Schöffengericht verurteilt 21-Jährigen zu Geldstrafe

Der junge Angeklagte muss sich wegen Diebstahls, Sachbeschädigung und Drogenhandels vor dem Waiblinger Amtsgericht verantworten.

Wegen Einbruchs in zwei Backnanger Geschäfte musste sich ein 21-Jähriger vor dem Amtsgericht verantworten. Symbolfoto: Sang Hyun Cho/Pixabay

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Wegen Einbruchs in zwei Backnanger Geschäfte musste sich ein 21-Jähriger vor dem Amtsgericht verantworten. Symbolfoto: Sang Hyun Cho/Pixabay

Von Jutta Rieger-Ehrmann

Backnang/Waiblingen. Wegen gemeinschaftlich begangenen Diebstahls, Sachbeschädigung und Drogenhandels wurde ein 21-Jähriger vom Jugendschöffengericht Waiblingen zu einer Geldstrafe verurteilt. Dem Angeklagten wurde vorgeworfen, im Jahr 2020 zusammen mit einem Mittäter, der bereits zu einer Haftstrafe verurteilt wurde, in zwei Geschäfte in Backnang eingebrochen zu sein. Es handelte sich dabei um ein Uhren- und ein Schmuckgeschäft. Insgesamt wurden Uhren, Ketten und Musterringe im Gesamtwert von 2800 Euro gestohlen. In beiden Fällen haben die Diebe mit einem kleineren gusseisernen Schachtdeckel die Scheiben eingeworfen und die Waren durch die dadurch hervorgerufene Öffnung entfernt. Dabei entstand an beiden Geschäften ein Sachschaden von jeweils mehreren Tausend Euro.

Der 21-Jährige räumte alles ein und erklärte, es tue ihm leid. Eine der Geschädigten, Geschäftsfrau aus Backnang, inzwischen wohnhaft in einer Umlandgemeinde, sagte aus, dass sie zwar fast alle Uhren und Schmuckgegenstände mehr oder weniger unbeschädigt zurückbekommen habe, auf dem Sachschaden jedoch sitzen geblieben sei. Die Versicherung habe nicht bezahlt, da sie die Auslagen abends nicht aus den Schaufenstern genommen habe, wie es die Versicherungsbedingungen vorschreiben.

In der fraglichen Nacht habe sie über dem Laden geschlafen, als sie gegen 3 Uhr von einem explosionsartigen lauten Schlag geweckt wurde. Sie rief sofort die Polizei, die auch sehr schnell kam. „Dann habe ich das ganze Elend gesehen“, so die Zeugin. Es wurde nach diesem Vorfall nochmals ein Einbruchsversuch gemacht, ebenfalls mit hohem Sachschaden. Spaß mache das Ganze nicht mehr, aber da sie verwitwet sei, brauche sie ihr „Gschäft“. Abschließen könne sie mit der Sache allerdings nicht, nur verdrängen. Der Angeklagte entschuldigte sich kleinlaut bei ihr, worauf sie entgegnete, das müsse man sich vorher überlegen.

Drogen konsumiert der Angeklagte „nur noch sehr gelegentlich“

Ein zweiter Tatkomplex betraf den Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz und Drogenhandel. Auch in diesem Punkt zeigte sich der 21-Jährige geständig. Drogen konsumiere er „nur noch sehr gelegentlich“, mit dem Handel habe er nichts mehr zu tun. Der Angeklagte ist ledig und hat nach seinem Hauptschulabschluss eine Ausbildung zum Koch begonnen, die er jedoch abgebrochen habe. Zurzeit absolviere er ein FSJ in Vollzeit an einer Grundschule, wo er hausmeisterliche Tätigkeiten verrichte und auch sonst hier und da aushelfe. Möglicherweise kann dieses verlängert werden oder er engagiere sich im Bundesfreiwilligendienst als „Bufdi“. Perspektivisch möchte er jedoch in der Türkei als Touristenführer arbeiten, wo er durch seine Mehrsprachigkeit sicherlich Chancen habe. In den letzten gut zwei Jahren sei er immer zwischen der Türkei und Deutschland hin- und hergependelt. Einmal sei der Prozess wegen Corona verschoben worden, beim zweiten Termin sei er im Ausland gewesen, was einen Haftbefehl zur Folge hatte. Im Moment lebe er im Haus einer Familienhelferin in einem Nachbarlandkreis. Diese habe die Familie auch nach dem verheerenden Wohnungsbrand im Jahr 2013 unterstützt, bei dem seine Mutter und mehrere Geschwister ums Leben kamen. Zum Vater und den überlebenden Geschwistern habe er keinen engen Kontakt. Dieses Ereignis und die daraus resultierende Traumatisierung wurden von dem Angeklagten selbst gar nicht thematisiert, sondern dem Jugendhilfebericht entnommen und spielten bei der Urteilsfindung eine Rolle. Im Bundeszentralregister hat er einen Eintrag wegen Hehlerei, wobei hier von einer Verfolgung abgesehen wurde.

Angeklagter war zum Tatzeitpunkt noch 18

Die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe sprach sich dafür aus, das Jugendstrafrecht anzuwenden, eben auch aufgrund des Traumas und der damit verbundenen Entwicklungsverzögerung. Außerdem sei der Angeklagte zum Tatzeitpunkt noch keine 19 Jahre alt gewesen. Für ihn spreche zudem, dass er nach Deutschland zurückgekehrt sei und sich dem Verfahren stelle. Da der 21-Jährige keine schädlichen Neigungen, gleichwohl aber realistische Zukunftspläne habe, konstatiere sie eine positive Prognose.

Staatsanwalt und Rechtsanwalt sahen dies ähnlich. Kurz stand auch das Thema „Einstellung“ im Raum. Der Richter hielt dies bei der Schwere der Vergehen allerdings für den falschen Weg und zog sich mit der Schöffin und dem Schöffen zur Beratung zurück. Das Gericht verurteilte den Angeklagten sodann zu einer Geldstrafe von 1500 Euro.

Gericht fordert drei Terminebei der Suchtberatung

Der 21-Jährige muss zusätzlich innerhalb von drei Monaten drei Termine bei der Suchtberatung nachweisen. In seiner Begründung führte der Richter aus, dass man zum Zeitpunkt der Taten von schädlichen Neigungen hätte sprechen können, da diese doch mit erheblicher krimineller Energie und Skrupellosigkeit durchgeführt wurden. Seither sei jedoch nichts mehr passiert. Auch habe sich der Angeklagte der Sache gestellt und ein, wenn auch kurzes, Geständnis abgelegt. Er habe deutlich gemacht, dass er reinen Tisch machen und einen Schlussstrich unter seine kriminelle Karriere ziehen wolle. Zudem habe er realistische Zukunftspläne. Daher werde keine Jugendstrafe verhängt, sondern man belasse es bei einer Geldauflage. Der Haftbefehl wurde aufgehoben. Auf Rechtsmittel wird verzichtet, somit ist das Urteil rechtskräftig.

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Erstellt:
17. Mai 2023, 06:00 Uhr

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