Süddeutschland wird beim Strom vom Ausland abhängig
Studie sieht Risiken für Versorgung durch Energiewende, Kohleausstieg und zähen Netzausbau
Das deutsche Stromnetz stand im Jahr 2017 knapp vor dem Zusammenbruch. Wenn wirklich alles gut läuft, lässt sich eine Wiederholung vorerst vermeiden. Aber ist diese Annahme realistisch?
Stuttgart Die Stromversorgung in Süddeutschland wird sich in den Jahren bis 2025 nur sicherstellen lassen, wenn in beträchtlichem Maß Strom aus dem Ausland importiert wird. Dies ist das Ergebnis einer Studie, die mehrere Forschungsinstitute im Auftrag des baden-württembergischen Umweltministeriums angefertigt haben. Weil der Stromverbrauch im Süden wesentlich höher ist als die Erzeugung, besteht schon jetzt eine Lücke von 9,1 Gigawatt, was etwa der sechsfachen Leistung des Atomkraftwerks Philippsburg (Kreis Karlsruhe) entspricht.
Die bisherige Möglichkeit, einen Teil des Defizits durch Strom aus Norddeutschland zu decken, wird der Studie zufolge abnehmen, so dass der Süden zunehmend mit Strom aus dem Ausland versorgt werden muss. Dabei sei unklar, ob das Ausland willens und in der Lage ist, diesen Strom zu liefern. Regelungen, um eine Versorgung aus dem Ausland sicherzustellen, seien „nach unserer Kenntnis nicht vorhanden“, schreiben die Autoren.
Die Lage könnte durch den Kohleausstieg noch verschärft werden. In einem Szenario, das von einem zügigen Ausstieg ausgeht, könne es zu Lücken kommen, die stundenweise bis zu 95 Prozent der verfügbaren Kapazitätsreserve beanspruchen. Die Autoren weisen darauf hin, dass sie nur teilweise Risiken berücksichtigt haben, die durch Instabilitäten der Netze entstehen. Diese können etwa durch starke Schwankungen der Strommenge aus Windkraft und Sonnenergie entstehen, die in die Netze eingespeist wird.
Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) erklärte, er gehe davon aus, dass auch bei einem beschleunigten Ausstieg 2025 keine akuten Kapazitätsengpässe entstehen werden. Es sei aber nötig, schon heute den Ausbau der Netze und der erneuerbaren Energien voranzutreiben.