Verbesserungen erst nach Corona? Streit ums mobile Arbeiten

dpa Berlin. Viele sprechen von einem „Schub“, den die Krise ausgelöst hat. Und auch nach Corona wollen viele Firmen und Arbeitnehmer am verstärkten mobilen Arbeiten festhalten. Die Koalition hat aber bisher keine gemeinsame Position zu gesetzlichen Anpassungen.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will ein gesetzlich verankertes Recht auf Homeoffice. Foto: Kay Nietfeld/dpa

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will ein gesetzlich verankertes Recht auf Homeoffice. Foto: Kay Nietfeld/dpa

Es ist eine Folge der „neuen Normalität“ in Corona-Zeiten, die Millionen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern betrifft.

Sie arbeiten derzeit nicht in ihren Büros oder im Betrieb, sondern von zu Hause aus oder von unterwegs. Im Ziel sind sich Union und SPD einig: Regelungslücken sollen geschlossen, mobiles Arbeiten erleichtert werden. In den Konzepten aber gibt es große Unterschiede. Kommen Verbesserungen im Steuer- oder Arbeitsrecht erst nach der Bundestagswahl im Herbst 2021 und dann möglicherweise erst in der „Post-Corona-Zeit“?

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will ein gesetzlich verankertes Recht auf Homeoffice. Das lehnen Wirtschaftsverbände und die Union aber ab. Nun gibt es einen Gegenentwurf aus der Unions-Bundestagsfraktion.

In einem Papier des Arbeitskreises Zukunft der Arbeit heißt es: „Obwohl mobile Arbeit bei immer mehr Tätigkeiten möglich ist, verhindern Unsicherheit über rechtliche Fragen und wirtschaftliche Folgen bei Arbeitnehmern wie Arbeitgebern eine noch schnellere Verbreitung.“

In dem Papier werden etwa Änderungen bei Arbeitszeit-Regelungen vorgeschlagen. Mobiles Arbeiten zahle sich für Arbeitnehmer nur dann besonders aus, wenn sie ihre Arbeitszeiten ganz oder teilweise selbst bestimmen und flexibel handhaben könnten: „Das ist insbesondere für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie eine enorme Verbesserung.“

Konkret sollen Arbeitnehmer für die Stunden mobilen Arbeitens von geltenden Arbeitszeit-Regelungen abweichen können, die gesetzlichen wöchentlichen Höchstarbeitszeiten aber unverändert bleiben - sprich: An einem Tag soll länger gearbeitet werden können, am anderen weniger. Zugleich aber sollen Zeiten der Nicht-Erreichbarkeit festlegt werden. Technische Lösungen über Smartphones und Computer sollen dabei helfen, etwa neue Mails vorübergehend zu blockieren.

Weiter geht es um steuerliche Entlastungen. Mobiles Arbeiten spare einerseits Zeit, Verkehr und CO2, heißt es im Papier. Andererseits entstünden Kosten etwa für Breitbandzugänge oder Materialien. Dafür gebe es schon heute die Regelungen zur Anerkennung eines Arbeitszimmers bis zur Höchstsumme von 1250 Euro. Künftig solle der Arbeitgeber mobil Arbeitenden Kosten steuerfrei ersetzen dürfen, selbst wenn einzelne Elemente wie ein Breitbandanschluss auch privat mitgenutzt werden. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Heilmann sagte, der Arbeitgeber bezahle den Breitbandanschluss - der Arbeitnehmer dürfe aber dennoch privat Netflix schauen.

Der Unions-Arbeitskreis will außerdem Lücken beim Unfallversicherungsschutz schließen. Mobil Arbeitende sollten künftig im gleichen Umfang Versicherungsschutz genießen wie bei einer Tätigkeit in der Unternehmensstätte.

Das Papier des Arbeitskreises ist innerhalb der CDU/CSU-Bundestagsfraktion noch nicht abgestimmt. Heilmann sagte, es gebe in der Fraktion großen Konsens, zu einzelnen Punkte aber noch Beratungsbedarf. Und auch zu den SPD-Plänen gibt es große Unterschiede. Heilmann erwartet deswegen keine Lösung noch in dieser Legislaturperiode, also bis zur Bundestagswahl im Herbst 2021. Viele Regelungen seien auch für die „Post-Corona-Zeit“ gedacht.

SPD-Minister Heil will einen gesetzlichen Anspruch auf mobile Arbeit beziehungsweise Homeoffice. Grundsätzlich sollen Beschäftigte bei einer 5-Tage-Woche 24 Tage im Jahr mobil oder im Homeoffice arbeiten dürfen − vorausgesetzt, die Tätigkeit eignet sich grundsätzlich dafür und es sprechen keine betrieblichen Gründe zwingend dagegen.

SPD-Fraktionsvize Katja Mast sagte am Dienstag: „Nach monatelangen Diskussionen befasst sich jetzt auch die Unionsfraktion mit dem Thema, das begrüße ich. Die SPD-Fraktion ist jederzeit gesprächsbereit.“ Gleichzeitig sagte sie, mobiles Arbeiten dürfe die Grenzen zwischen Erwerbsarbeit und Privatleben nicht verwischen. „Arbeit von Zuhause darf keine 24-Stunden-Schichten bedeuten, Feierabend ist Feierabend.“

In einem Positionspapier der Gewerkschaft IG Metall heißt es, eine Umfrage zeige, dass ein Großteil der Büro-Angestellten auch nach Corona mobil arbeiten wolle. Derzeit aber zahlten die Beschäftigten drauf: „Sie schaffen Monitore an, rüsten bei der Internet-Bandbreite auf. Nur die wenigsten Arbeitgeber beteiligen sich an den Kosten.“ Arbeitgeber müssten außerdem die geleistete Arbeitszeit erfassen und dokumentieren. „Derzeit arbeiten viele Beschäftigte zuhause länger, als es ihr Arbeitsvertrag vorsieht.“

© dpa-infocom, dpa:201027-99-101337/2

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Erstellt:
27. Oktober 2020, 15:33 Uhr

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