Stadt Backnang lässt ihre Kitas zertifizieren

Der Kindergarten im Bertha-von-Suttner-Weg darf sich bereits „Top-Kita“ nennen, bis Jahresende sollen sich auch die anderen städtischen Einrichtungen einer unabhängigen Bewertung stellen. Die Ergebnisse einer Elternbefragung lassen auf gute Ergebnisse hoffen.

Als erste Backnanger Einrichtung hat der Kindergarten Bertha von Suttner das Top-Kita-Zertifikat bekommen. Die Tagesstätte hatte sich dafür einem dreistufigen Bewertungsverfahren stellen müssen. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Als erste Backnanger Einrichtung hat der Kindergarten Bertha von Suttner das Top-Kita-Zertifikat bekommen. Die Tagesstätte hatte sich dafür einem dreistufigen Bewertungsverfahren stellen müssen. Foto: Alexander Becher

Von Kornelius Fritz

Backnang. Der kleine Aufkleber, der neuerdings an der Eingangstür der städtischen Kita im Bertha-von-Suttner-Weg hängt, ist eher unauffällig. Doch um die Plakette mit dem Leuchtturmlogo zu bekommen, war das Team um Kitaleiterin Lena Söhnholz in den vergangenen Monaten ganz schön beschäftigt. Doch nun ist es geschafft und der Kindergarten Bertha von Suttner ist Backnangs erste zertifizierte „Top-Kita“.

Der dreigruppige Kindergarten im Norden der Stadt ist damit Vorreiter. Bis Ende des Jahres möchte die Stadt nach Möglichkeit alle 22 Tagesstätten in ihrer Trägerschaft zertifizieren lassen. „Wir wollen so einen Überblick über die Qualitätsstandards in unseren Einrichtungen bekommen“, erklärt Mario Wolf, der als Sachgebietsleiter im Amt für Familie, Jugend und Bildung für die Kitas verantwortlich ist.

Unternehmen unterstützt die Träger bei der Qualitätssicherung

Durchgeführt wird die Zertifizierung von dem privaten „Institut für Qualität“ mit Sitz in Stuttgart. Das Unternehmen hat 2018 das Top-Kita-Label ins Leben gerufen, um die Träger bei der Qualitätssicherung zu unterstützen. Nach eigenen Angaben erfolgt die Zertifizierung auf wissenschaftlicher Grundlage und wurde bereits in mehr als 500 Kitas bundesweit eingesetzt.

Das Verfahren besteht aus drei Bausteinen: Los geht es mit einer Elternbefragung, im zweiten Schritt muss das Kitapersonal die eigene Einrichtung bewerten. Den Schlusspunkt bildet ein sogenanntes „Audit“, zu dem zwei Mitarbeiterinnen des Top-Kita-Instituts einen Tag lang in der Einrichtung hospitieren, um sich vor Ort ein Bild von der Arbeit zu machen.

Eltern können online ihre Meinung sagen

Die Kita Bertha von Suttner hat das alles bereits hinter sich. Ende vergangenen Jahres fand dort die Elternbefragung statt. Der Fragebogen ist vom Institut vorgegeben, kann von der Kitaleitung aber noch um bis zu fünf eigene Fragen ergänzt werden. So wollten Lena Söhnholz und ihr Team zum Beispiel noch wissen, wie die Eltern die Sprachförderung beurteilen und ob sie das Gefühl haben, dass ihre Kinder gut auf den Schulstart vorbereitet werden. Den Fragebogen konnten die Mütter und Väter online ausfüllen. Um auch Migrantenfamilien zu erreichen, war dieser auch auf Englisch, Türkisch, Russisch und Arabisch verfügbar. Die Auswertung erfolgte anonym.

Bei einem Elternabend warb die Kitaleitung für eine rege Teilnahme, denn Lena Söhnholz sah in der Umfrage die Chance, eine ungefilterte Rückmeldung zu ihrer Arbeit zu bekommen. „Wir sind zwar ständig im engen Austausch mit den Eltern und bekommen auch viel Feedback, aber sicher traut sich nicht jeder, auch Kritik offen anzusprechen“, vermutet die Leiterin.

37 Eltern beteiligten sich an der Umfrage

Entsprechend gespannt waren sie und ihr neunköpfiges Team auf die Ergebnisse der Umfrage, an der sich letztlich 37 der knapp 60 Eltern beteiligten. Die Auswertung brachte aber keine bösen Überraschungen. Mit einer Gesamtbewertung von 4,7 bei fünf möglichen Sternen bekam die Einrichtung von den Eltern eine Topbewertung. Die wenigen Kritikpunkte, etwa der Wunsch nach längeren Öffnungszeiten oder einem warmen Mittagessen, richteten sich letztlich nicht an das Kitapersonal, sondern an den Träger.

Bei der anschließenden Selbstevaluation war dann das Kitateam gefordert, einen Katalog mit mehr als 600 Fragen zu beantworten. Dabei wurden alle Bereiche der pädagogischen Arbeit im Detail durchleuchtet. Damit es nicht zu aufwendig wurde, teilten sich die Erzieherinnen den Fragenkatalog auf. Wichtig war auch hier, dass die Fragen ehrlich beantwortet und Defizite nicht verschwiegen werden. „Etwa im Bereich digitale Bildung haben wir noch Potenzial“, räumt Lena Söhnholz ein. Laptops oder Tablets gibt es für die Kinder im Bertha-von Suttner-Weg bisher nicht.

Expertinnen geben Tipps für Verbesserungen

Im Februar fand schließlich das „Audit“ statt: Einen Tag lang waren zwei Mitarbeiterinnen von Top-Kita zu Gast und durften sich frei in der Einrichtung bewegen. „Sie huschten immer mal rein und wieder raus“, erzählt die stellvertretende Kitaleiterin Angelika Ramme. In den Büros schauten sie sich auch an, wie die Erzieherinnen ihre Arbeit mit den Kindern dokumentieren.

Am Nachmittag wurden die Eindrücke dann mit dem Team besprochen. Dabei machten die Expertinnen auch konkrete Verbesserungsvorschläge. So regten sie zum Beispiel an, den Wickeltisch an einem weniger einsehbaren Ort aufzustellen, um auch bei kleinen Kindern die Intimsphäre zu schützen. Auch bei der Dokumentation und bei der Betreuung der Zweijährigen sahen die Expertinnen noch Verbesserungspotenzial. Zwar konnten die Erzieherinnen nicht alle Kritikpunkte nachvollziehen, doch Mario Wolf hält den Blick von außen für wichtig. „Wir freuen uns über Impulse und Anregungen“, sagt der Sachgebietsleiter. Die Entscheidung, welche Vorschläge umgesetzt werden, treffe am Ende aber der Träger zusammen mit der Kitaleitung.

Stadt will alle 22 Kitas zertifizieren lassen

Nach dem erfolgreichen Pilotprojekt, an dem auch die Krippengruppe Schillerknirpse beteiligt war, strebt die Stadt nun die Zertifizierung aller 22 Kitas an. Die Elternbefragung hat in den meisten Einrichtungen bereits stattgefunden (siehe Infotext). Bis zum Sommer soll nun die Selbstevaluation folgen, wobei Mario Wolf vorher noch ein Gespräch mit dem Top-Kita-Institut führen will. Denn der Fokus liegt ihm zu stark auf offenen Kitakonzepten. Einrichtungen mit klassischen Gruppen werden in seinen Augen zu schlecht bewertet.

Trotzdem hofft Wolf, dass bis Jahresende möglichst bei allen städtischen Kitas der Aufkleber mit dem Topkita-Logo an der Eingangstür klebt. Bis zu 2500 Euro pro Einrichtung lässt sich die Stadt die Zertifizierung kosten, die alle zwei Jahre wiederholt werden soll. Bei der Stadt ist man überzeugt, dass sich Geld und Aufwand lohnen. „Wir bekommen so einen besseren Einblick in die Einrichtungen“, sagt Mario Wolf. Und auch für die Eltern werde die gute pädagogische Arbeit, die in den Backnanger Kitas geleistet werde, so noch transparenter.

Eltern geben Backnanger Kitas gute Noten

Teilnahme Die Elternbefragung hat bereits in 20 der 22 städtischen Kindertagesstätten in Backnang stattgefunden. Lediglich in zwei Einrichtungen, in denen kurz zuvor die Leitung gewechselt hatte, wurde die Online-Umfrage auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Insgesamt beteiligten sich rund 35 Prozent der Eltern an der Umfrage, wobei es große Unterschiede gab: So lag der Rücklauf je nach Einrichtung zwischen 18 und 65 Prozent.

Bewertung Bei der Umfrage wurden die Eltern gebeten, verschiedene Aspekte mit Sternen von eins (nicht zufrieden) bis fünf (sehr zufrieden) zu bewerten. In Backnang lag die Durchschnittsnote bei der Gesamtzufriedenheit bei 4,5 Sternen. Auch bei der Bewertung der einzelnen Kriterien vergaben die Eltern im Schnitt zwischen vier und fünf Sterne. So wurde etwa das Betreuungspersonal mit 4,5 Sternen bewertet, für die Öffnungszeiten gab es 4,2 Sterne.

Reaktionen Bei der Stadt als Träger ist man sehr erfreut über die positive Rückmeldung der Eltern. „Das ist ein phänomenales Ergebnis“, findet Regine Wüllenweber, die das Amt für Familie, Jugend und Bildung leitet. Sie und ihr Stellvertreter Mario Wolf sehen in der guten Bewertung eine Bestätigung für die gute pädagogische Arbeit des Kitapersonals. Durch eine Wiederholung der Befragung in zwei Jahren sollen Veränderungen registriert werden.

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Erstellt:
23. März 2023, 06:00 Uhr

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