„Topf Secret“ gegen Geheimnisse bei Lebensmittelkontrolle

dpa/lsw Berlin/Tübingen/Mannheim. Die Plattform „Topf Secret“ heizt den Hunger der Verbraucher nach Informationen über ihr Essen an. Auch ein Gerichtsbeschluss untermauert die Forderung nach mehr Transparenz in Sachen Lebensmittelsicherheit.

Eine Frau bedient ein Smartphone, auf dem die Webpräsenz der Plattform „Topf Secret“ geöffnet ist. Foto: Marijan Murat/dpa/Archivbild

Eine Frau bedient ein Smartphone, auf dem die Webpräsenz der Plattform „Topf Secret“ geöffnet ist. Foto: Marijan Murat/dpa/Archivbild

Zehntausende Verbraucher in Deutschland wünschen sich Informationen über die hygienischen Zustände in Restaurants, Bäckereien, Discountern oder Hofläden. Fast 41 000 Anträge auf Einsicht in Lebensmittelkontrollberichte sind seit Anfang 2019 mit Hilfe der Plattform „Topf Secret“ gestellt worden. „Die Zahl liegt über unseren Erwartungen“, sagt Dario Sarmadi von der Foodwatch der Deutschen Presse-Agentur. Die Verbraucherschutzorganisation betreibt zusammen mit dem Portal für Informationsfreiheit „FragDenStaat“ die Internetplattform. Diese ist aber hochumstritten und wird insbesondere vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) als „Internetpranger“ empfunden.

Bundesweit ist das Interesse an konkreten Informationen zur Lebensmittelsicherheit im persönlichen Umfeld sehr unterschiedlich ausgeprägt. Am neugierigsten sind laut Foodwatch die Hamburger mit 95,3 Auskunftsanträgen pro 100 000 Einwohner. In Sachsen-Anhalt sind es nur 23,2 Anträge pro 100 000 Einwohner. Als möglichen Grund für das hohe Interesse in Hamburg wie in Berlin nennt Sarmadi die höhere Gastronomie-Dichte in den Stadtstaaten. In Baden-Württemberg wurden über 5000 Anträge gestellt, mehr als 50 Anträge pro 100 000 Einwohner.

Nach einem verbraucherfreundlichen Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes (VGH) Baden-Württemberg fühlen sich die selbst ernannten „Essensretter“ von Foodwatch bestätigt. Der VGH in Mannheim verwies mit Blick auf das Verbraucherinformationsgesetz (VIG) darauf, dass das Interesse der Allgemeinheit und des Antragstellers das private Interesse eines der Unternehmen an der Geheimhaltung der begehrten Informationen überwiege. Die Richter erkannten weder eine Kollision mit der Berufsfreiheit noch eine Prangerwirkung im Netz.

In Sachen Transparenz steht Deutschland aus Sicht von Foodwatch vergleichsweise schlecht da: Während hierzulande die Ergebnisse von Hygiene-Kontrollen in der Regel geheim blieben, herrsche in Dänemark, Norwegen oder Wales volle Transparenz. „In Dänemark zum Beispiel erfahren Verbraucher direkt an der Ladentür und im Internet anhand von Smiley-Symbolen, wie es um die Sauberkeit in den Lebensmittelbetrieben bestellt ist“, erläutert Sarmadi. Wenige Jahre nach Einführung des Smiley-Systems im Jahr 2002 habe sich die Quote der beanstandeten Betriebe halbiert, von 30 auf rund 15 Prozent.

Auf Ebene der Landkreise gibt es Kritiker der forcierten Übermittlung von Kontrollberichten. Der Tübinger Landrat Joachim Walter sagt: „Für die mit der Bearbeitung der Aufträge betrauten Mitarbeiter ist das Ganze mit einem hohen Zeitaufwand verbunden, der an anderer Stelle wieder fehlt - zum Beispiel für die Durchführung der Kontrollen.“ Die Plattform liefere überdies nur ein lückenreiches Bild, da nicht für jeden Betrieb Anträge eingereicht und nicht alle Rückmeldungen ins Netz gestellt würden.

Bei dem Tübinger Amt gingen seit Anfang vergangenen Jahres 164 Anfragen über die Plattform ein. Nachdem manche Anträge bereits abgemeldete Betriebe betrafen oder Antragssteller die Weitergabe ihrer Daten verwehrten, wurden 140 aufrechterhalten. In 136 Fällen seien die gewünschten Informationen an die Antragsteller geschickt worden, hieß es aus dem Amt. Die meisten der Anfragen zielten auf den Bereich der Gastronomie.

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Erstellt:
19. Januar 2020, 08:17 Uhr

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