Rücktritt des Grünen-Bundesvorstands

So reagieren Koalitionspartner und Opposition

Paukenschlag bei den Grünen – der Bundesvorstand, inklusive der Vorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour, haben ihren Rücktritt angekündigt. Die Reaktionen anderer Parteien fallen gemischt aus.

Die Ära Lang-Nouripour bei den Grünen endet.

© AFP/AXEL HEIMKEN

Die Ära Lang-Nouripour bei den Grünen endet.

Von Sascha Maier

Selbst von der FDP war nicht viel Häme zu vernehmen, nachdem der Grünen-Bundesvorstand, einschließlich seiner beiden Vorsitzender Ricarda Lang und Omid Nouripour am Mittwochvormittag den geschlossenen Rücktritt verkündet hatte. In der Ampel-Koalition, einer Dauer-Zerreißprobe, nehmen FDP-Politiker schon lang kein Blatt mehr vor den Mund, um den grünen Koalitionspartner zu gängeln – und umgekehrt. Beim Rücktritt des Vorstands jetzt war das etwas anders. Der X-Account von Partei-Polterer Wolfgang Kubicki? Erstaunlich still. Und die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann fand sogar Anerkennung für den Schritt. Eine Wende?

1/2 Ich habe Respekt vor der Entscheidung von @nouripour und @Ricarda_Lang und danke für die menschlich angenehme Zusammenarbeit. Der anscheinend angelaufene Erneuerungsprozess ist ein innerparteilicher Prozess der Grünen. — Marie-Agnes Strack-Zimmermann (@MAStrackZi) September 25, 2024

„Ich habe Respekt vor der Entscheidung (...) und danke für die menschlich angenehme Zusammenarbeit“, schrieb Strack-Zimmerman in sozialen Netzwerken. Der anscheinend angelaufene Erneuerungsprozess sei ein innerparteilicher Prozess der Grünen. Und: Das „öffentliche Geblubber und Geraune“ müsse jetzt aufhören. Das sei Menschen nicht mehr vermittelbar.

Die SPD, die naturgemäß besser mit den Grünen in der Koalition klarkommt, lobt nach dem Rücktritt des Grünen-Parteivorstands ebenfalls die gemeinsame Zusammenarbeit. In einer gemeinsamen Erklärung der SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil heißt es: „Wir haben gemeinsam an der Spitze unserer beiden Parteien stets verlässlich und vertrauensvoll Dinge besprochen und geklärt.“ Trotz mancher inhaltlicher Unterschiede sei diese Partnerschaft sehr angenehm gewesen, „weil sie auch menschlich belastbar war.“

Aus der Opposition fallen die Reaktionen etwas gemischter aus – aber auch hier drücken Politiker den Grünen Anerkennung dafür aus, aus den schlechten Wahlergebnissen der letzten Landtagswahlen im Osten und bei der Europawahl Konsequenzen zu ziehen. So schreibt etwa der Essener Bundestagsabgeordnete Matthias Hauer auf X: „Respekt für diese Entscheidung.“

Respekt für diese Entscheidung. — Matthias Hauer (@MatthiasHauer) September 25, 2024

Aber es gibt auch andere Stimmen aus der Union. „Wenn die Parteivorsitzende Ricarda Lang von der Notwendigkeit eines Neuanfangs und von neuen Gesichtern spricht, können ja wohl kaum diejenigen Vertreter im Amt bleiben, die zum Symbol der verkorksten Wirtschafts- und Migrationspolitik wurden - Baerbock und Habeck“, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU), der „Rheinischen Post“.

Die AfD hingegen interpretiert den Willen zu einem Neubeginn bei den Grünen ähnlich. AfD-Bundessprecherin Alice Weidel sieht darin „den Anfang vom Ende der Ampel.“ Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) müsse jetzt die Vertrauensfrage stellen.

Der angekündigte #Rücktritt von Ricarda Lang und Omid Nouripour ist der Anfang vom Ende der Ampel. Bundeskanzler #Scholz muss jetzt die #Vertrauensfrage stellen. Wir dürfen keine Zeit mehr verlieren. Deutschland braucht jetzt #Neuwahlen! #JetztAfD#AfD — Alice Weidel (@Alice_Weidel) September 25, 2024

Die BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht artikulierte nach dem Rückzug der Grünen-Spitze gemischte Gefühle. Einerseits sagte sie der „Rheinischen Post“, „dass Frau Lang und Herr Nouripour politische Verantwortung übernehmen“, verdiene Respekt. „Viel zu oft erleben wir heute eine Unkultur der politischen Verantwortungslosigkeit und das Kleben an Ämtern, egal, wie mies die Performance ist.“ Gleichzeitig würde sich wünschen, dass der Schritt von Lang und Nouripour auch die Bundesminister der Grünen ermuntere, politische Verantwortung für schlechtes Regieren zu übernehmen und den Weg für notwendige Neuwahlen freizumachen.

Auch bei den Grünen selbst wurde der Rücktritt des Bundesvorstands mit Wohlwollen aufgefasst. „Beide haben die Partei in nicht einfachen Zeiten mit hoher Loyalität zur Bundesregierung geführt“, sagte etwa Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Beim kommenden Parteitag der Grünen in Wiesbaden soll im November dann ein neuer Vorstand gewählt werden.

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Erstellt:
25. September 2024, 13:32 Uhr
Aktualisiert:
25. September 2024, 14:28 Uhr

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