So entstand vor 50 Jahren das Ebfest in Nassach
Im Jahr 1973 fand auf der Nassacher Ebene ein Dorffest statt, das wegen einer Laufwette ausgerichtet wurde. Daraus ging die Sonnwendfeier hervor, an deren Vorbereitung nicht nur der veranstaltende Liederkranz Nassach/Kurzach beteiligt ist, sondern die gesamte Dorfgemeinschaft.

Ein wunderschöner Festplatz mit Zelt und Holzhaufen, dessen Spitze ein Nadelbaum ziert, gehören zu der Sonnwendfeier auf der Nassacher Eb. Fotos: Liederkranz Nassach-Kurzach
Von Nicola Scharpf
Spiegelberg. Wäre Corona nicht gewesen, hätte das Ebfest in Nassach die 50 schon voll. Denn vor 50 Jahren, 1973, gab es eine legendäre Stammtischwette, auf die das Fest bei den Nassacher Eichen zurückgeht. Aufgrund der pandemiebedingten Pause feierten die Menschen in Nassach und Kurzach ihre Sonnwendfeier in diesem Jahr eben erst zum 48. Mal. Ein Blick zurück auf die Anfänge des Fests lohnt sich trotzdem allemal. „Wer onser Nassicher Eb net kennt / ond wem vor Durscht die Kehle brennt / wer danza will ond sich entfalta / mit odr ohne seinra „Alda“ / für den isch es das Allerbeschd / er kommt zu onserm Sonnwendfeschd.“ Mit diesem Gedicht von Ernst Schmidhuber, das die Einladung zur Sonnwendfeier 2005 zierte, ist alles gesagt.
Jedes Jahr kommen etwa 2.000 Gäste
Nicht nur die einmalige Aussicht weit ins wunderschöne Land, die sich vom Festplatz auf der Ebene genießen lässt, ist das Besondere an der Nassacher Sonnwendfeier, zu der pro Jahr etwa 2.000 Gäste kommen. Auch das außerordentlich schön geschmückte Zelt hebt die Veranstaltung, die als eine der ältesten ihrer Art in der Region angesehen werden kann, von anderen Hocketsen deutlich ab. Bekannt ist sie außerdem für die frischen Göckele.

Die Urgesteine des Ebfests (von links): Manfred Schick, Gunhild und Dieter Wolf, Helmut Spörle (sitzt), Eugen Maier, Heinz Kircher, Richard Rosenberger und Horst Kircher. Es fehlt Erwin Gunser.
Zuletzt sind es die vielen, vielen Helfer, die dieses Fest erst ermöglichen und es zur Besonderheit machen. Nach der Premiere 1973 übernahm der Liederkranz Nassach/Kurzach die Organisation. Von dessen Mitgliedern – es sind 90 an der Zahl, darunter 25 aktive Sänger – vor Ort allein ist das Fest heute freilich nicht mehr zu stemmen. „Ohne die Dorfgemeinschaft geht es gar nicht“, sagt Beate Kircher, seit 28 Jahren Vereinsvorsitzende.
Alles begann mit einer Wette
Ihr Amtsvorgänger, Richard Rosenberger, und der Spiegelberger Klasseläufer Eugen Maier, beide Jahrgang 1948, waren damals bei der Festpremiere dabei. Emil Kircher war damals vor 50 Jahren Feuerwehrkommandant in Nassach, als alles mit einer Wette begann. Seine Tochter Elke Möhle, Mitglied im Liederkranz, erzählt davon: Fritz Mössinger und Hans Thiele konnten sich damals bei der Nachbesprechung einer Feuerwehrübung im Gasthaus Löwen nicht einig werden, wer der schnellere Läufer über die 100-Meter-Strecke sei. Kircher beschloss daher kurzerhand, einen Wettlauf auf der „Eb“ zu organisieren – unter Beteiligung möglichst vieler Zuschauer.
So stellte er einen Festbetrieb mit Lagerfeuer, Tischen und Bänken auf die Beine. Beide Sprinter stürzten übrigens bei diesem Kurzstreckenwettbewerb, wovon Originalfotos zeugen, die die beiden Männer in verschmutzten Unterhemden zeigen.
Außerdem gab es einen Laufwettbewerb über 250 Meter für Damen und 1500 Meter für Herren, den damals Eugen Maier für sich entschied und damit seine jahrzehntelange Läuferkarriere startete. Bei den Sprintern ging übrigens Fritz Mössinger als Sieger über die Ziellinie – wobei das zweitrangig wurde angesichts des schönen Fests, das man geschaffen hatte: einfach, spontan, kernig, urig. Der Grundstein für den Festbetrieb auf der Nassacher Eb war gelegt.

Von links: Chorleiter Schleusinger, Hans Thiele und Fritz Mössinger.
Weil sowohl beim Wettlauf als auch bei der Baumweihe – eine Feier des Liederkranzes Nassach/Kurzach im Jahr 1972 für die gepflanzten Jungeichen auf der Eb – schlechtes Wetter herrschte, entschloss sich die Dorfgemeinschaft, das jährliche Fest fortan zur Sonnwende Mitte Juni zu feiern. Das Ebfest wurde von Jahr zu Jahr größer und ebenso die Holzmenge, die für das Sonnwendfeuer gesammelt wird. Das Material dafür ist „von uns“, sagt Richard Rosenberger und meint damit alle Dorfbewohner, und wird am Waldrand oben gesammelt. Die Spitze des säuberlich drapierten Holhaufens ziert seit jeher die Krone eines Nadelbaums.

Der Holzhaufen für das Sonnwendfeuer.
Rosenberger berichtet von einem „Schockereignis“, das sich in den 1980er-Jahren zugetragen hatte: Das Feuer war abgebrannt, ehe das Fest überhaupt begonnen hatte. „In dem Jahr hat jeder auf die Schnelle Holz gesammelt und wir hatten dadurch sogar einen besseren Haufen als den ursprünglichen.“ Über 20 Jahre später übrigens gestand ein Spiegelberger Bürger, das Feuer damals vorzeitig angezündet zu haben. Warum er das gemacht hat? Diese Frage bleibt unbeantwortet. Jedenfalls war dieses Ereignis der Grund dafür, weshalb der Holzhaufen eine Weile lang immer erst am Samstag, also dem Tag der Sonnwendfeier, aufgebaut wurde. Davon ist man inzwischen abgekommen. In diesem Jahr beispielsweise wurde das Holz bereits am Donnerstag aufgetürmt.
Das Schockereignis und die Stammtischwette zeigen: Dieses Fest hat einiges an Stoff zu bieten. Was davon wohl zur Legende wird, von der man in 50 Jahren erzählt?

Vorreiter fürs Fest: 1972 fand auf der Eb ein Weiheakt für eine gepflanzte Eiche und einen neuen Platz statt. Dazu gabs ein Feuer.