Herausforderungen bei der Inklusion im Rems-Murr-Kreis

Teilhabe ist noch längst nicht selbstverständlich. Der kommunale Behindertenbeauftragte berichtet im Sozialausschuss des Kreistags von seinen Aufgaben.

Ein rollstuhlgerechter Gebäudezugang wird noch nicht immer mitgedacht.Symbolbild: RioPatuca Images / Adobe Stock

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Ein rollstuhlgerechter Gebäudezugang wird noch nicht immer mitgedacht.Symbolbild: RioPatuca Images / Adobe Stock

Von Lorena Greppo

Rems-Murr. Sein Ziel formuliert Sebastian Eltschkner ganz klar: Er möchte Veränderungsprozesse anstoßen. Seit Mai vergangenen Jahres ist er der Nachfolger Roland Nollers als kommunaler Behindertenbeauftragter im Rems-Murr-Kreis. Der 38-Jährige aus Sulzbach an der Murr hat nun im Sozialausschuss des Kreistags einen Bericht seiner Tätigkeit vorgestellt.

Eine Entwicklung lässt sich einfach erkennen: „Die Fallzahlen sind merklich angestiegen.“ Waren es 2021 noch insgesamt 117 Anfragen, so hatte Eltschkner 2022 derer 179 zu bearbeiten. 156 davon waren Beratungen, in 23 Fällen handelte es sich um Beschwerden. Das sei insofern erfreulich, so der Behindertenbeauftragte, als die Zahl der Beschwerden inzwischen wieder auf das Vorcoronaniveau gesunken ist. In den meisten Fällen hat es sich um einen einmaligen Kontakt gehandelt, nicht ganz so häufig waren bis zu vier Kontakte, ab und zu sogar noch mehr notwendig.

Ein Schwerpunkt der Beratungen war der Bereich barrierefreies Planen und Bauen. Wie in den vergangenen Jahren auch habe es regelmäßig Fragen zum Schwerbehindertenausweis, den damit verbundenen Merkzeichen sowie dem blauen Parkausweis gegeben. Auch Fragen zum Bundesteilhabegesetz und das Thema Wohnraumbedarf haben im Berichtszeitraum einen großen Teil eingenommen. Bei den 23 Beschwerden ist es ebenfalls, wie auch in den vergangenen Jahren, meist um den Schwerbehindertenausweis gegangen. Ein größerer Konflikt im Bereich der Inklusion in Kindertageseinrichtungen hat mehrere Besprechungen und einen runden Tisch erfordert.

Mehr Einbindung in Bauprojekte

„Inklusion und Teilhabe können nur mit Barrierefreiheit gelingen“, machte Sebastian Eltschkner im Gremium deutlich. Diese sei noch bei Weitem nicht überall erreicht. Als erfreulich wertet er allerdings, dass er in beratender Funktion immer öfters in Bauprojekte mit einbezogen wird, so etwa von 26 der 31 Kreiskommunen bei den Planungen der Bushaltestellen. Dies zeige, dass die geforderten Umbaumaßnahmen in den Kommunen ernst genommen und mittlerweile auch umgesetzt würden. Die Bushaltestellen sollten eigentlich laut Personenbeförderungsgesetz schon seit 2022 vollständig barrierefrei sein. „Dieser Termin ist mittlerweile verstrichen und die Forderung ist noch längst nicht überall erfüllt“, heißt es im Bericht des Behindertenbeauftragten. Bei der Umsetzung der Barrierefreiheit in den Kreisimmobilien gehe es gut voran, so seine Einschätzung. Aktuell werde daran gearbeitet, die Barrierefreiheit beim Neubau in der Rötestraße sowie beim Umbau und Erweiterungsbau am Alten Postplatz von Beginn an vollumfänglich umzusetzen. Auch bei der Waldakademie Mönchhof wurde der kommunale Behindertenbeauftragte bei den Planungen eingebunden.

Als drängendes Thema bezeichnete Eltschkner die Inklusion an Kindertagesstätten. „Die Erfahrungen von Kindern mit erhöhtem Assistenzbedarf und ihren Eltern zeigen, dass es selbst bei sehr engagierten Erzieherinnen und Erziehern noch sehr schwer ist, einen Betreuungsplatz mit der benötigten Betreuungszeit zu erhalten.“ In den Kindertagesstätten mangele es an Fachkräften, die mit dem Thema Inklusion vertraut sind, was dazu führe, dass die Teilhabe ausgebremst wird. So würden Kinder mit Beeinträchtigung entweder gar nicht oder nur zu eingeschränkten Zeiten kommen dürfen oder sich auf häufig wechselndes Personal einstellen müssen. Die Eltern seien in der Folge stark verunsichert. Daher sind die Anfragen nach einem Platz in den Schulkindergärten nach wie vor sehr hoch. Zur Problemlösung gab es eine amtsübergreifende Arbeitsgruppe.

Es gibt auch Erfolge zu vermelden

Sebastian Eltschkner hatte auch einige Erfolge vorzuweisen. Im Oktober hat eine Informationsveranstaltung zum Bundesteilhabegesetz (BTHG) in Leichter Sprache stattgefunden. Diese sei gut angenommen worden. Außerdem wurde einiges getan, um dem Wunsch nach einem Beteiligungsformat für Menschen mit Behinderung im Landkreis nachzukommen. Im Juli dieses Jahres soll die konstituierende Sitzung des Teilhaberats stattfinden. Hingegen stehe der erste Inklusionsgipfel im Landkreis noch aus. Die Special Olympic World Games, die im Juni in Berlin stattfinden, haben ebenfalls Auswirkungen bis in den Rems-Murr-Kreis, wie der Behindertenbeauftragte aufzeigte. Denn Kommunen aus ganz Deutschland empfangen für vier Tage vor den Weltspielen Menschen aus anderen Ländern. Eine Delegation der Bermudainseln wird im Kreis zu Gast sein. Zudem hat der Kreis den Zuschlag für das Livemodellprojekt bekommen. Dieses soll Menschen mit geistigen Behinderungen befähigen, sich mehr in Vereinen und ihren Einrichtungen für den Sport zu begeistern und sich aktiv einzubringen. Hierfür wurde ein Inklusionsnetzwerk gegründet.

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Erstellt:
27. April 2023, 11:00 Uhr

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