Urteil über Backnanger Drogenhändler in Sicht

Geständnisse der Backnanger kamen relativ spät. Nun geht es vor Gericht um das Strafmaß.

Am Landgericht fällt in Bälde das Urteil. Archivfoto: Alexander Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Am Landgericht fällt in Bälde das Urteil. Archivfoto: Alexander Becher

Von Heike Rommel

Backnang. Im Landgerichtsprozess gegen zwei mutmaßliche kiloschwere Drogendealer aus Backnang ist auf Freitag, 17. März, ein Urteil in Sicht. Ausgehandelt in einem Verständigungsgespräch hinter verschlossenen Türen wurden Gefängnisstrafen von fünf Jahren und drei Monaten für den heute 41-jährigen Landschaftsbauer und von drei Jahren und zehn Monaten für den 28-jährigen Gastronomen. Für beide, die angeben, schwer drogenabhängig zu sein, kommt die Einweisung in eine Entziehungsanstalt in Betracht.

Geständnisse im Gegenzug zu den in Aussicht gestellten Strafen kamen relativ spät, nachdem einer der Verteidiger den Prozess zunächst einmal mit Widersprüchen gegen die Verwertbarkeit von Chatverläufen gebremst hatte. Dieses Mal wurden alle Widersprüche wieder zurückgenommen, worauf die Chatverläufe in der Verhandlung verwendet werden konnten. Ein Auszug aus diesen über den noch nicht vorbestraften Landschaftsbauer aus dem Tatzeitraum von über einem Jahr bis Anfang 2022 mit Lieferanten aus den Niederlanden: „Hallo, 10000 (Euro), der Junge kann nach Backnang kommen.“ Der bereits vorbestrafte Gastronom zum hauptangeklagten Landschaftsbauer: „Die 100 waren gleich weg, bis 14 Uhr noch mal 20 Cola (Kokain). „Gutes“, so hatten Rauschgiftfahnder berichten können, bedeute „Kokain mit Champagnerqualität“, was mit Laboruntersuchungen beim Landeskriminalamt mit 70-prozentigem Reinheitsgehalt übereinstimmte. Mit „Schoko“ waren Haschischbrocken gemeint und „Schampe“ bedeutete Amphetamin.

Über 70 Anklagepunkte wurden fallen gelassen

Eingestellt gegen Geständnisse hat die neunte Strafkammer unter Vorsitz von Richter Rainer Gless zwar etliche der über 70 Anklagepunkte, aber nur diejenigen, die sich sowieso nicht groß auf das Strafmaß auswirken können. Die Aussage eines 34-jährigen Zeugen aus Auenwald bei der Polizei konnte die Kammer aufgrund der Geständnisse das Gericht verlesen lassen: Er kenne den angeklagten Landschaftsbauer, weil er bei diesem mal angestellt gewesen sei und habe diesem einen Kontakt für ein Kilogramm Amphetamin vermittelt. An einer Backnanger Tankstelle sei dann die Übergabe gewesen und er sei mit diesem Angeklagten noch in dessen Lager gefahren. „Alle, die ihn kannten, sagten, er soll damit aufhören, denn es gehe hier ja auch um die Ehefrau und das gemeinsame Kind. Die von der Polizei abgeernteten Cannabis-Plantagen im Haus dieser Familie, so der Zeuge weiter, habe er nicht gesehen.

Damit war das Gericht am Ende der Beweisaufnahme angelangt und die erste Staatsanwältin Christine Würthwein konnte ihr Plädoyer abhalten. Zu der Verkehrskontrolle, bei welcher die Polizei den Landschaftsbauer mit Amphetamin und einem angerauchten Joint im Auto erwischt hat, brauchte sie nicht mehr viel zu sagen. Die polizeilichen Durchsuchungen und die Telefonüberwachungen, die damit begannen, sprachen für sich.

Den Landschaftsbauer will die Anklägerin mit sechs Jahren Gefängnis bestraft sehen und den Gastronomen mit vier Jahren und drei Monaten. Einweisungen in eine Entziehungsanstalt stellt sie sich nicht in den Weg. Wenn die Kammer das auf zwei Jahre Therapie bejahe, sagte die Staatsanwältin, müsse der Landschaftsbauer aus ihrer Sicht jedoch zuerst einmal ein Jahr im Gefängnis absitzen. 127437 Euro Gewinn aus Drogengeschäften des Landschaftsbauers gehörten von Staats wegen eingezogen. Dasselbe gelte für den Gastronomen, der 64850 Euro Gewinn mit dem Verticken von Drogen gemacht habe. Die Anklage war ursprünglich für beide Dealer zusammen von über 300000 Euro Gewinn ausgegangen, machte aber wegen der Einstellung zahlreicher Anklagepunkte Abstriche. Die Verteidiger plädierten auf den jeweils untersten Rand der im Verständigungsgespräch ausgehandelten Strafkorridore.

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Erstellt:
11. März 2023, 06:00 Uhr

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