U-Ausschuss zu teurem Pavillon kurz vor Wahl

dpa/lsw Stuttgart. Nun steht fest: Wie Spuren im Sand werden die Debatten um die Kostenexplosion für den Landespavillon auf der Dubai-Expo im kommenden Jahr nicht verlaufen. Im Gegenteil. Ein Untersuchungsausschuss soll klären, was da schief gegangen ist.

Eine Computergrafik zeigt den Entwurf des Pavillons des Landes Baden-Württemberg für die Expo in Dubai im Jahr 2021. Foto: Milla und Partner/dpa/Archivbild

Eine Computergrafik zeigt den Entwurf des Pavillons des Landes Baden-Württemberg für die Expo in Dubai im Jahr 2021. Foto: Milla und Partner/dpa/Archivbild

Der Streit um die deutlich gestiegenen Kosten für den landeseigenen Pavillon bei der Weltausstellung in Dubai hat nur wenige Monate vor der baden-württembergischen Landtagswahl ein parlamentarisches Nachspiel. Die Fraktionen von SPD und FDP haben sich am Dienstag jeweils einstimmig dafür ausgesprochen, einen Untersuchungsausschuss im Landtag einzusetzen. „Wir halten ihn für angezeigt, um die Verantwortungen zu klären, klar zu benennen und mögliche personelle Konsequenzen aufzuzeigen“, sagte der FDP-Fraktionsvorsitzende Hans-Ulrich Rülke der dpa.

Der Ausschuss soll demnach unter anderem klären, warum die Kosten für den Pavillon aus dem Ruder gelaufen sind. Außerdem will die Opposition Klarheit darüber, warum das Land haften muss, obwohl es sich eigentlich nur begleitend an dem Projekt beteiligen wollte. SPD-Fraktionschef Andreas Stoch zeigte sich überzeugt, dass der Ausschuss rechtzeitig vor der kommenden Landtagswahl am 14. März 2021 zu einem Abschluss kommen kann.

Baden-Württemberg ist das einzige Bundesland mit einem eigenen Pavillon in Dubai. Die Weltausstellung soll vom 1. Oktober 2021 bis Ende März 2022 stattfinden. .

Die grün-schwarze Landesregierung von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatte zuletzt grünes Licht für die Teilnahme des Landes an der Weltausstellung im kommenden Jahr gegeben. Allerdings liegen die geschätzten Gesamtkosten für Bau und Betrieb des Pavillons sowie für die Expo-Teilnahme bei derzeit mehr als 15 Millionen Euro.

Das war eigentlich ganz anders geplant: Denn ursprünglich hatte die Projektgesellschaft den Pavillon komplett mit der Hilfe von Firmen finanzieren wollen und als Vorhaben „aus der Wirtschaft für die Wirtschaft“ deklariert. Das Land war davon ausgegangen, dass es lediglich protokollarisch flankiert und nur 2,8 Millionen Euro investiert. Das änderte sich, als private Geldgeber Mangelware blieben und das Land sich wegen der wackeligen Vertragsumstände in der Rolle des - auch finanziell haftbaren - Partners der Expo-Veranstalter in Dubai wiederfand.

Die Entscheidung für einen Untersuchungsausschuss lag bereits seit einigen Tagen in der Luft, zudem droht eine Sonderprüfung des Landesrechnungshofs. Zuletzt war vor allem die SPD hart mit Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) ins Gericht gegangen: „Baden-Württemberg versenkt über 15 Millionen Euro am Persischen Golf“, warf ihr der SPD-Wirtschaftsexperte Daniel Born vor und sprach von einem „Desaster“, für das die Ministerin die politische Verantwortung trage. Fraktionschef Stoch nannte das Verfahren ein „Fiasko“. Ein Auftritt des Landes bei einer Expo wie in Dubai sei grundsätzlich zwar eine gute Idee - „allerdings nur, wenn das Land ihn begleitet und nicht komplett bezahlt“.

Untersuchungsausschüsse gelten im parlamentarischen Alltag als schärfstes Mittel der Abgeordneten, um die Regierung zu kontrollieren. Auch kleine Fraktionen der Opposition dürfen auf diesem Weg mögliche Missstände oder Affären genau unter die Lupe nehmen. Verlangen können dies ein Viertel der Abgeordneten oder zwei Fraktionen unterschiedlicher Parteien. Verhindern können dies die Regierungsfraktionen trotz ihrer Mehrheit nicht.

Die Minderheit bestimmt zudem das Untersuchungsthema, sie entscheidet auch mit über den Verlauf. Zeugen und Sachverständige müssen vor dem Ausschuss erscheinen, falsche Aussagen sind strafbar.

Untersuchungsausschüsse hatte es in Baden-Württemberg zuletzt zu einer Affäre um Zulagen für Professoren an der Ludwigsburger Hochschule gegeben sowie zur Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) gegeben. Auch der Polizeieinsatz gegen die Gegner des Bahnprojekts Stuttgart 21 vor genau zehn Jahren hatte zwei Ausschüsse beschäftigt.

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Erstellt:
29. September 2020, 17:06 Uhr

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