GKV

Sechs Krankenkassen erhöhen Zusatzbeitrag

Kostenschock bei sechs Krankenkassen ab Juli 2025: Es soll eine mysteriöse Liste geben. Droht eine Verdopplung?

Die Lohnnebenkosten steigen und senken mitten in der Wirtschaftskrise weiter die Kaufkraft.

© Imago/Christian Ohde

Die Lohnnebenkosten steigen und senken mitten in der Wirtschaftskrise weiter die Kaufkraft.

Von Michael Maier

Die finanzielle Lage der gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland spitzt sich weiter zu. Nach den flächendeckenden Erhöhungen der Zusatzbeiträge zum Jahresbeginn 2025 steht nun die nächste Welle bevor: Sechs Krankenkassen haben für Juli 2025 Beitragserhöhungen beantragt, wie Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, in Berlin mitgeteilt hat.

Das Defizit der gesetzlichen Krankenversicherungen belief sich im Jahr 2024 auf 6,2 Milliarden Euro. Die Finanzreserven der Kassen sind politisch erzwungen stark geschrumpft und lagen Ende 2024 nur noch bei sieben Prozent einer Monatsausgabe – weit unter den vorgeschriebenen 20 Prozent.

2,9 Prozent Zusatzbeitrag bei Krankenkassen

Bereits zum Jahresbeginn 2025 war der durchschnittliche Zusatzbeitrag von 1,7 auf 2,9 Prozent gestiegen – ein Rekordwert. Der allgemeine Beitragssatz liegt weiterhin bei 14,6 Prozent. In den ersten Monaten des Jahres hatten bereits etliche Krankenkassen ihre Beiträge angehoben.

Pfeiffer beschreibt die Situation als „dramatisch“ und fordert dringend, die „Beitragsspirale“ zu durchbrechen. Die Beitragserhöhungen seien „Reparaturkosten“ für das Abschmelzen einst hoher Reserven.

Mysteriöse Liste mit Beitragserhöhung zum 1. Juli

Besonders hart trifft die Beitragserhöhung Beschäftigte aus der Mittelschicht und Rentner. Während Arbeitnehmer die Erhöhung direkt auf ihrer Gehaltsabrechnung sehen werden, bekommen Rentner die Auswirkungen erst verzögert zu spüren. Die Deutsche Rentenversicherung berücksichtigt die neuen Beiträge zeitversetzt, sodass Rentner die Erhöhung voraussichtlich erst ab September auf ihrem Konto bemerken werden.

Bei einigen Krankenkassen fallen die Erhöhungen mutmaßlich besonders drastisch aus. In manchen Fällen könnte sich der bisherige Zusatzbeitragssatz sogar verdoppeln, hatte das Portal „Gegen Hartz IV“ berichtet. Eine dort veröffentlichte Liste der erhöhenden Kassen musste jedoch zurückgezogen werden, da sie nicht korrekt war. Auf Anfrage unserer Redaktion hat das Bundesgesundheitsministerium am laufenden Werktag (11. Juni) zunächst keine Stellung genommen.

Betroffene Versicherte werden in den kommenden Wochen schriftlich von ihrer Krankenkasse informiert. Bereits in den letzten Monaten mussten immer wieder Kassen den Zusatzbeitrag erhöhen. Politisch liegt die Verantwortung dafür noch beim ehemaligen Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).

Zusatzbeitrag-Erhöung zum 1. Mai 2025

  • BKK Firmus: Von 1,9 % auf 2,18 %
  • BKK Scheufelen: Erhöhung von 2,75% auf 3,4 %

Zusatzbeitrag-Erhöhung zum 1. April 2025

  • BKK 24: Der Zusatzbeitrag stieg von 3,25 % auf 4,39 %
  • mhplus BKK: Erhöhung von 2,56 % auf 3,29 %
  • BKK Salzgitter: Anstieg von 2,8 % auf 3,5 %
  • BKK VerbundPlus: Verteuerung von 2,85 % auf 3,89 %

Zusatzbeitrag-Erhöhung zum 1. April 2025

  • IKK – Die Innovationskasse: Zusatzbeitrag stieg von 3,1 % auf 3,6 %
  • Merck BKK: Erhöhung von 2,4 % auf 3,2 %.

Sonderkündigungsrecht bei der Krankenkasse

Mit Erhalt der Tariferhöhung haben Versicherte ein Sonderkündigungsrecht von zwei Monaten. Die sonst übliche Mindestbindungsfrist von zwölf Monaten entfällt in diesem Fall. Ein Wechsel zu einer günstigeren Krankenkasse kann sich finanziell lohnen. Allerdings sollten Versicherte nicht nur den Beitragssatz, sondern auch die angebotenen Leistungen wie Beratungsangebote, Bonusprogramme, Gymnastikkurse oder Zuschüsse zum Zahnersatz vergleichen.

Schieflage der Krankenkassen

Die Krankenkassen müssen teils stark steigende Milliardenausgaben für medizinische Leistungen und Medikamente decken. Kritisiert werden auch ineffiziente Verwaltungsstrukturen bei den großen Krankenkassen.

Die Verwaltungskosten beliefen sich allein 2023 auf rund 12,6 Milliarden Euro, was 4,3 Prozent der Gesamtausgaben entspricht. Fast jeder zwanzigste Beitrags-Euro fließt somit in die Verwaltung.

Nina Warken und die Krankenkassen

Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) hatte eigentlich signalisiert, dass weitere Beitragsanhebungen für Versicherte und Unternehmen vermieden werden sollen. Im Gespräch ist mehr Geld aus dem Bundeshaushalt über den regulären Zuschuss von 14,5 Milliarden Euro im Jahr hinaus.

Aktuell sieht es allerdings nicht so aus, dass Warken ihr Versprechen halten kann. Für viele Kassen kommt die Ankündigung wohl zu spät.

Der GKV-Spitzenverband fordert schnelle Maßnahmen und schlägt ein Ausgaben-Moratorium für sämtliche Leistungsbereiche vor, um kurzfristig für mehr Stabilität zu sorgen. Zudem sollte der Bund die Kosten für die Versorgung von Grundsicherungsempfängern als gesamtgesellschaftliche Aufgabe voll übernehmen. Jährlich sind das rund zehn Milliarden Euro.

Pflegeversicherung steht ebenfalls unter Druck

Nicht nur die Krankenkassen, auch die Pflegeversicherung steht finanziell unter Druck. Trotz einer Beitragserhöhung zu Beginn des Jahres 2025 wird für dieses Jahr ein Defizit von 166 Millionen Euro erwartet – nach einem Verlust von 1,5 Milliarden Euro im Vorjahr. In den ersten drei Monaten 2025 wurde bereits ein Defizit von 90 Millionen Euro verbucht.

Der Kassenverband fordert als Sofortmaßnahme, dass der Bund die Rentenversicherungsbeiträge für pflegende Angehörige übernimmt und den Pflegekassen Milliardenausgaben aus der Corona-Krise erstattet.

Die schwarz-rote Koalition will nun Kommissionen einsetzen, die Reformvorschläge für eine gründliche Stabilisierung der Pflege- und Krankenversicherung erarbeiten sollen.

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Erstellt:
10. Juni 2025, 16:48 Uhr
Aktualisiert:
11. Juni 2025, 17:15 Uhr

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