Verbesserungen der Bahninfrastruktur gefordert

Positionen von Politikern aus dem hiesigen Wahlkreis zum 9-Euro-Ticket und einer eventuellen Fortsetzung eines Billigtickets.

Foto: Tobias Sellmaier

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Von Ingrid Knack

Backnang. Der Backnanger SPD-Landtagsabgeordnete ist als ausgewiesener Bahnexperte bekannt. Auf die Bilanz kurz vor Ende des 9-Euro-Tickets angesprochen, fällt das Wort durchwachsen. Auf der Positivseite verbucht Gernot Gruber, dass mehr Menschen Bus, Zug und S-Bahn gefahren sind als vor der 9-Euro-Ticket-Zeit. Organisatorisch sei das Lösen des Tickets an den Fahrkartenautomaten sehr gut umgesetzt worden. „Positiv ist auch, dass bei den Jahreskarten die Rückvergütung ohne Antragstellung umgesetzt wurde und dass diejenigen, die den Nahverkehr finanzieren, auch von dem günstigen Ticket profitiert haben“, sagt er.

Und: „Wer mit dem Zug an ein Ziel außerhalb des VVS-Verbundgebiets gefahren ist, musste sich nicht mit den anderen Regeln anderer Verkehrsverbünde für die Fahrt mit Bus oder Straßenbahn beschäftigen – was Zeit und Geld gespart hat.“

Überlastung der Bahn

Auf der Negativseite listet er auf: „Es war absehbar, dass das 9-Euro-Ticket zur Überlastung viel befahrener Strecken führen würde. Ich habe selbst auf der Fahrt von Backnang nach Murrhardt erlebt, dass Fahrgäste mit mitgeführtem Rad aus dem Zug nach Nürnberg wegen Überlastung aussteigen mussten.“ Die Bahn habe einen Ersatzdoppelstockzug auf die noch stärker überlastete Bodenseelinie abgezogen und die Kapazitätsprobleme auf der Murrbahn dadurch noch verschärft. Das instabile Bahnsystem mit gravierenden Mängeln in der Infrastruktur (Weichen, Stellwerke, Signalanlagen, kaputte Toiletten in den Zügen) sei mit dem Zuwachs an Fahrgästen oft nicht zurechtgekommen. Grubers Fazit: Entscheidend sei, dass der ÖPNV wieder verlässlicher werde – vor allem für die Menschen, die darauf angewiesen seien, pünktlich zur Arbeit oder zur Schule zu kommen.

„Hier ist die Bahn gefordert, die Infrastruktur besser zu warten und auszubauen, und die öffentliche Hand ist bei der Finanzierung gefordert – in eine Bahn, die im Staatseigentum bleiben muss.“ Überdies ist Gruber überzeugt: „Der große Vorteil eines verbundübergreifenden Nahverkehrstickets sollte in eine Lösung mit einem geförderten, aber doch realistischeren Preis abgebildet werden, um das umweltfreundliche Bahnfahren zu unterstützen, das Bahnsystem und die Steuerzahler aber nicht zu überlasten.“

Kein Geld für Bahnausbau

Die CDU-Bundestagsabgeordnete Inge Gräßle aus dem hiesigen Wahlkreis sagt: „Die Bürgerinnen und Bürger haben das 9-Euro-Ticket gerne angenommen. Es hat mich gefreut zu sehen, dass viele es genutzt haben in diesem langen Sommer. Aber es waren halt nur Mitnahmeeffekte: Autofahrten wurden nicht weniger, ,echte‘ neue Kunden Fehlanzeige. Die Bahn operiert am Anschlag, weil für die wirklichen Bahnprobleme – Schienenausbau, besseres Zugmaterial – kein Geld da ist. Ich will, dass diese Probleme behoben werden: Also Ausbau der Murrbahn statt weiter billige Tickets auf schlechten Schienen.“

Nadine Schmid, persönliche Mitarbeiterin im Landtagsbüro von Ralf Nentwich, der gerade im Urlaub ist, erklärt: „Perspektivisch könnte dieses Angebot den Anreiz geschaffen haben, auch langfristig auf den ÖPNV umzusteigen. Vom Bund erwarten wir einen tragfähigen und nachhaltigen Vorschlag für eine Nachfolgeregelung des 9-Euro-Tickets. Ein günstiges Ticket ist sinnvoll, um weiterhin den ÖPNV zu nutzen. Allerdings muss dieser dringend ausgebaut werden, attraktiv und verlässlich sein.“

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Erstellt:
29. August 2022, 06:00 Uhr

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