Rund 270 Hinweise auf Missbrauch bei Kurzarbeitergeld

dpa/lsw Stuttgart. Mehr als 40 Prozent aller Südwest-Betriebe haben angesichts der Corona-Pandemie Kurzarbeit angemeldet. Darunter sind auch ein paar Fälle, bei denen Unternehmen die staatlichen Gelder möglicherweise ungerechtfertigt einstreichen.

Ein roter Stift liegt auf einem Antrag für Kurzarbeitergeld. Foto: Robert Michael/dpa-Zentralbild/dpa/Illustration

Ein roter Stift liegt auf einem Antrag für Kurzarbeitergeld. Foto: Robert Michael/dpa-Zentralbild/dpa/Illustration

Die Behörden im Südwesten gehen zurzeit rund 270 Hinweisen auf mögliche Missbrauchsfälle im Zusammenhang mit der Zahlung von Kurzarbeitergeld nach. Das sagte eine Sprecherin der baden-württembergischen Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit am Freitag in Stuttgart auf Anfrage. Inzwischen sei man auf einzelne „sehr konkrete“ mutmaßliche Betrugsfälle gestoßen, zu denen man aber aus ermittlungstechnischen Gründen keine weiteren Angaben machen könne. Die Sprecherin betonte, bei den bisher bekannten möglichen Missbrauchsfällen sei kein Schwerpunkt auf bestimmte Branchen erkennbar. Die Hinweise seien meist anonym abgegeben worden.

Die Zeitungen „Mannheimer Morgen“ und „Heilbronner Stimme“ (Freitag) hatten zunächst über das Thema berichtet.

Angesichts der wirtschaftlichen Turbulenzen nach Ausbruch der Corona-Pandemie hatten viele Betriebe Kurzarbeit eingeführt. Nach aktuellen Zahlen der Arbeitsagentur haben seit März rund 125 000 Unternehmen im Südwesten zumindest zeitweise Kurzarbeit für insgesamt mehr als zwei Millionen Beschäftigte angemeldet.Damit hätten mehr als 42 Prozent der Südwest-Betriebe von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Inzwischen sei die Zahl der Neuanmeldungen für Kurzarbeit allerdings wieder deutlich gesunken.

Wie viele Mitarbeiter letztlich wirklich schon Kurzarbeitergeld bezogen haben, kann man aus diesen Zahlen allerdings nicht ablesen. Eine Anmeldung für Kurzarbeit an sich stellt für ein Unternehmen noch keine Verpflichtung dar, dieses auch wahrzunehmen. Nach Hochrechnungen der Arbeitsagentur nahmen im April rund 82 000 Betriebe Kurzarbeitergeld für mehr als 870 000 Beschäftigte tatsächlich in Anspruch. Neuere Daten liegen nach Behördenangaben noch nicht vor.

Missbrauchsfälle beim Kurzarbeitergeld liegen typischerweise beispielsweise dann vor, wenn Chefs von Betrieben die wirtschaftliche Lage ihres Unternehmens gegenüber der Arbeitsagentur falsch darstellen. Auch der Aufbau neuer Überstunden ist in der Regel verboten, solange Mitarbeiter Kurzarbeitergeld beziehen. Die Bundesagentur für Arbeit hatte die bundesweite Zahl der Verdachtsfälle auf Missbrauch Ende Juli mit 900 angegeben.

Kurzarbeitergeld ist eine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung. Wenn Unternehmen die Arbeitszeit ihrer Beschäftigten beispielsweise aus wirtschaftlichen oder konjunkturellen Gründen kürzen müssen, soll dieses Sondergeld den Verdienstausfall der Mitarbeiter zum Teil ausgleichen und dazu beitragen, Entlassungen zu vermeiden. Arbeitgeber, die ihre Situation als kritisch einschätzen, müssen bei der Agentur für Arbeit dann möglichst frühzeitig Kurzarbeit für einen bestimmten Zeitraum beantragen.

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Erstellt:
21. August 2020, 13:27 Uhr

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