Unterschätzt
Es gibt viele gute Gründe für einen Meistertitel im Handwerk
Nachwuchs -
Die kaputte Toilettenspülung, das undichte Dach, die gesprungenen Fliesen – wer einen Handwerker braucht, muss sich oft gedulden. Nicht nur Fachkräfte fehlen, auch Lehrlinge und sogar Tausende Chefs, denn viele Betriebe suchen vergeblich einen Nachfolger. Der Spruch vom „goldenen Boden“ lockt keinen.
Dabei trifft er in vielen Fällen zu. Doch beim potenziellen Nachwuchs gilt die Branche eher als wenig attraktiv. Junge Leute studieren lieber, als Handwerker zu werden. Dabei kann ein Meister mindestens so viel wie ein Bachelor verdienen und ein guter Handwerksunternehmer sogar einen Master finanziell überflügeln. Gute Gründe also, einen Meistertitel anzustreben und die Karriereleiter zu erklimmen – denn die gibt es auch im Handwerk. Wer etwa mit dem Gedanken spielt, irgendwann sein eigener Chef zu werden, kommt in vielen Gewerken gar nicht darum herum.
Dass die Bundesregierung 2004 den Zugang zu vielen Handwerksberufen vereinfacht hat – bei vielen sind weder Gesellen- noch Meisterbrief nötig –, hat das Image der Branche nicht verbessert. Viele junge Menschen fragen sich, warum sie sich für einen Titel ins Zeug legen sollen, wenn andere ohne Ausbildung und ohne Aufwand die gleiche Leistung anbieten dürfen. Die Wiedereinführung der Meisterpflicht könnte da zweifellos ein Gewinn sein – schon deshalb, weil solche Betriebe auch ausbilden dürfen und damit den Fachkräftemangel entschärfen.
In der Region Stuttgart steht in den nächsten Jahren etwa ein Drittel der 30 000 Handwerksbetriebe vor der Übergabe: gute Chancen für junge Meister, die nach wirtschaftlichen Perspektiven suchen – und nebenbei noch eine unterschätzte Branche aufwerten können.
imelda.flaig@stzn.de