Bewässerungssystem aus Heilbronn

Start-up will Wasser beim Gießen sparen

Wasser wird zunehmend zum raren Gut, auch hierzulande. Dank Sensoren und Steuerungen kann ein Start-up aus Heilbronn den Wasserverbrauch im Garten deutlich reduzieren.

Bodensensoren messen Feuchtigkeit und Temperatur im Boden und übermitteln die Daten dann per Bluetooth.

© Hide and Grow

Bodensensoren messen Feuchtigkeit und Temperatur im Boden und übermitteln die Daten dann per Bluetooth.

Von Ulrich Schreyer

Im Sommer müssen Gärtner und Kommunen möglicherweise wieder sprenkeln, was das Zeug hält. Verschwendet werden sollte möglichst nichts. Nicht nur der Deutsche Städtetag hat dazu aufgerufen, Wasser zu sparen. „Wasser wird ein knappes Gut“, sagt auch Reiner Bierig, der Geschäftsführer des Verbandes Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau in Baden-Württemberg. „Gezielt, dosiert, bedarfsgerecht“ sollte es den Pflanzen zur Verfügung gestellt werden, meint Bierig.

Genau dies bietet das Start-up Hide and Grow aus Heilbronn an. Wachsen (grow) sollen die Pflanzen, und versteckt wird (hide), was die Wassermenge für Blumen, Beeren und Bäume reguliert– Sensoren. Diese messen Feuchtigkeit und Temperatur im Boden.

Als Fiona Sailer ihr Start-up im Dezember 2022 gründete, betrat die 31-jährige Jungunternehmerin Neuland. Bei Jung Electronic in Heilbronn, wo Sailer als Projektmanagerin tätig war, sollte der Fabrikhof neu angelegt werden. In Gesprächen mit dem Landschaftsgärtner Jose Soares aus Bad Rappenau wurde schnell klar, dass es in der Bewässerungsbranche noch vieles zu verbessern gibt. In Gärten und Grünanlagen werden meist Zeitschaltsysteme eingesetzt. Diese liefern zur fest eingestellten Stunde Wasser, oft in rauen Mengen.

Mit Bluetooth und Computer

Wie viel tatsächlich benötigt wird, spielt dabei keine Rolle. Anders bei Hide and Grow. Hier teilt der Sensor etwa über Bluetooth einem Computer mit, ob und wie viel Wasser eine Pflanze braucht, dann öffnet sich ein Ventil. Dies kann auch am Tablet oder mit dem Handy geschehen, eine App ist in Planung. Über Tropfschläuche oder Sprenkler wird die Flüssigkeit dann verteilt. Sinnvoll bei Schlauchleitungen kann sein, eigene Wasserkreisläufe für Pflanzen mit geringem Verbrauch wie Lavendel oder solche mit großem Bedarf, etwa Rhododendron, zu verlegen.

Schritt in die Selbstständigkeit

„Sicherheit war nie mein Ding“, sagt Sailer zu ihrem Sprung ins kalte Wasser der Selbstständigkeit, „ich wollte schon immer etwas eigenes machen“. Die Gründerin, Landschaftsgärtner Soares und die Maschinenfabrik Meidlinger aus Brackenheim halten über Beteiligungsgesellschaften jeweils ein Drittel der Anteile an dem Start-up, Sailer hat zur Finanzierung auch einen Bankkredit aufgenommen. Noch allerdings ist das Unternehmen, in dem Sailer die einzige Mitarbeiterin ist, nicht profitabel. In den ersten beiden Jahren hat sie in die Entwicklung des Bewässerungssystems und den Vertrieb investiert. Sensoren und Steuerung werden zusammen mit Jung Electronic entwickelt, „aber es sind unsere Produkte“, sagt Sailer. Schläuche und Ventile kauft sie zu. Das System hat zudem eine Lüftung, die dafür sorgt, dass im Winter kein Wasser in den Schläuchen bleibt. Dies ist wichtig, weil manche Pflanzen auch in der kalten Jahreszeit Wasser brauchen. Außerdem kann die Bewässerung mit den üblichen Zeitschaltanlagen verbunden werden. Wer umstellen will, braucht keine neuen Leitungen, wohl aber Sensoren und Steuerung.

70 Prozent können gespart werden

Der Preis für die neuartige Wasserversorgung bewegt sich zwischen 3500 bis 6000 Euro – abhängig von der Ausgestaltung. In ihrem 2000 Quadratmeter großen Mustergarten direkt hinter dem Firmengebäude von Jung Electronic würde Sailer mit einem der üblichen Zeitschaltsysteme 66 000 Liter Wasser im Jahr verbrauchen – mit dem von ihr entwickelten System sind nur 19 000 Liter nötig, eine Ersparnis von 70 Prozent. Zwar sind Zeitschaltsysteme billiger – doch der wohl steigende Wasserpreis spricht für das neue System, das auch Lecks meldet.

Zwar können auch Privatleute Kunden von Hide and Grow werden, in aller Regel aber dürften Landschaftsgärtner eine solche Anlage installieren: in Gärten oder auf kommunalen Rasenflächen. Interesse zeigen offenbar auch Hotels und Baumschulen. In Deutschland wurden bisher 30 Anlagen installiert, Interessenten aus dem Ausland gibt es bereits. An den Sensoren wird weiter getüftelt. Ziel ist, sie so verlegen zu können, dass sie nicht als Stolperfallen aus der Erde herausragen – wichtig etwa für Sportplätze. „Generell ist eine Produktentwicklung für mich nie beendet“, meint Sailer.

Optimistischer Blick auf den Sommer

Mit Blick auf die Sommersaison zeigt sie sich zuversichtlich, dass ihre wassersparende und effiziente Bewässerungslösung „im Markt ankommen wird“. Vorstellen kann sich die Gründerin, später weitere Beschäftigte einzustellen: im Büro, im Marketing, aber auch für die Steigerung des Bekanntheitsgrads in den sozialen Medien. Dann wird das Büro in ihrem mintgrünen Gartenhaus neben dem Mustergarten wohl etwas zu klein. Doch zunächst lockt das Ausland: „Im Mai bin ich bei einer Delegationsreise in Südafrika“, sagt Sailer – und natürlich geht es dabei um den Umgang mit Wasser.

Auszeichnung für Gründerin

PreisIm vergangenen Jahr hat Fiona Sailer mit ihrem Start-up Hide and Grow den zweiten Platz des Gründerpreises des Sparkassenverbands Baden-Württemberg erhalten. Wichtiger als das Preisgeld von 7500 Euro war für ein aus diesem Anlass gedrehter Imagefilm über das Unternehmen, um für dieses zu werben.

VerbandIm Verband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Baden-Württemberg sind nach den Angaben von Geschäftsführer Reiner Bierig 795 Unternehmen organisiert. Deren Umsatz lag 2024 bei etwas mehr als zwei Milliarden Euro. Beschäftigt werden knapp 15 100 Mitarbeiter, knapp 1300 junge Leute werden derzeit ausgebildet. Hide and Grow ist Fördermitglied.

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Erstellt:
2. Mai 2025, 14:42 Uhr
Aktualisiert:
2. Mai 2025, 17:20 Uhr

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