Reiseabenteuer

Syrien-Urlaub ist nichts für Anfänger

Geheimtipp für erfahrene Reisende: Noch ist der Tourismus in dem politisch instabilen Land eine winzige Nische im internationalen Fremdenverkehr, doch das Angebot wächst.

Deutsche Touristen besichtigen  die Zitadelle von Aleppo in Nordsyrien.

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Deutsche Touristen besichtigen die Zitadelle von Aleppo in Nordsyrien.

Von Thomas Seibert

Kreuzritterburgen, antike Städte, orientalische Basare, beständiger Sonnenschein: Kann Syrien ein Reiseland werden? Trotz der großflächigen Zerstörungen in 14 Jahren Bürgerkrieg erkunden ein knappes halbes Jahr nach dem Sturz des Assad-Regimes die ersten Touristen die Sehenswürdigkeiten in Syrien. Noch sind es nur kleine Besuchergruppen, doch einige Experten sehen in Syrien ein Potenzial wie beim benachbarten Urlaubsland Türkei.

Seit dem Umsturz im Dezember 2024 reisen vor allem Kulturtouristen nach Syrien, meistens über den Landweg aus dem benachbarten Libanon. Vor dem Ausbruch des Bürgerkriegs 2011 steuerte der Tourismus nach Angaben der damaligen Regierung von Diktator Baschar al-Assad rund 14 Prozent zur Wirtschaftsleistung Syriens bei.

„Damals hatten sogar die großen Reiseanbieter das Land in ihrem Programm“, sagt James Willcox, der Gründer des britischen Reiseveranstalters Untamed Borders, der 2017 mit Touren nach Syrien begann und auch andere ungewöhnliche Ziele wie Afghanistan oder Somalia anbietet.

Syrien ist nur etwas für erfahrene Reisende

Voriges Jahr unterbrach Willcox die Reisen nach Syrien, weil der Krieg zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz im Libanon die Anreise über Beirut zu gefährlich machte. Nun führt Untamed Borders wieder Reisegruppen nach Syrien, wie Willcox unserer Zeitung sagte. Im April war er mit einer zehnköpfigen Gruppe dort, für den Herbst plant er weitere Reisen.

Noch ist der Syrien-Tourismus eine winzige Nische im internationalen Fremdenverkehr, doch das Angebot wächst. „Alle kommen zurück nach Syrien“, sagt Ayoub Alsmadi vom syrischen Reiseanbieter Syria Scope Travel in Damaskus. Die Sicherheitslage verbessere sich, sagte Alsmadi. Allerdings sei Syrien derzeit nur etwas für erfahrene Reisende und „nichts für Anfänger“.

Die Gewalt im Land geht weiter

Seit Assads Sturz im Dezember wird Syrien von der islamistischen HTS-Miliz unter Übergangspräsident Ahmed al-Scharaa regiert. Das neue Syrien wirbt innen- und außenpolitisch um Vertrauen. Die Türkei und Katar haben Linienflüge nach Syrien aufgenommen, viele Hotels im Land haben geöffnet. Rund 300 000 Syrer, die vor Assad ins Ausland geflohen waren, sind nach UN-Angaben seit Dezember in ihre Heimat zurückgekehrt.

Doch stabil ist Syrien nicht, die Gewalt im Land geht weiter: Im März starben hunderte Menschen bei Massakern an der Minderheit der Alawiten an der Mittelmeerküste. Auch im südsyrischen Drusengebiet gab es Gefechte. Israels Luftwaffe bombardiert immer wieder Militärstützpunkte in Syrien. Die von Scharaa angekündigte Entwaffnung der vielen Milizen im Land hat noch nicht begonnen, die Wirtschaft liegt am Boden, das Land ist vom Krieg verwüstet, einige Gegenden sind vermint. Westliche Regierungen warnen ihre Bürger vor Reisen in das Bürgerkriegsland.

Viel zu sehen gibt es in Syrien jedenfalls

Manche Besucher lassen sich davon nicht abschrecken. „Das sind Leute, die Orte sehen wollen, an denen bisher noch nicht viele Touristen waren“, beschreibt Willcox seine Kunden. „Leute, die sich für die Geschichte und Kultur von Syrien interessieren und die ein wenig Abenteuer wollen.”

Viel zu sehen gibt es in Syrien jedenfalls. „Die Altstadt von Damaskus mit ihren lebendigen Basaren und der imposanten Umayyaden-Moschee ist ein Traum für jeden Kulturliebhaber“, sagt Adi Furrer, Chef des auf den Nahen Osten spezialisierten Reiseanbieters Mideast Tours. „Auch die historische Altstadt von Aleppo, die majestätischen Ruinen von Palmyra in der Wüste, die eindrucksvolle Kreuzritterburg Krak des Chevaliers, die Felsdörfer von Maaloula, das traditionsreiche Kloster Saydnaya sowie die mediterrane Küstenstadt Latakia mit ihren antiken Ausgrabungen und Stränden gehören zu den touristischen Höhepunkten des Landes.“

Experten sehen in Syrien ein riesiges Potenzial

Derzeit hat Mideast Tours wegen der angespannten Sicherheitslage und der politischen Unwägbarkeiten allerdings keine Syrien-Reisen im Programm. „Eigentlich hörte der Tourismus nicht bei Assads Sturz auf, sondern bereits mit dem Bürgerkrieg im Jahr 2011“, sagte Furrer.

Er erwartet nicht, dass Syrien bald sicherer wird. „Aktuell läuft aus meiner Sicht vieles in Syrien auf Probleme hin: verfeindete islamische Kräfte, innenpolitische Zerrissenheit, überregionale Konflikte, gemischt mit einem fundamentalen Islam“, meint er.

Syrien-Reisen müssten sorgfältig vorbereitet werden, sagt Willcox von Untamed Borders. „Wir schauen uns vor der Abreise die Lage an, entscheiden darüber, wo wir hinfahren können und wo nicht, wo die Teilnehmer auch mal Zeit zur freien Verfügung bekommen können.“ Um manche Gegenden macht Untamed Borders einen Bogen. Dazu gehören das Kurdengebiet im Nordosten und die Grenzen zum Irak und zu Israel. Trotz der Probleme besitze Syrien ein „riesiges Potenzial“, meint Willcox. Alsmadi von Syria Scope Travel sagt: „Wenn sich das Land erst einmal stabilisiert hat, wird der Syrien-Tourismus boomen.“

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Erstellt:
1. Juni 2025, 07:14 Uhr

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