigt zu haben, nachdem dieser ihn als Schwarzfahrer des Zuges verwiesen hatte. Der Zugbegleiter konnte nicht wissen, dass es sich lediglich um eine Druckluftpistole handelte. Vorgeworfen wird dem 23-Jährigen auch der Überfall auf die Araltankstelle in Sulzbach vom 24. Februar dieses Jahres. Dort soll er vor einer Kassiererin an den Taschen seiner Oberbekleidung herumgespielt haben, in welcher ein Messer steckte.

Ohne Fahrschein, aber mit Pistole unterwegs

„Er hat schon beim Haftrichter gesagt, er wisse nichts mehr“, erklärt Verteidiger Michael Blanz beim Prozessauftakt. „Der Herr hatte keinen Fahrschein und wollte bis Oppenweiler weiterfahren“, gab der 60-jährige Zugbegleiter im Zeugenstand zu der Tat am Backnanger Bahnhof an. Des Zuges verwiesen sei der Angeklagte hinten ausgestiegen und habe vorne wieder einsteigen wollen. „Der Zug fährt nicht weiter, wenn Sie wieder einsteigen“, habe er dem Fahrgast ohne Fahrschein gesagt. „Dann hat er mir seine Pistole gezeigt“, schildert der Zugbegleiter, der daraufhin die Polizei gerufen hat, während der Mann mit der Pistole verschwand. „

Das Zeigen der Waffe wurde auch von einem weiblichen Fahrgast wahrgenommen“, sagt ein Beamter des Polizeireviers Winnenden. Ein Kripobeamter aus Waiblingen leitete nach der Sache im Regionalexpress mit Erfolg die öffentliche Fahndung ein. Zu ihm habe der 23-Jährige gemeint, er sei „halt besoffen gewesen“. Nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft sei er dann auch wieder auf freien Fuß gesetzt worden.

Der vom Überfall auf die Tankstelle betroffenen Kassiererin, die bis heute deswegen in psychologischer Behandlung ist, wollte das Gericht keine Zeugenaussage in Anwesenheit des Täters zumuten. Ihre Vernehmung wurde aus einem Beratungszimmer auf die Fernseher im Saal übertragen. Wer in den Saal kam, war der Chef der Kassiererin, der sagen konnte, dass aus der Kasse der Tankstelle 694,94 Euro fehlten. Als der Angeschuldigte nach dem Tankstellenüberfall festgenommen wurde, behauptete er, nur 560 Euro geraubt zu haben. „Ich habe am selben Abend noch zwei Kündigungen bekommen“, erzählt der Tankstellenleiter von der Angst, in die seine Mitarbeiter durch den Räuber versetzt wurden.

Mit Hundestaffel nach Räuber gesucht

„Wir haben alles abgeklappert“, berichtet ein Backnanger Polizeibeamter von der Fahndung nach den Tankstellenüberfall. Mit anderen Kleidern als bei der Tat entkam der Räuber zunächst einer Personenkontrolle. Die Polizei inklusive Hundeführerstaffel suchte ihn an seiner Wohnanschrift auf, wo sie durch einen offenen Rollladen zwei Cannabispflanzen stehen sah. „Er wirkte irgendwie benommen, absolut verlangsamt“, erzählt ein Polizist.

Das erbeutete Geld aus der Tankstelle sei so in den Geldbeutel geknüllt gewesen, dass dieser schon gar nicht mehr zuging. In einem der offenen Schränke erkannte der Polizeibeamte die Sturmmaske, die der Räuber bei dem Tankstellenüberfall getragen hatte. Auch die Tatbekleidung konnte sichergestellt werden. Am Mülleimer wurde eine schwarze Pistole gefunden, von der jedoch nicht sicher ist, ob sie die Tatwaffe vom Backnanger Bahnhof ist. Der Angeklagte sagt vor dem vorsitzenden Richter, Volker Peterke, dazu, diese Waffe habe er „noch nie im Leben gesehen“.

Am nächsten Verhandlungstag soll die Mutter des Angeklagten im Zeugenstand gehört werden. Dessen Vater kann aus gesundheitlichen Gründen nicht kommen. Zu seiner Person erklärte der 23-jährige Berufslose unter anderem, er habe Zeitsoldat werden wollen. Vorzeitig ausgemustert habe er etwa drei Monate lang gejobbt und dann von Sozialleistungen gelebt. Vor der Untersuchungshaft habe er jeden Tag zwei Flaschen Wodka und eine Flasche Whisky getrunken.

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Erstellt:
16. September 2022, 06:00 Uhr

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