Standorttreue der Unternehmen im Rems-Murr-Kreis geht zurück

Laut IHK-Umfrage beurteilen die Unternehmen im Rems-Murr-Kreis ihre Standortbedingungen zunehmend kritisch.

Symbolbild: Alexander Becher

© Alexander Becher

Symbolbild: Alexander Becher

Rems-Murr. Die Bereitschaft, am bisherigen Standort in den kommenden fünf Jahren zu erweitern, ist seit 2022 von 29 Prozent auf nunmehr 23 Prozent der befragten Unternehmen im Rems-Murr-Kreis deutlich zurückgegangen. Mehr Unternehmen als zuletzt (5 Prozent im Vergleich zu 3 Prozent) denken auch über eine Verlagerung ins Ausland nach, 4 Prozent über eine Verlagerung innerhalb Deutschlands. Doch auch wenn die Zahl der unzufriedenen Unternehmen gestiegen ist, bekennt sich die überwiegende Anzahl der befragten Betriebe zum heimischen Unternehmenssitz. Nach Auffassung von IHK-Geschäftsführer Markus Beier wirken sich die bundespolitischen Turbulenzen der vergangenen Jahre mittlerweile massiv auch auf die Standortgunst im Rems-Murr-Kreis aus: „Die neue Bundesregierung hat Entlastungen und Reformen angekündigt – nun sind rasch konkrete, deutliche Schritte erforderlich. Unternehmen benötigen Planungssicherheit bei Energie- und Standortkosten, spürbaren Bürokratieabbau sowie stabile Rahmenbedingungen für Digitalisierung und Transformation. Wir haben als IHK-Region Stuttgart und über die DIHK-Dachorganisation konstruktive und umsetzbare Lösungsvorschläge zu vielen Themen vorgelegt – nun ist die Politik am Zug.“

Eine funktionierende digitale Infrastruktur bleibt einer der wichtigsten Standortfaktoren. Rund 90 Prozent der befragten Unternehmen stufen die Verfügbarkeit und Qualität des Mobilfunknetzes als „wichtig“ oder „eher wichtig“ ein, dicht gefolgt vom Glasfaser- und Breitbandinternet (87 Prozent) auf dem dritten Platz. Obwohl insbesondere die Verfügbarkeit von Glasfaseranschlüssen in den Gewerbegebieten im Zuge des regionalen Breitbandausbaus seit 2022 signifikant verbessert wurde, hat sich die Zufriedenheit der Unternehmen nur geringfügig verbessert.

Kundennähe bleibt ein Standortvorteil

Besonders an Bedeutung als Standortfaktor beziehungsweise Standortnachteil gewonnen hat die Höhe der Lohnkosten, die von Platz sieben auf Platz zwei vorgerückt sind. Nurmehr knapp halb so viele befragte Unternehmen wie 2022 zeigen sich zufrieden mit diesem Standortfaktor (19 Prozent). „Hier werden die verschärften Wettbewerbsbedingungen und die hohen Tarifabschlüsse der vergangenen Jahre in vielen Branchen deutlich sichtbar“, so Beier. Insgesamt würden nahezu alle Einzelfaktoren im Zusammenhang mit Standortkosten (Energiepreise, Gewerbe-/Grundsteuer, Gebühren, Gewerbeflächen- und Immobilienpreise) kritischer bewertet als zuletzt. Als besonders wichtig und herausfordernd werden die hohen Energiekosten sowie die steuerlichen Belastungen durch Gewerbe- und Grundsteuern bewertet. Nur jeweils 15 Prozent der Betriebe zeigen sich damit zufrieden.

Im Ranking der Gunstfaktoren gibt es keine wesentliche Veränderung zur letzten Umfrage. „Wie schon 2022 punktet der Rems-Murr-Kreis als Wirtschaftsstandort insbesondere durch die Nähe zu den Kunden, also zum Absatzmarkt, sowie durch die hohe Kundenbindung und Kundentreue in der Region. Auch die Nähe zu Zulieferern und zu Geschäftspartnern in der Wertschöpfungskette wird sehr positiv eingeschätzt und stellt damit für viele Befragte ein wichtiges Standortargument dar“, hebt Markus Beier die Stärken des heimischen Standorts hervor. „Und auch für die Qualität eines attraktiven Freizeitangebots erhält der Kreis gute Noten von den Befragten.“

„Allerdings belegen die in den Augen vieler Unternehmen immer stärker werdenden bürokratischen Belastungen in diesem Jahr einen unrühmlichen, wenn auch wenig überraschenden Negativrekord in der Standortbewertung. Nur 10 Prozent der Betriebe sind damit zufrieden“, so der IHK-Chef. Kreis und Kommunen seien deutlich gefordert: Denn bei der Bewertung der Wirtschaftsfreundlichkeit, insbesondere der Reaktionsgeschwindigkeit und Bearbeitungsdauer in den Verwaltungen, bei der Offenheit der Verwaltungen für Anliegen der Unternehmen und beim Vorhandensein eines investitionsfreundlichen Klimas durch Politik, aber auch Bürger seien die Zufriedenheitswerte weiter stark gesunken.

Wohnen und Fachkräfteverfügbarkeit bleiben Schmerzpunkte bei den Betrieben. Auch wenn der Fachkräftemangel durch
die aktuelle wirtschaftliche Schwächephase teilweise zurückgegangen ist, bleibt er für viele Betriebe ein ernstes Problem. Deshalb bewertet auch nur rund ein Viertel der befragten Unternehmen die Verfügbarkeit von qualifizierten Fachkräften als zufriedenstellend. In der mangelnden Verfügbarkeit von bedarfsgerechtem und bezahlbarem Wohnraum sehen viele Firmen auch ein gravierendes Hemmnis zur Fachkräftegewinnung. Entsprechend schlecht fällt die Zufriedenheit mit diesem Standortfaktor aus. pm

Informationen zur Umfrage

An der IHK-Standortumfrage im Rems-Murr-Kreis haben 334 Unternehmen aller Größen und Branchen teilgenommen.
Sie wurden zwischen dem 18. März und 11. April 2025 befragt.

Zum Artikel

Erstellt:
31. Mai 2025, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen