Sehnlich erwartete Auftritte gemeistert

Die etwa 250 Teilnehmer des Wettbewerbs „Jugend musiziert“ in Backnang zeigen überdurchschnittliches Niveau und tolle Leistungen. Die Organisation findet großen Anklang bei den Teilnehmern, auch wenn der Festivalcharakter aufgrund der Umstände fehlt.

Die Brüder Hannes (vorne an der Pauke) und Bennet (am Schlagzeug) Jacot ergänzen sich gut, finden ihre Eltern. Fotos: T. Sellmaier

© Tobias Sellmaier

Die Brüder Hannes (vorne an der Pauke) und Bennet (am Schlagzeug) Jacot ergänzen sich gut, finden ihre Eltern. Fotos: T. Sellmaier

Von Simone Schneider-Seebeck

Backnang. Ganz selbstvergessen sitzt der zehnjährige Jeremia neben dem Wertungsraum und trommelt auf dem Übungspad. Bald darf er vor der Jury seine Percussionkünste vorführen, doch von Aufregung keine Spur. „Ich hatte letzten Samstag auch schon ein Vorspiel“, so der junge Fellbacher ganz routiniert, der schon seit vier Jahren Schlagzeug spielt. Sein Lehrer begleitet ihn. „In der Altersstufe sind die Jugendlichen noch nicht ganz so nervös“, hat er festgestellt. Zwei weitere seiner Schützlinge sind heute noch dran. Jeremias Eltern warten mit ihrem Sohn und sehen eigentlich ganz entspannt aus, doch: „Der äußere Eindruck täuscht“, lacht der Vater. Hauptsache, der Sohn bleibt gelassen, denn „auf ihn kommt es an, nicht auf uns“. Bereits vor zwei Jahren war er schon einmal bei „Jugend musiziert“ dabei, und da sei es „sehr gut gelaufen“, ergänzt die stolze Mama.

Auch wenn der Festivalcharakter außerhalb der drei Spielorte Max-Eyth-Realschule, Bürgerhaus und hier im Max-Born-Gymnasium nicht so recht herüberkommen kann, da die Wertungsspiele pandemiebedingt unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden müssen – innerhalb der Gebäude ist die Atmosphäre ausgesprochen gut. Ein Hauch von freudiger Erwartung liegt in der Luft. Die Zugangskontrollen verlaufen reibungslos, die Mitarbeiter an den Infoständen nehmen sich Zeit für Fragen und begleiten die jungen Musikerinnen und Musiker zu den Einspielräumen. Eine große Schüssel mit anspornenden „Viel Glück“-Schokoladen steht an jedem Stand bereit. Wie bei Pauline Hannemann und Wiltrud Hümmelchen. „Die Schüler sind ein bisschen aufgeregt, aber das gehört sich so“, findet die Geigenlehrerin.

Die jungen Musiker scheinen gut durch die Pandemie gekommen zu sein

Familie Jacot aus Eislingen hat gleich zwei Söhne in der Percussionwertung. Dass es beim Üben doppelt laut zugeht, stört die Mutter nicht, im Gegenteil: „Es ist toll, wenn beide Schlagzeug spielen, das ist ein schönes Miteinander.“ Der neunjährige Hannes und der zwölfjährige Bennet ergänzen sich da sehr gut.

Ein Stockwerk weiter oben geht es an diesem Vormittag um die Geigen. „Wir sind glücklich, dass alle Wertungen so stattfinden können wie geplant“, sagt Berenike Birth, Harfenlehrerin an der Backnanger Jugendmusikschule. Allerdings sei es schade, dass das „Drumherum leider nicht stattfinden“ könne. Jurorin Antje Krüger-Schindler ist „geplättet, wie gut die Schüler durch Corona gekommen sind. Es spielen hier die Kinder, die auch wirklich spielen wollen“, so wie etwa die elfjährige Stuttgarterin Greta Allmendiger, die souverän den Bogen schwingt. Begleitet wird sie von Tasuya Ohira, dessen Spiel jedoch nicht in die Wertung einfließt.

Gerade hat Madita die Max-Eyth-Realschule verlassen. Ihr Vater trägt das Cello. Für die Neunjährige war es der erste Wettbewerb und ihre Mutter freut sich: „Fertig, halleluja! Es ist gut gelaufen.“ Auch das Mädchen selbst ist zufrieden mit sich und die Familie ist froh, dass sie schon recht früh dran war. Da hatte sie gar keine Zeit, aufgeregt zu sein. Nadja Pidan, Fachbereichsleiterin der Jugendkunstschule, steht erleichtert hier am Infostand: „Es läuft wunderbar. Die Kinder freuen sich, sie haben schon lange darauf gewartet.“

Greta Allmendiger wird beim Violinenvortrag von Tatsuya Ohira am Flügel begleitet.

© Tobias Sellmaier

Greta Allmendiger wird beim Violinenvortrag von Tatsuya Ohira am Flügel begleitet.

Gerade ist Lüftungspause, die Juroren kommen aus dem Musiksaal. Miklós Vajna ist von den Vorträgen begeistert: „Die Kinder sind alle sehr motiviert und es macht allen Spaß.“ Besonders gut gefällt ihm auch die Organisation des Wettbewerbs. Dass alles so reibungslos funktioniert, das erfüllt auch die Organisatoren Gregor und Bettina Daszko mit Erleichterung: „Es läuft alles wie geplant“, wenn auch aufgrund vieler Coronaausfälle einiges umorganisiert werden musste. Kurzfristig wurden beispielsweise Videobeiträge zugelassen, wenn aufgrund einer Quarantäne oder eines positiven Coronatests eine persönliche Teilnahme nicht möglich war. Allerdings: „Es ist eine Besonderheit in diesem Jahr, dass wir das zulassen.“

Damit soll die Möglichkeit gewahrt bleiben, in die nächsthöhere Wettbewerbsebene weiterzukommen, ohne dass die Pandemie den oft intensiven Vorbereitungen einen Strich durch die Rechnung macht. Und wer nicht per Videoaufnahme vorspielen kann, hat die Möglichkeit, sich bei einem anderen Regionalwettbewerb anzumelden. Allerdings sei das eine große Herausforderung für die Organisatoren, so Bettina Daszko, da die letzten Wettbewerbe in dieser Woche bereits überfüllt seien: „Wir haben eine Warteliste, das hatten wir noch nie.“

Im Bürgerhaus warten Biggi Binder und Debora Veselovsky am Infostand darauf, den Neuankömmlingen weiterzuhelfen. Die Freude sei groß, dass etwas stattfinden dürfe in so herausfordernden Zeiten. Ob die Schüler nervös seien? Tränen seien durchaus schon geflossen – vor Aufregung und vor Erleichterung. Die Aufregung hinter sich haben Fiona und Sophia. Mit einem Blumengruß in der Hand strahlen sie um die Wette, gerade haben sie ihr Wertungsspiel als Duo mit Oboe und Klavier hinter sich gebracht. „Der Flügel war sehr gut und die Jury nett“, lautet das Fazit der 13-Jährigen. Zwar sei die Aufregung groß gewesen, doch zu zweit sei es dann doch nicht so schlimm, klingt die Erleichterung durch.

Nach zwei Tagen, an denen etwa 250 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene sich im musikalischen Wettstreit messen konnten, zieht Michael Unger, Leiter der ausrichtenden Backnanger Jugendmusik- und Kunstschule, sein Resümee: „Der Wettbewerb war ein voller Erfolg.“ Die Rückmeldungen seien ausgesprochen positiv gewesen, in Bezug auf Räumlichkeiten und Instrumente ebenso wie auf die Organisation und das überdurchschnittliche Niveau der Teilnehmer.

Zum Artikel

Erstellt:
31. Januar 2022, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen