Bewährungsstrafe für Autofahrer nach tödlichem Unfall

dpa/lsw Tübingen. Ein 18-Jähriger wird angefahren und stirbt. Der Unfallfahrer lässt ihn am Straßenrand liegen - zunächst. Jetzt hat ihn das Gericht unter anderem wegen versuchten Mordes verurteilt.

Eine Figur der Justitia. Foto: picture alliance/dpa/Symbolbild

Eine Figur der Justitia. Foto: picture alliance/dpa/Symbolbild

Das ihm zustehende letzte Wort brachte der Angeklagte nur stockend über die Lippen. „Mein Handeln war falsch und ich bereue es zutiefst“, sagte der 24-Jährige am Mittwoch im Gerichtssaal unter Tränen. Im April 2019 hatte er einen Fußgänger mit seinem Auto tödlich verletzt und war zunächst weitergefahren. Nun hat ihn das Landgericht Tübingen wegen fahrlässiger Tötung, versuchten Mordes und unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt.

Sein 21 Jahre alter Beifahrer soll wegen unterlassener Hilfeleistung eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 80 Euro zahlen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Die beiden Männer waren in der Tatnacht zurück von einem Discobesuch in Tübingen in ihren rund 40 Kilometer entfernten Wohnort im Kreis Rottweil gefahren. Nach dem Ortsausgang des Tübinger Stadtteils Hirschau stieß der Fahrer auf einer Landstraße mit seinem Wagen mit einem 18-Jährigen zusammen, der von links über die Straße lief. Das Opfer wurde durch den heftigen Aufprall in den Grünstreifen geschleudert und blieb schwer verletzt liegen.

Die beiden Angeklagten fuhren weiter - und kehrten erst auf Drängen des Fahrzeughalters, einem Schwager des Fahrers, anderthalb Stunden später an den Unfallort zurück und alarmierten die Rettungskräfte. Ein Notarzt konnte das Opfer nicht mehr retten.

An der Kollision trägt nach Auffassung des Gerichts das Opfer eine noch höhere Schuld als der Fahrer, weil der 18-Jährige mit 2,1 Promille Blutalkohol nachts zu Fuß über die Landstraße nach Hause laufen wollte. Der Autofahrer sei aber nur mit Abblendlicht und dafür mit 75 Stundenkilometern zu schnell unterwegs gewesen.

Als strafrechtlich besonders schwierig bezeichneten alle Parteien das Geschehen nach dem Unfall. Laut Anklage war nicht klar, ob das Opfer nicht auch bei einem unmittelbar abgesetzten Notruf gestorben wäre. Staatsanwältin Silke Lindemann zufolge wollte der Fahrer mit seiner anfänglichen Flucht seine Straftat verdecken. Sie hatte eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten gefordert. „Eine Weiterfahrt nach einem Unfallgeschehen auf diese Art und Weise ist moralisch zutiefst verwerflich“, sagte Lindemann.

Die beiden Angeklagten hatten sich im Verfahren nicht zu dem Geschehen geäußert. Gegenüber Rettungsstelle und Polizei hatten sie noch angegeben, zunächst einen Wildunfall vermutet zu haben. Für den Vorsitzenden Richter Ulrich Polachowski stand außer Frage, dass beide gewusst hatten, dass ein Mensch gegen den Wagen geprallt war. Nach Aussage einer rechtsmedizinischen Gutachterin ging die Kammer aber davon aus, dass nicht der späte Zeitpunkt des Notrufs, sondern der Unfall an sich den Tod des 18-Jährigen verursachte. „Seine Verletzungen besonders an Kopf und Gehirn waren so gravierend, dass er das nicht überlebt hätte“, sagte Polachowski.

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Erstellt:
4. März 2020, 01:58 Uhr

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