Schlossgarten diente als Figurenpark

216. Altstadtstammtisch über die Gedenkstätten der Familie Reusch und die Statuen im Park von Schloss Katharinenhof

Mit einer Vielzahl von Figuren versah Paul Reusch als neuer Schlossherr den Park des von ihm 1916 erworbenen Schlosses Katharinenhof in Strümpfelbach. Roland Idler stellte den Figurenbestand in seinem Vortrag über die „Gedenkstätten der Familie Reusch“ in Backnang-Strümpfelbach vor, den er im Rahmen des 216. Altstadtstammtischs im Museum Helferhaus hielt.

Paul Reusch ließ im Schlossgarten verschiedene Hermenbüsten von Persönlichkeiten aus der Literatur und Geschichte aufstellen, so etwa von Immanuel Kant, Albrecht Dürer, Kaiser Barbarossa oder König Wilhelm II. von Württemberg. Foto: Stadtarchiv

Paul Reusch ließ im Schlossgarten verschiedene Hermenbüsten von Persönlichkeiten aus der Literatur und Geschichte aufstellen, so etwa von Immanuel Kant, Albrecht Dürer, Kaiser Barbarossa oder König Wilhelm II. von Württemberg. Foto: Stadtarchiv

Von Klaus J. Loderer

BACKNANG. Das Schloss selbst wurde 1847 für Prinz Friedrich und Prinzessin Katharina, die Tochter des württembergischen Königs Wilhelm I., errichtet. Prinz Friedrich kam in Folge eines Unfalls ums Leben. An den Prinzen erinnern noch der Kochherd und der Prinzenstein.

Der Referent stellte im Vortrag auch die Mitglieder der Familie Reusch vor. Kommerzienrat Paul Reusch machte Karriere als Vorstandsvorsitzender der Gutehoffnungshütte, einem bedeutenden Montan- und Maschinenbauunternehmen in Oberhausen, zu dem auch die Maschinenfabrik Esslingen und MAN gehörten. Von 1908 bis 1942 hatte er diesen Posten inne.

Von 1947 bis 1966 war sein Sohn Hermann Reusch Vorstandsvorsitzender. Zu den Freunden der Familie gehörte Reichsbankpräsident und Wirtschaftsminister Hjalmar Schacht, der 1947 unter spektakulären Umständen im Katharinenhof verhaftet wurde. Dieser gehörte zum Reusch-Kreis, der aus sechs Agrariern und sechs Industriellen bestand und von dem einige Mitglieder zumindest in der Spätphase des Dritten Reichs in Opposition zu Hitler standen. Dass Reuschs Rolle beim Aufstieg Hitlers nicht unumstritten ist, deutete Idler nur an.

Paul Reusch ließ Teile des Parks umgestalten. 1928/29 wurde der Park mit einer Mauer eingefasst. Und Reusch ließ 1930 einen terrassierten Rosengarten mit Kaskade anlegen, den Gertrudengarten. Außerdem wurden zahlreiche Figuren aufgestellt. Es handelte sich neben den einfach nur dekorativen Figuren zumeist um Hermenbüsten von Persönlichkeiten aus Literatur und Geschichte. Die Schillerbüste stifteten Jürgen und Barbara Reusch 1989 als Ersatz für das beschädigte Schillerdenkmal auf dem Schillerplatz. Auch ein historischer Brunnen aus der Zeit des württembergischen Herzogs Eberhard Ludwig wurde verwendet. Außerdem sind im Park steinerne Bänke mit lateinischen Inschriften verteilt. An Familienmitglieder erinnern verschiedene kleine Bauwerke, der Erikatempel an die Enkelin, der Barbaraturm an die Tochter und der Anitaturm an die Schwiegertochter.

Der Gedenkturm ist von einer Mauer umgeben und nun unzugänglich

Außerhalb des ummauerten Parkgeländes entstand 1950 nach dem Tod der Ehefrau Gertrud der Gedächtnisturm mit der Figur „Betende Mutter mit Kind“ des bekannten Bildhauers Georg Kolbe. Reusch vermachte das Gelände mit dem Gedächtnisturm der Gemeinde Strümpfelbach mit der Auflage, zu bestimmten Gedenktagen die Glocke zu läuten und den Turm zugänglich zu halten. Idler wies befremdet darauf hin, dass der Turm seit einiger Zeit von einer Mauer umfasst und dadurch nicht mehr zugänglich sei. Von der weiter vom Schloss entfernten Gertrudenbank hat man einen schönen Blick über die Landschaft.

Natürlich ging Idler als Spezialist für Gedenkstätten auch auf das von Paul Reusch 1935 gestiftete Ehrenmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs ein. Dadurch erhielt Strümpfelbach ein Denkmal, das die Denkmäler vergleichbarer Gemeinden künstlerisch weit überragt. In Zusammenhang mit Gefallenen kam Idler auf das Thema des Grabs von Hermann Reuschs Sohn Hermann Leopold Reusch, der im Zweiten Weltkrieg 16-jährig als Luftwaffenhelfer in Kleinow bei Plattenberg starb. Seine Leiche wurde später überführt und in Strümpfelbach beigesetzt. Idler erinnerte an seinen Einsatz, für die Überreste ein dauerhaftes Gefallenengrab zu schaffen, nachdem das Familiengrab aufgelöst werden sollte. Idler konnte sich die Spitze nicht verkneifen, wie es eigentlich möglich sei, dass das Grab eines Ehrenbürgers – ein solcher ist Hermann Reusch nämlich ebenso wie sein Vater Paul – entsorgt werde. Immerhin wurden die Grabsteine erhalten, die heute neben dem Mausoleum von Paul Reusch stehen.

Nach dem Vortrag gab es zahlreiche Fragen Interessierter und Ergänzungen von Strümpfelbachern. Allgemein bedauerte man, dass der Park nicht für die Öffentlichkeit zugänglich sei.

Schlossgarten diente als Figurenpark
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Erstellt:
3. Juli 2019, 11:30 Uhr

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