Tübinger OB an Bahnchef: Service „so schlecht wie nie zuvor“

dpa/lsw Tübingen. Freunde werden sie wohl nicht mehr, Tübingens Oberbürgermeister Palmer und die Deutsche Bahn. Vor Monaten war es eine Werbekampagne, die den Grünen störte. Nun sind es Verspätungen.

Boris Palmer (Bündnis 90/Die Grünen), Oberbürgermeister von Tübingen, schaut konzentriert. Foto: Christoph Soeder/dpa

Boris Palmer (Bündnis 90/Die Grünen), Oberbürgermeister von Tübingen, schaut konzentriert. Foto: Christoph Soeder/dpa

In einem Brief an den Chef der Deutschen Bahn hat sich Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) über den nach seiner Darstellung inakzeptabel schlechten Service des Unternehmens beklagt. „Ausgerechnet in einer Zeit, in der wir alle erkennen, dass wir die Bahn für Klimaschutz im Verkehr brauchen und zunehmend mehr Menschen bereit sind, sie zu nutzen, ist die Qualität des Bahnverkehrs auf den Tübinger Strecken so schlecht wie nie zuvor“.

Zugausfälle und Verspätungen auf der Strecke zwischen Tübingen und Stuttgart häuften sich seit zwei Jahren, klagte Palmer in dem Brief an Bahnchef Richard Lutz mit dem Datum 10. Dezember 2019. Tübingens Pressesprecherin Sabine Schmincke sagte, der Brief sei am Dienstag übermittelt worden. In der Pressestelle der Bahn hieß es zunächst, man kenne das Schreiben noch nicht und könne daher auch noch nicht dazu Stellung nehmen.

Unabhängig von der Beantwortung des Briefes von Palmer verwies die Bahn am Dienstagabend darauf, dass die Probleme im Bereich Stuttgart-Tübingen bekannt seien und bereits erste Maßnahmen zur Stabilisierung der Qualität liefen. Dazu gehören laut einem Bahnsprecher in Stuttgart unter anderem Personalaushilfen von anderen Standorten sowie zusätzliche Rekrutierungsmaßnahmen.

Palmer monierte in dem Brief, der an die Medien verteilt wurde, unter anderem weiter, dass zahlreiche Zugfahrten ausfielen, weil es nicht genügend einsetzbare Lokführer gebe. Als Begründung führe die Bahn Personalmangel und Krankheit an. „Tatsächlich handelt es sich aber um gravierende Fehlentscheidungen im Management der Bahn.“ Die Situation sei nicht allein im Tübinger Raum schlecht: „Dass die Bahn insgesamt heruntergewirtschaftet wurde und die Pünktlichkeit in ganz Deutschland miserabel ist, kann man als Fahrgast überall in Deutschland erfahren.“ Diese „inakzeptablen Zustände“ müssten so bald wie möglich beendet werden, meinte Palmer.

Im Frühjahr hatte Palmer eine Werbekampagne der Bahn kritisiert. Die Bahn warb auf ihrer Internetseite mit Bildern von Reisenden mit unterschiedlichen Hautfarben, unter anderem mit dem dunkelhäutigen TV-Koch Nelson Müller und der türkisch-stämmigen Moderatorin Nazan Eckes. Palmer hatte dazu auf Facebook geschrieben: „Ich finde es nicht nachvollziehbar, nach welchen Kriterien die „Deutsche Bahn“ die Personen auf dieser Eingangsseite ausgewählt hat.“ Er fragte: „Welche Gesellschaft soll das abbilden?“ Die Grünen-Chefs Robert Habeck und Annalena Baerbock hatten Palmer für diese Äußerungen scharf kritisiert, die Bahn hatte sich verteidigt.

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Erstellt:
10. Dezember 2019, 16:22 Uhr

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