Solarpark in Weissach im Tal wird zunächst nicht realisiert

Der Projektierer des geplanten Solarparks am Rand von Unterweissach hat sich aus dem Vorhaben verabschiedet. Als Grund nennt die Juwi AG Altlasten im Boden, die die für Solarpaneele zur Verfügung stehende Fläche verkleinern würden. Ganz am Ende ist das Projekt aber noch nicht.

PV-Anlagen statt Felder: So wie in der Visualisierung oben hätte der geplante Solarpark aussehen sollen. Visualisierung: Juwi AG

PV-Anlagen statt Felder: So wie in der Visualisierung oben hätte der geplante Solarpark aussehen sollen. Visualisierung: Juwi AG

Von Melanie Maier

Weissach im Tal. Beiläufig ist der geplante Solarpark am Ausgang von Unterweissach in der jüngsten Gemeinderatssitzung zu Grabe getragen worden. Zumindest vorerst. Unter dem Punkt Bekanntgaben verkündete Bürgermeister Daniel Bogner, dass der bisherige Projektierer, die Juwi AG, sich aus dem Vorhaben verabschiedet habe. Als Grund nennt das Unternehmen mit Sitz im rheinland-pfälzischen Wörrstadt in einer E-Mail an die Gemeinde Altlasten auf der Pfaffenklinge. Durch diese habe sich die Fläche, die für Solarpaneele zur Verfügung stehen würde, verkleinert. „Diese Reduzierung macht das Projekt für die Juwi GmbH zurzeit unwirtschaftlich“, so Zino Barbieri, Projektleiter Solar bei der Juwi-Gruppe.

Die 8,5 Hektar große Fläche, die zum Solarpark hätte werden sollen, befindet sich auf privatem, bislang landwirtschaftlich genutztem Land in den Hutzelgärten am Rand von Unterweissach. Eigentümer sind Petra und Volker Häuser. Den Pachtvertrag mit der Juwi AG haben sie mittlerweile aufgekündigt. Bereits im Dezember hatte ihnen die Firma mitgeteilt, dass sie Bedenkzeit brauche. Vor ein paar Wochen erreichte sie überraschend die Mitteilung, dass diese sich ganz aus dem Projekt zurückzieht. Den Grund kann Petra Häuser nicht nachvollziehen. Die Altlasten, auf die sich die Juwi AG beruft, stünden in einem Gutachten von 1990. „Seither sind 30 Jahre vergangen. Da ist nichts mehr“, betont Petra Häuser. Die Fläche werde auch wieder bewirtschaftet, im Mai soll dort Getreide ausgesät werden.

Nach einem neuen Projektierer kann das Ehepaar erst suchen, wenn die Juwi AG einen Aufhebungsvertrag geschickt hat

Für Petra Häuser und ihren Mann ist das Ganze ein großes Ärgernis. „Die Sache zieht sich sowieso schon seit zwei Jahren“, sagt sie. Nach einem neuen Projektierer kann das Ehepaar aber erst suchen, wenn die Juwi AG einen Aufhebungsvertrag geschickt hat. „Solange sind uns die Hände gebunden“, erklärt Petra Häuser. Sobald der Vertrag da sei, solle die Suche nach einem geeigneten neuen Investor jedoch beginnen.

Die Gemeindeverwaltung hätte sich gewünscht, dass die Entscheidung der Juwi AG früher gekommen wäre. „Solche Sachen wie Altlasten kann man doch früher überprüfen“, sagt Bürgermeister Daniel Bogner. Dass diese der wahre Grund für den Rückzug der Juwi-Gruppe sind, bezweifelt er. „Ich habe gehört, dass sich die Juwi AG auf größere Projekte ab einer Fläche von zehn bis 15 Hektar konzentriert.“ Seines Wissens nach seien in dem Areal auch keine Bodenproben entnommen worden.

Auch in den Gemeinderatsfraktionen herrschen Zweifel daran, dass der Rückzug der Firma tatsächlich auf Altlasten zurückzuführen ist. Durch die gestiegenen Zinsen sei das Projekt wohl nicht mehr wirtschaftlich gewesen, vermutet etwa Gemeinderat Carl Höfer (CDU/FWV). Abgesehen davon sieht er Altlasten nicht als Hinderungsgrund für einen Solarpark. „Es sollten ja keine Wohngrundstücke auf der Fläche ausgewiesen werden“, führt er aus. Das sehen Irmgard Hestler (SPD) und Jan Hutzenlaub (LWB) ähnlich. „Ob tatsächlich Altlasten vorhanden sind, müssten zuerst einmal Bohrungen bestätigen“, sagt Hutzenlaub.

Die meisten Gemeinderätinnen und Gemeinderäte sind nicht erfreut über die Entwicklung

Dass der Solarpark nun zunächst nicht realisiert werden kann, bedauert Bürgermeister Bogner. Über manche Details hätte man sich zwar im Gemeinderat zwar noch einigen müssen, bevor es zur Änderung des Bebauungsplans gekommen wäre. „Aber generell hätte ich mir vorstellen können, dass man zu einer guten Lösung gekommen wäre“, sagt er. Jetzt müsse sich die Gemeinde Gedanken darüber machen, wie sie die Flächenziele der Region auch in dem Fall umsetzen kann, dass der Solarpark in den Hutzelgärten nicht zustande kommt. Denn mit seinem Klimaschutzgesetz hat sich das Land Baden-Württemberg verpflichtet, mindestens zwei Prozent der Landesfläche für Windenergie und Freiflächenfotovoltaik auszuweisen. Das soll dazu beitragen, die Klimaschutzziele zu erreichen. Auch die Kommunen der Region Stuttgart müssen selbstredend ihren Teil dazu beitragen.

Die meisten Gemeinderätinnen und Gemeinderäte sind ebenfalls nicht erfreut über die Entwicklung. „Wir bedauern sehr, dass diese private Initiative gescheitert ist“, sagt Irmgard Hestler im Namen ihrer Fraktion. Der Solarpark in den Hutzelgärten hätte aus ihrer Sicht eine der dringend benötigten Maßnahmen für den Ausbau der erneuerbaren Energien in der Gemeinde sein können. Ähnlich formuliert das auch Carl Höfer. „Uns als Gemeinderat bleibt in dieser Sache nichts anderes übrig als abzuwarten, ob der Grundstückseigentümer mit einem neuen Investor wieder auf uns zukommt“, sagen sowohl er als auch Jan Hutzenlaub. Letztgenannter könnte sich gut vorstellen, einem Solarpark auf der Fläche zuzustimmen. Die Voraussetzung für ihn wäre aber, dass der neue Projektierer ein sehr gutes Konzept für eine ökologisch vorbildliche Anlage vorlegt. Thomas Obermüller, ebenfalls LWB, sei es zudem wichtig, dass die Bürgerinnen und Bürger an dem Projekt beteiligt würden, fügt Hutzenlaub hinzu. Grundsätzlich sei er momentan noch guter Dinge, dass auf der Fläche in nicht allzu ferner Zukunft doch noch Solarpaneele aufgestellt werden.

Alle Fraktionen würden einen Solarpark auf der Fläche Mittlere Hart befürworten

Wilhelm König von der UBL hingegen ist froh darüber, dass das Vorhaben nun doch nicht so bald realisiert wird. „Die geplante Freiflächenfotovoltaikanlage steht in unmittelbarer Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion“, erklärt er für die UBL. Vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine und des Klimawandels, durch den immer mehr Ackerflächen unnutzbar werden, habe das Thema noch an Brisanz gewonnen. Er persönlich habe nichts gegen Solaranlagen, betont König: „Ich war in Weissach im Tal einer der Solarpioniere.“ Seit Mitte der 90er-Jahre habe er eine thermische Solaranlage, seit 2004 Solarpaneele auf dem Dach. Deshalb plädiert er dafür eine Solaroffensive zu starten, die mehr Mini-Solaranlagen, PV-Anlagen über Parkflächen und Solaranlagen auf privaten Dächern in die Tälesgemeinde bringen soll.

Was alle Fraktionen fordern, ist, dass sich die Gemeinde um eine Solaranlage auf der Fläche Mittlere Hart bemühen soll. Sie ist bereits seit 2016 als Energiefläche ausgewiesen. Die SPD hat der Verwaltung im Rahmen ihrer Haushaltsrede bereits einen entsprechenden Antrag überreicht. Doch auch in dem Fall ist die Handlungsfähigkeit der Gemeinde eingeschränkt, zumal sich das Areal nicht in ihrem Besitz befindet. Carl Höfer hält es für unwahrscheinlich, dass sich der Eigentümer auf die Gemeinde zubewegt. Nichtsdestotrotz sagt auch er: „Wir sollten natürlich dranbleiben.“

Das Vorhaben der Juwi-Gruppe

Lage Die Freiflächenfotovoltaikanlage sollte den Plänen der Juwi AG zufolge östlich von Unterweissach auf einer privaten, bisher landwirtschaftlich genutzten Fläche in den Hutzelgärten entstehen. Rund 18.000 Solarmodule hätten auf dem rund 8,5 Hektar großen Areal aufgestellt werden sollen.

Stromerzeugung Der durchschnittliche Stromertrag der Anlage wäre der Juwi AG zufolge bei etwa elf Millionen Kilowattstunden pro Jahr gelegen, das entspricht dem Strombedarf von etwa 2.700 Haushalten. Jährlich hätten so bis zu 6.800 Tonnen CO2-Ausstoß vermieden werden können. Weissach im Tal wäre der Klimaneutralität damit auf einen Schlag einen großen Schritt nähergerückt.

Bürgerbeteiligung Im Oktober 2022 fand eine Bürgerbeteiligung in der Seeguthalle in Cottenweiler statt. Dabei informierten ein Vertreter der Juwi-Gruppe und ein Experte für Solarenergie über das Projekt. Vonseiten der Bürgerschaft kamen viele Fragen auf.

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Erstellt:
21. März 2023, 11:30 Uhr

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