In Spiegelberg beginnt die Suche nach einem Lebensmittler

Nachdem er 26 Jahre lang den Laden an der Spiegelberger Ortsdurchfahrt betrieben hat, geht Ferdinand Rathgeber im November in Rente. Im engen Kontakt mit der Gemeinde wird nach einer Lösung für die Nachfolge gesucht. Bürgermeister Schäfer hofft auf das Sanierungsgebiet.

Ferdinand Rathgeber wird ab November nicht mehr in seinem Dorfladen stehen. Für die Gemeinde Spiegelberg geht es daher nun um das Halten der örtlichen Nahversorgung. Foto: Stefan Bossow

© Stefan Bossow

Ferdinand Rathgeber wird ab November nicht mehr in seinem Dorfladen stehen. Für die Gemeinde Spiegelberg geht es daher nun um das Halten der örtlichen Nahversorgung. Foto: Stefan Bossow

Von Nicola Scharpf

Spiegelberg. Wenn Ferdinand Rathgeber morgens um 7 Uhr die Tür zu seinem Lebensmittelgeschäft an der Spiegelberger Ortsdurchfahrt aufschließt, ist er schon seit mehreren Stunden auf den Beinen. Um 3 Uhr beginnt der Tag des gelernten Bäckers in der Backstube. Das frühe Aufstehen, sagt der 63-Jährige, wird er nicht vermissen, wenn er im November in Rente geht und seinen Laden schließt. „Manchmal fällt es schon schwer. Es geht auf die Knochen.“ Dieser Tag ist so einer, an dem es ihn schon seit dem Morgen friert – obwohl die Heizung im Laden aufgedreht ist. „Aber es ist nicht jeder Tag gleich.“

Die Gespräche mit den Kunden dagegen werden Ferdinand Rathgeber fehlen. Er berichtet von einem Mann, der jeden Morgen die Bild-Zeitung kauft und ihn jeden Morgen fragt: „Was gibts Neues?“ Gibt es denn jeden Tag etwas Neues? „Eben nicht“, sagt Rathgeber und lacht. Ob so oder so, Rathgebers Geschäft ist noch ein klassischer Dorfladen. Es gibt selbst hergestellte Backwaren, Alltagsdinge vom Päckchen Nudeln bis zum Toilettenpapier, man kann Lotto spielen, Pakete und Briefe zur Poststelle bringen. Plausch und Austausch bekommen Kunden – wenn sie es möchten – gratis dazu. So erstaunt es nicht, dass Rathgeber schon vielfach die Reaktion bekommen hat, es sei schade, dass er aufhöre.

2012 kam die Post dazu, 2017 auch Lotto

Vor 50 Jahren bauten Rathgebers Eltern das Gebäude und eröffneten den Laden. Ferdinand Rathgeber übernahm den elterlichen Betrieb 1998. Die Post kam 2012 hinzu und Lotto 2017. Rathgebers Schwester Gabriele Heller hilft ihrem Bruder im Verkauf. Für die Zukunft des Ladens wünscht sich Rathgeber, dass es im Ort weiterhin Lebensmittel zum Kaufen gibt. Er ist offen, ob er die Ladenräume vermietet oder verkauft, und in engem Kontakt mit Bürgermeister Max Schäfer. Der hat sich in die Suche nach einer Lösung für die Nachfolge eingeschaltet. Schließlich geht es um den Erhalt der Nahversorgung in Spiegelberg. Rathgeber ist der Zweite, der aufhört. Das Wurschtlädle Fleischmann hat seinen Ladenverkauf vor Kurzem bereits eingestellt und konzentriert sich auf Catering und Belieferungen.

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Schäfer informierte in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats zum Stand der Dinge: Er werde sich mit den Unternehmern, die in Nachbargemeinden Filialen der Supermarktkette Tante-M betreiben, in Verbindung setzen, um deren Interesse am Spiegelberger Laden in Erfahrung zu bringen. Auch gebe es einen Mitbewerber zur Kette Tante-M, an den man herantreten könnte. Schäfer zeigte sich überzeugt davon, dass eine Einigung mit Rathgeber zustande kommen wird.

Bürgermeister Schäfer betont die Dringlichkeit des Sanierungsgebiets

Der Bürgermeister stellte diese Informationen in einen Zusammenhang zu einem Vor-Ort-Termin in Spiegelberg, der fürs Frühjahr vorgesehen ist: Nachdem der Antrag der Gemeinde auf Aufnahme des geplanten Sanierungsgebiets „Ortsmitte 2“ ins Landessanierungsprogramm im vergangenen Sommer wegen Überzeichnung des Programms nicht positiv beschieden worden war und sich der Gemeinderat für einen erneuten Aufnahmeantrag für das Programmjahr 2024 ausgesprochen hatte (wir berichteten), machten sich Max Schäfer, sein Amtsvorgänger Uwe Bossert und Projektleiter Norbert Neuser von der Kommunalentwicklung GmbH persönlich bei den Verantwortlichen im Regierungspräsidium Stuttgart für das Spiegelberger Vorhaben stark. Das Ergebnis ist, dass das Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen mit ins Boot wolle, um sich vor Ort ein Bild zu machen, informierte Schäfer die Gemeinderäte.

Der Bürgermeister will diesen Besuchstermin nutzen, um die Dringlichkeit des Sanierungsgebiets zu betonen. „Wenn es ein Sanierungsgebiet gäbe, würde es mit der Nachfolge leichter“, sagte er zur bevorstehenden Schließung des Lebensmittelladens. „Hier geht es nicht um den Bau von Schwimmbädern, sondern dass die Menschen weiter einkaufen können.“

Schäfer zeigt sich überzeugt davon, dass eine Einigung mit Rathgeber zustande kommen wird.

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Erstellt:
25. Januar 2024, 06:00 Uhr

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