Schneller ans Ziel mit geringerem Tempo

Verwaltung will die Höchstgeschwindigkeiten in der Backnanger Innenstadt reduzieren

Als Beitrag für eine bessere Luftqualität gilt auf der Eugen-Adolff-Straße ab Juli Tempo 40. Doch dabei soll es nicht bleiben: Die Backnanger Stadtverwaltung will die zulässige Höchstgeschwindigkeit noch auf weiteren Straßen in der Innenstadt reduzieren. Das soll nicht nur die Sicherheit erhöhen, sondern auch den Verkehrsfluss verbessern.

Momentan ist die Geschwindigkeitsbeschränkung auf der Aspacher Brücke der Baustelle geschuldet, doch die Stadtverwaltung möchte die zulässige Höchstgeschwindigkeit in diesem Bereich dauerhaft reduzieren. Foto: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Momentan ist die Geschwindigkeitsbeschränkung auf der Aspacher Brücke der Baustelle geschuldet, doch die Stadtverwaltung möchte die zulässige Höchstgeschwindigkeit in diesem Bereich dauerhaft reduzieren. Foto: A. Becher

Von Kornelius Fritz

BACKNANG. Zurzeit sind die Aspacher Brücke und die umliegenden Straßen eine große Baustelle. Das Ordnungsamt hat die zulässige Höchstgeschwindigkeit in diesem Bereich deshalb auf 30 beziehungsweise 20 Kilometer pro Stunde begrenzt. Doch auch wenn die Bauarbeiter voraussichtlich Mitte 2020 ihre Arbeiten abgeschlossen haben, werden die Autofahrer dort wohl nicht mehr wie früher mit Tempo 50 fahren dürfen. Die Backnanger Stadtverwaltung will zwischen den Kreisverkehren an der Bleichwiese, an der Aspacher Brücke und an der Schöntaler Straße durchgehend Tempo 40 einführen. Die Gerberstraße und die Eduard-Breuninger-Straße sollen zu verkehrsberuhigten Geschäftsbereichen werden. Dort dürften Autos dann nur noch mit maximal 20 Kilometern pro Stunde fahren.

Ordnungsamtsleiterin Gisela Blumer nennt mehrere Gründe für die geplanten Tempolimits. Zum einen erhofft sie sich „eine Verstetigung des Verkehrs“. Die Erfahrung habe gezeigt, dass Autofahrer bei Tempo 40 weniger beschleunigen und abbremsen und der Verkehr dadurch besser fließe. Trotz geringerer Höchstgeschwindigkeit sollen die Verkehrsteilnehmer letztlich also sogar schneller an ihr Ziel kommen. Das zweite Argument ist die erhöhte Sicherheit. So würde zum Beispiel ein geringeres Tempo auf der Talstraße die Ausfahrt aus dem Parkhaus Stadtmitte erleichtern.

Sicherheitsaspekte sind auch der Hauptgrund für die geplanten Tempo-20-Zonen in der Gerberstraße und der Eduard-Breuninger-Straße. „In diesem Bereich haben wir starke Besucherströme“, sagt Blumer. Und mit der Neugestaltung des Straßenraums soll die Aufenthaltsqualität für Fußgänger dort noch weiter erhöht werden. Außerdem gibt es in diesem Bereich einen regen Lieferverkehr für die Geschäfte. Deshalb müssten die Autofahrer Rücksicht nehmen.

Stadträte warnen vor verwirrendem Schilderwald

Allerdings ergibt sich dadurch ein neues Problem: In verkehrsberuhigten Zonen gibt es laut Straßenverkehrsordnung keine Zebrastreifen, weil Fußgänger dort überall die Fahrbahn queren dürfen und auch sollen. Folglich müsste die Stadt eigentlich die Zebrastreifen auf der Aspacher Brücke und beim Bettenhaus Windmüller entfernen. Letzterer war aus demselben Grund vor einem Jahr schon einmal zeitweise mit gelben Markierungen durchgestrichen worden.

Das will das Ordnungsamt jetzt aber vermeiden, weil es von den Fußgängern wohl eher als Verschlechterung wahrgenommen würde. Gisela Blumer schlug dem Verwaltungs- und Finanzausschuss des Gemeinderats deshalb einen „Kniff“ vor: Die Tempo-20-Schilder sollen erst hinter den Zebrastreifen aufgestellt werden. Die Fußgängerüberwege lägen dann außerhalb der verkehrsberuhigten Zonen und wären somit erlaubt. Bei den Stadträten stieß diese Idee aber auf wenig Begeisterung. Vertreter verschiedener Fraktionen äußerten die Befürchtung, dass dadurch ein „Schilderwald“ entsteht, der mehr Verwirrung als Sicherheit stiftet. „Ob das jemand kapiert?“, fragte etwa CDU-Stadträtin Sabine Kutteroff und bezeichnete die Pläne als „eigenartig“.

SPD-Fraktionschef Heinz Franke störte sich auch daran, dass ein kleiner Abschnitt der Grabenstraße Teil der neuen 20er-Zone werden soll. Da man dort bisher nur Schrittgeschwindigkeit fahren darf, werde das Tempo nicht reduziert, sondern erhöht. Das widerspreche dem erklärten Ziel, den motorisierten Verkehr in der Grabenstraße auf ein Minimum zu reduzieren. „Das verstehe ich in tausend kalten Wintern nicht“, sagte Franke.

Seine Fraktionskollegin Siglinde Lohrmann schlug vor, das Thema grundsätzlicher anzugehen und ein Verkehrskonzept für die gesamte Innenstadt zu entwickeln: „Warum machen wir immer nur Klein-Klein?“, fragte Lohrmann. Man müsse die Ringstraße ertüchtigen und zugleich die Fahrt durch die Altstadt erschweren, forderte die SPD-Stadträtin: „Es gibt Städte, da kommt man mit dem Auto gar nicht ins Zentrum.“

Auch Oberbürgermeister Frank Nopper schien von dem neuen Verkehrskonzept noch nicht restlos überzeugt zu sein. Obwohl eine Zustimmung des Gemeinderats formal gar nicht erforderlich wäre, versprach er den Stadträten, man werde das Konzept noch einmal überarbeiten: „Ich glaube, die Einfachheit siegt“, erklärte der OB. Im Übrigen seien die neuen Verkehrsregelungen auch nicht in Stein gemeißelt, ergänzte Baudezernent Stefan Setzer: „Wir haben auch die Möglichkeit, Erfahrungen zu sammeln und daraus zu lernen.“

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Erstellt:
4. Mai 2019, 06:00 Uhr

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