Unmut im Maubacher Ortschaftsrat
Unter anderem weil sie mit der Kommunikationskultur des Ortsvorstehers Karl Scheib nicht einverstanden sind, erwägen mehrere Gremiumsmitglieder den Rücktritt, eine Rätin hat diesen bereits erklärt. Scheib schildert die Situation wiederum ganz anders.

© Pressefotografie Alexander Beche
Als Karl Scheib 2019 neuer Ortsvorsteher Maubachs wurde, verspürte er Aufbruchsstimmung im Gremium. Momentan ist aber vor allem Unmut zu vernehmen. Archivfoto: A. Becher
Von Lorena Greppo
Backnang. Die Stimmung im Maubacher Ortschaftsrat ist angespannt. Verschiedene Vorwürfe stehen im Raum, vorgebracht von und gegen verschiedene Personen: mangelhafte Kommunikation, zu wenig Engagement, Desinteresse. Für Manuela Rosenfelder ist die Situation so frustrierend geworden, dass sie den Schlussstrich gezogen und ihren Rücktritt eingereicht hat. Stefanie Schwarz hat die Absicht, es ihr gleichzutun. „Ich kann meine Ziele mit diesem Ortschaftsrat nicht umsetzen“, hat Rosenfelder erkannt. Und Schwarz sagt: „Das macht so keinen Spaß mehr und ich kann mich nicht hinstellen und sagen: Ich stehe hinter dem, was gemacht wird.“
Die Kritik der beiden Frauen richtet sich vor allem gegen Ortsvorsteher Karl Scheib. Anstatt dass er ordentliche Sitzungen des Ortschaftsrats einberufe, setze er so spontan Treffen an, dass es ihnen oft unmöglich sei, daran teilzunehmen. Gleichzeitig würden Vorschläge, die beide ins Gremium einbringen, abgeschmettert. „Er fährt einem über den Mund“, sagt Rosenfelder. Sie hat sich beispielsweise in der Unterstützung der ukrainischen Flüchtlinge im Stadtteil starkgemacht und ein Vernetzungstreffen organisiert. Schwarz hatte angeregt, das Backhäusle sanieren zu lassen. Für beides habe sich Scheib nicht interessiert. Genauso wenig erfolgreich seien Anfragen der Landwirte nach Schildern mit Hinweis auf die Feldwegeordnung gewesen. Oder Wünsche nach weiteren Sitzbänken. „Auf dem Ohr ist er taub“, sagt Schwarz. „Bei ihm dreht sich alles nur um das Thema Sport. Was er da macht, ist zwar richtig und gut, aber es gibt auch noch andere Belange“, hebt sie hervor.
Bestätigt wird ihre Schilderung auch von Wolfgang Rall, Scheibs Stellvertreter. Er habe mehrfach versucht, die beiden Frauen umzustimmen, verstehe aber ihre Beweggründe. Auch er bemängelt, dass vom Ortsvorsteher nicht genügend Informationen kämen, und sagt: „Er tut viel für die Stadt Backnang, aber leider Gottes nicht für Maubach.“ Auch Rall sagt, er habe schon darüber nachgedacht, aus dem Gremium zurückzutreten, da sich seiner Ansicht nach nicht genügend tut. „In anderen Ortschaftsräten ist viel mehr Bewegung drin“, sagt er und bringt Waldrems und Heiningen als Beispiele vor. „Wir treten auf der Stelle und dafür schäme ich mich gegenüber unserer Bürgerschaft.“ Er wisse auch von anderen, dass sie frustriert seien. Dabei sei in Maubach viel mehr möglich. „Wir haben viele tolle Vereine, die etwas auf die Beine stellen könnten“, sagt er. Auch von der Stadtverwaltung erfahre man Unterstützung.
Scheib wehrt sich gegen die Vorwürfe
Der Ortsvorsteher selbst schildert den Sachverhalt ganz anders. „Die Damen glänzen in den Sitzungen mit Abwesenheit – berufsbedingt oder motivationsbedingt“, sagt er. Die Sitzungen des Ortschaftsrats würden sechs Wochen im Voraus angesetzt. „Klar gibt es auch mal spontane Aktionen“, räumt er ein. Aber die könnten andere schließlich auch einrichten. Dass Rosenfelder und Schwarz sich in den Vereinen einbringen, lobt Scheib ausdrücklich. Im Gremium gehörten sie hingegen nicht zu den aktiven Mitgliedern. Was die Arbeit des Ortschaftsrats, gerade auch in Kooperation mit der Backnanger Stadtverwaltung, angeht, kommt der 65-Jährige zu einer völlig anderen Einschätzung als die beiden Frauen: „Ich finde, es läuft hervorragend.“ Er verweist auf verschiedene Projekte wie eine Bouleanlage, das geplante Bauteam Maubach und ein Beachvolleyballfeld, die angestoßen wurden. Dass soziale Aktivitäten in den vergangenen Jahren etwas hintanstehen mussten, räumt Scheib ein. Das sei aber vor allem durch die Umstände der Coronapandemie bedingt.
Einen anderen Kritikpunkt, den sowohl Rosenfelder und Schwarz als auch Rall vorbringen, erklärt Scheib mit seiner Tätigkeit als Mediziner. Die drei Ortschaftsräte bemängeln nämlich, dass er sich bei den Senioren rar mache. „Er lässt sich nicht beim Seniorennachmittag sehen“, führt Rall an. Schwarz bemängelt zudem, dass er auch die Jubilare nicht besuche oder ihnen ein Präsent vor die Tür stelle. „Ich finde das ganz schwach“, sagt sie. „Eine bodenlose Frechheit“ sei diese Unterstellung, findet hingegen Scheib. Denn die Besuche von Jubilaren seien von der Backnanger Stadtverwaltung abgestellt worden – aus Infektionsschutzgründen. „Als Arzt bin ich ständig in Berührung mit kranken Personen“, hebt Scheib hervor. Gefährdete Gruppen wie Senioren zu besuchen sei daher auch unverantwortlich. Und was die Seniorennachmittage angeht, komme hinzu, dass das „nicht meine Welt“ sei. Er propagiere gesundheitsförderndes Verhalten auch im Alter. Mit Kaffee und Kuchen beisammenzusitzen gehöre für ihn nicht dazu. „Es wäre etwas anderes, wenn sie zum Beispiel zusammen spazieren gehen würden, das fände ich gut“, sagt er.
Wie geht es aber nun im Gremium weiter?
Können die Gräben, die sich aufgetan haben, überbrückt werden? Der Ortsvorsteher hebt hervor, dass weder Rosenfelder noch Schwarz mit ihren Sorgen auf ihn zugekommen seien. „Gegenüber dem, wie es früher im Ortschaftsrat gelaufen ist, gibt es aktuell maximalen Informationsfluss“, findet er. Er will nun das Positive der Situation sehen: Er freue sich auf die Nachrücker, die für Rosenfelder und Schwarz in den Ortschaftsrat kommen sollen, und ist sicher: „Es wird mit ihnen mehr Dynamik reinkommen und wir werden auch die sozialen Aktivitäten wieder mehr fördern können.“
Stefanie Schwarz sieht wenig Chancen auf Besserung. Dafür müsse Scheib sich ernsthaft Gedanken machen, wie er selbst sich ändern und die Kommunikationskultur verbessern könne. Dafür fehle aber wohl die Einsicht. Auch Wolfgang Rall hat kaum Hoffnung darauf, dass die Stimmung auf absehbare Zeit wieder besser wird. Als das Gremium 2019 neu gewählt wurde, habe er auf neuen Schwung gehofft – vergebens, wie er nun feststellt. „Das Gescheiteste wären Neuwahlen“, sagt er.