Sorge um Kühe in Kirchberg

Tiere machen laut Spaziergänger einen verwahrlosten Eindruck – Besitzer Martin Seufer sagt, den Rindern gehe es gut – Tierarzt und Veterinäramt mehrmals vor Ort

Sie stehen im Matsch, wenn es regnet, sind mit ihren Klauen festgefroren, wenn Minustemperaturen herrschen, zu fressen haben sie nicht immer was, zu trinken auch nicht – Beobachtungen, die Spaziergänger in der Nähe einer Koppel auf einem Weg zwischen Kirchberg an der Murr und Burgstall machen. Tierhalter Martin Seufer sagt, seinen Kühe gehe es gut. Er wehrt sich gegen den Vorwurf der Tierquälerei. Veterinäramt und Gemeindeverwaltung kennen die Umstände und Sorgen der Beobachter.

Die Kühe auf einem Areal zwischen Kirchberg an der Murr und Burgstall: Besorgte Beobachter sagen, die Kühe befänden sich in einem schrecklichen Zustand. Foto: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Die Kühe auf einem Areal zwischen Kirchberg an der Murr und Burgstall: Besorgte Beobachter sagen, die Kühe befänden sich in einem schrecklichen Zustand. Foto: A. Becher

Von Yvonne Weirauch

KIRCHBERG AN DER MURR. Frisches Heu ist verteilt, der Trog mit Wasser gefüllt, manche Tiere liegen in der Erde und blinzeln in die Sonne, andere stehen einfach nur da. Vor einigen Wochen ein anderes Bild: Etwa 30 Kühe, die zentimeterhoch in Mist und Matsch stehen, teilweise abgemagert und in einem eher verwahrlosten Gesamtzustand – so zumindest haben es die Betrachter, die an den Kühen vorbeigelaufen sind oder sie von Weitem beobachtet haben, wahrgenommen. Der Tierhalter sorge sich nicht um die Kühe, so der Vorwurf.

Von Kühen, „die sich im Matsch kaum fortbewegen können“, die auf „Eisflächen angefroren sind“, von „Misshandlung an den Tieren“ und von einer „qualvollen Haltung“ und „absoluter Tierquälerei“ ist da die Rede. Erst vor einigen Tagen seien Tierarzt, Polizei und auch das Veterinäramt vor Ort gewesen. Eine Kuh habe eine Totgeburt erlitten, tagelang sei sie im Matsch gelegen, wird berichtet. Der Tierarzt habe die Kuh fixiert – es sei erforderlich gewesen, dass sie liegen bleiben muss. Das Tier erlitt wohl große Schmerzen. An einem Tag habe eine Spaziergängerin den Tierbesitzer dabei beobachtet, wie er die Kuh geprügelt habe. Sie habe ihn darauf angesprochen, und wurde angeschrien. Mittlerweile ist die Kuh verendet.

Immer wieder haben Bürger das Veterinäramt über die Zustände unterrichtet – auch, dass die Tiere nie genug Futter haben, an Wasser fehle es zudem. Sporadisch bringe der Besitzer Futter, hauptsächlich Stroh. Der Tierhalter habe schon mehrere Auflagen seitens des Amtes bekommen, wissen einige Bürger sicher. Unter anderem solle er sich um einen Unterstand für die Tiere kümmern. Das sei aber bisher nicht geschehen.

Bei den Rindern handelt es sich um die robuste Rasse Limousin – so steht es auf einem Schild, das am Zaun bei den Kühen angebracht ist: „Die Rasse ist ein sogenanntes Dreinutzungsrind (Fleisch-, Milch- und Arbeitstier). Es wird auch als Robustrind bezeichnet und kann in bis zu 1000 Höhenmeter gehalten werden. Solche Rinder kommen mit kargen Flächen zurecht. Auch werden unterschiedliche Umwelteinflüsse gut vertragen. Geburten der Tiere finden ohne fremde Hilfe statt, sie werden auch als leicht „kalbig“ bezeichnet. Es ist eine ganzjährige Freilandhaltung problemlos möglich.“ Dieses Schreiben scheint die Beobachter aber keinesfalls zu beruhigen.

Tierhalter Martin Seufer kennt die Vorwürfe und sagt: „Meinen Kühen geht es gut. Ich liebe meine Viecher.“ Dass er seine Tiere nicht ausreichend füttere – dazu fragt der 57-Jährige: „Haben Sie von dem Futtermangel in ganz Deutschland gehört? Wie jeder Landwirt bin auch ich davon betroffen.“ Aber – er ergänzt sofort – seinen Tieren gebe er viel Stroh, außerdem werde „dazugefüttert“, was er anliefern lasse.

Dass die Tiere mal im Dreck stünden und Lehm an den Klauen hätten – ja, das ist so. Das sei aber nichts Verwerfliches oder Außergewöhnliches: „Sie stehen auch in der Sonne, haben viel Licht und Freigang auf dem gut 80 Ar großen Gelände.“ Gegen einen weiteren Vorwurf, die Tiere seien nach dem Hochwasser vor einigen Wochen so tief in einem See gestanden, dass sie sich nicht mehr fortbewegen konnten, nimmt er Stellung: „Die Rinder standen nicht im Wasser. Noch in der Nacht habe ich die Weiden so abgetrennt, dass die Kühe am Hang stehen konnten und vom Murrwasser nicht betroffen waren.“

Gemeindeverwaltung ist in Kontakt mit dem Veterinäramt

Einen Unterstand bauen dürfe er nicht, da habe er schon ein Gerichtsverfahren hinter sich. Immer wieder habe er mit dem Veterinäramt zu tun – schon seit vielen Jahren. Er zitiert aus einem jüngsten Schreiben: „Hier steht, die Kühe befinden sich in einem reduzierten Ernährungszustand.“ Und weiter: „Die Kühe haben geschrien, als wir mit dem Auto kamen.“ Martin Seufer schüttelt den Kopf: „Was soll so ein Satz?! Die Kühe haben laut gemuht – das ist normal.“

Gegen den Vorwurf, er habe eine seiner Kühe traktiert, die gerade eine Totgeburt erlitten hat, wehrt er sich massiv: „Das stimmt nicht.“ Er schildert den Vorfall: Eine Kuh habe eine Schwergeburt erlitten, dem Muttertier „ging es dreckig“. Der Tierarzt war über eine Woche täglich da. Die Kuh sollte sich eigentlich ruhig verhalten, lag aber irgendwann „auf dem Kreuz, weil sie wohl zur Herde wollte, aber nicht mehr aufstehen konnte“, berichtet Seufer. Das Tier habe sich bei der Geburt vermutlich das Becken so verrenkt, dass es große Schmerzen gehabt haben muss. „Der Tierarzt meinte zunächst, man könne noch etwas abwarten, ob sie sich noch erholt. Aber wir haben uns dann entschieden, dass es besser für die Kuh ist, sie einzuschläfern“, sagt Seufer. „Das ist keine Tierquälerei“, fügt er hinzu. Und sagt abschließend: „Meine Tiere leiden nicht, im Moment liegen sie in der Sonne, wedeln mit dem Schwanz und muhen.“

Dass es in der Vergangenheit bereits immer wieder Hinweise auf Versorgungsmängel gegeben habe, bestreitet Steffen Kienzle vom Landratsamt Rems-Murr nicht. Bei mehreren Überprüfungen durch das Veterinäramt hätten sich diese jedoch meist als nicht stichhaltig erwiesen. „Die Tiere waren bis vor Kurzem in einem guten Ernährungs- und Pflegezustand.“ Mehrmals seien schon Anrufe beim Veterinäramt eingegangen, weil sich Bürger Sorgen um die Tiere machen. „Wir haben das im Blick“, sagt Kienzle. Man sei auch in den vergangenen Tagen vor Ort gewesen: „Dabei wurde deutlich, dass die Niederschläge und das Tauwetter den Untergrund stark aufgeweicht haben. Wir stehen mit dem Tierhalter sowie der Gemeinde in Kontakt und suchen nach einer möglichst schnellen und guten Lösung für die Tiere“, so Kienzle.

Eine gute Lösung für die Tiere möchte auch die Kirchberger Gemeindeverwaltung. Aus dem Rathaus heißt es: „In Sachen Kühe steht die Gemeinde in regelmäßigem Kontakt zum Veterinäramt. Das Veterinäramt hat sich der Sache angenommen. Darüber hinaus ist seitens der Gemeinde nichts kundzutun“, lässt Bürgermeister Frank Hornek wissen.

Das Veterinäramt ist um eine Verbesserung bemüht und ist auf der Suche nach leer stehenden Ställen – nicht nur in diesem vorliegenden Fall. Hinweise auf leer stehende Ställe beziehungsweise Unterstellmöglichkeiten werden beim Veterinäramt unter der Telefonnummer 07191/8954062 entgegengenommen. Auch Martin Seufer selbst ist auf der Suche nach Weideflächen, die er pachten könnte. Man kann sich bei ihm unter der Nummer 0152/29017088 melden.

Zum Artikel

Erstellt:
23. Februar 2019, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen