Ayliva drei Mal in Stuttgart
„Rennen verboten!“ – Wie man per U-Bahn zu Aylivas Konzerten in Stuttgart kommt
In Social-Media-Posts über Ayliva wird deutlich, dass Kommunikation zwischen Jung und Alt nicht immer funktioniert. Die Sängerin gastiert diese Woche drei Mal in der Schleyerhalle.

© Imago/Berlinfoto
Ayliva (hier bei einem Konzert in Berlin) gastiert diese Woche drei Mal in Stuttgart.
Von Michael Werner
Ein schönes Beispiel für die grassierende Sprachlosigkeit zwischen Alt und Jung wurde vor einem Monat, am 15. September, auf der Plattform X (vormals Twitter) veröffentlicht: Da jubelte der offizielle Account der Berliner Uber Arena, die gerade von der Sängerin Ayliva am ersten von drei Abenden mit überwiegend jungen Fans gefüllt worden war: „Mit ihrer Stimme hat Ayliva die Uber Arena heute Abend in ein Meer aus Gefühlen verwandelt.“ Das Social-Media-Team der Mehrzweckhalle schob dem Jubel eine mit Fingerherz-Emoji verzierte Aufforderung hinterher, die sich als Rohrkrepierer entpuppte: „Kommentiert euren Lieblings-Song des Abends!“
Keiner der 826 Betrachter des Posts, die immerhin sieben digitale Herzchen hinterlassen haben, ist der Aufforderung nachgekommen. Niemand hat den Beitrag kommentiert, wahrscheinlich auch deshalb nicht, weil Aylivas junge Fans nicht X nutzen, sondern Instagram, TikTok und YouTube – und weil der durchschnittliche X-Nutzer den Namen Ayliva noch nie gehört hat.
Ayliva, 27, bürgerlich Elif Akar, hält sich mit 826 Views nicht lange auf. Ihre Musikvideos auf YouTube werden zig-Millionen-fach aufgerufen, ihre Songs werden zig-Millionen-fach auf Spotify gestreamt. Manche Medienvertreter, die in eines ihrer Arena-Konzerte gelangt sind, nennen sie die „deutsche Taylor Swift“ und betonen, dass die Recklinghäuserin mit viel weniger Bühnenoutfits auskommt.
Ayliva in Stuttgart und Bob Dylan in Helsinki
Man vergleicht hierzulande ja gerne mit Amerika. Wolfgang Niedecken, der derzeit mit dem archaisch anmutenden Mittel der Komplettplakatierung ganzer Litfaßsäulen für die Jubiläumstournee seiner Band BAP Ende nächsten Jahres wirbt, wird seit 50 Jahren zuweilen als „Kölner Bob Dylan“ bezeichnet. Sein großes Vorbild, 84 mittlerweile, tourt übrigens immer noch. An diesem Donnerstag, just während Ayliva das erste ihrer drei nahezu ausverkauften Konzerte in der Stuttgarter Schleyerhalle gibt, startet Dylan seine diesjährige Europatournee in Helsinki.
Die Alten spielen noch. Die Jungen rollen – zum Teil unterhalb ihres Radars – heran. Ayliva, die auf der Bühne Gitarre und Klavier spielt und singt (wie übrigens auch Dylan), zum Beispiel davon, dass Frauen stark sind, auch wenn sie von Männern schlecht behandelt wurden, ist womöglich pragmatischer und serviceorientierter, jedenfalls empfehlungsfreudiger ihren Fans gegenüber: „Bitte nutzt verstärkt öffentliche Verkehrsmittel“, steht unter der Rubrik „Anreise“ auf der Website von Ayliva, die im Musikvideo zu ihrer aktuellen Single „Wie?“ als Beifahrerin in einem roten Auto einige Minuspunkte von Männlichkeit erdulden muss, während sie zu einer bombastisch inszenierten hübschen Melodie singt: „Halt mich fest! Zeig mir, dass du mich liebst!“
Die U-Bahnen der Linie U11 fahren laut der Website der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) an diesem Donnerstag, am Freitag und am Sonntag jeweils von 17.15 Uhr bis 19.25 Uhr alle zehn Minuten vom Hauptbahnhof bis zur Endstation Neckarpark unweit der Schleyerhalle.
„Passt auf Euch auf“, empfiehlt Aylivas Veranstalter
Aber mit der Straßenbahnfahrt ist die Anreise zum jeweils gegen 19.45 Uhr beginnenden Konzert (Einlass ab 18 Uhr) ja noch nicht ganz vollzogen: „Wir wissen, dass Ihr es kaum abwarten könnt, sobald der Einlass endlich geöffnet ist, aber bitte passt auf Euch auf“, warnt Aylivas Tourneeveranstalter auf ihrer Website. Damit keine Unklarheiten offenbleiben: „Rennen ist überall in der Arena verboten!“
Derart konkrete Handlungsanweisungen wären vor 60 Jahren vermutlich auch dann nicht auf der Website der Beatles gestanden, wenn das Internet bereits existiert hätte.