Stuttgart-21-Architekt: Stadt muss schneller planen

dpa/lsw Stuttgart. Stuttgart 21 verändert das Bild der Stuttgarter Innenstadt. Der Architekt des Tiefbahnhofs bemängelt ein zu langsames Vorgehen der Stadt bei der Neugestaltung des Umfelds.

Ingenhoven hat den Tiefbahnhof des Bahnprojektes Stuttgart 21 entworfen. Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

Ingenhoven hat den Tiefbahnhof des Bahnprojektes Stuttgart 21 entworfen. Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

Der Stuttgart-21-Architekt Christoph Ingenhoven fordert von der Stuttgarter Stadtverwaltung mehr Tempo bei der Planung für das direkte Bahnhofsumfeld. „Die Stadt hat bislang immer noch nicht die Anbindung des künftig neuen Bahnhofs an die Stuttgarter Innenstadt geplant“, sagte Ingenhoven der Deutschen Presse-Agentur. Da müsse sie nun liefern. „Der heutige Bahnhof wird durch eine Verkehrsschneise, die sich Platz nennt, von der Innenstadt abgeschnitten.“

Der Architekt hatte 1997 den Wettbewerb für eine unterirdische Durchgangsstation gewonnen, die den bisherigen Kopfbahnhof in der Landeshauptstadt ersetzen soll. Der heute 60-Jährige klagt über mangelnde Kommunikationsbereitschaft bei der Stadtspitze, ohne konkrete Namen zu nennen. „Ich habe mit den Bürgermeistern von Sydney und Singapur öfter gesprochen als mit den Bürgermeistern der Stadt Stuttgart.“

Städtebaubürgermeister Peter Pätzold (Grüne) wies die Kritik zurück. Die Stadt habe ihre Hausaufgaben gemacht, sagte er. Wie es vor dem Bahnhof weitergehe, stelle man in zwei Wochen dem Gemeinderat in einer Ausschusssitzung vor.

Der Grünen-Politiker Matthias Gastel sagte, die Projektpartner Deutsche Bahn, Land Baden-Württemberg, Stadt Stuttgart und die Region stünden gemeinsam mit dem Architekten in der Verantwortung. „An dieser Stelle gibt es noch Verbesserungsbedarf, da die Planungen die verkehrlichen Bedarfe zu wenig berücksichtigt haben. Dabei muss die verkehrliche Leistungsfähigkeit des Bahnknotens mit städtebaulichen Belangen zusammengebracht werden.“

Die Stuttgarter Straßenbahnen AG stellte am Freitag rund fünf Jahre nach dem Start der Bauarbeiten ihre neue Stadtbahnhaltestelle Staatsgalerie vor. Sie musste wegen des Bahnprojekts Stuttgart 21 neu errichtet werden. Weil Bahngleise den SSB-Tunnel in der Tal-Längslinie schneiden, musste die Haltestelle höher gelegt werden. So tauchen die Fernbahngleise nun unter dem neuen SSB-Tunnel ab. Der Stuttgarter Oberbürgermeister Fitz Kuhn (Grüne) sagte anlässlich der Vorstellung der neuen Haltestelle zu Stuttgart 21: „Dieses Projekt ist verkehrlich und städtebaulich zu sehen. Für die Stadtplanung eröffnet das ganz neue Möglichkeiten.“

Das Bahnprojekt Stuttgart 21 umfasst den Umbau des Hauptbahnhofs und die Neubaustrecke von Wendlingen nach Ulm. Nach letzten Schätzungen soll es 8,2 Milliarden Euro kosten. Im Finanzierungsvertrag waren im Jahr 2009 noch 4,5 Milliarden Euro festgelegt worden. Das Projekt Stuttgart 21 steht für die komplette Neuordnung des Bahnknotens Stuttgart. Die neue unterirdische Durchgangsstation soll voraussichtlich 2025 in Betrieb gehen.

Ingenhoven kritisierte, dass in Deutschland die Planung von Großprojekten zu lange dauere. „So kann es nicht weitergehen. Sonst kommen wir bei so wichtigen Projekten wie der Verkehrs- oder Energiewende nicht voran. Da sind wir darauf angewiesen, mit Großprojekten besser umzugehen.“ Wenn sich die Gesellschaft weiterhin so lange Entscheidungsräume gönne, dann sei das nicht gut. „Wir müssen künftig Projekte zu Ende planen, bevor wir anfangen zu bauen.“

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Erstellt:
11. September 2020, 07:03 Uhr

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