Unfassbarer Naturfrevel
Verdächtige Bohrlöcher: Immer mehr Bäume in Hessen vergiftet
Nach Frankfurt, Limburg und Butzbach folgt Riedstadt. Dort sind gleich zehn Bäume mit Glyphosat vergiftet worden - darunter ein Naturdenkmal.

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Eine Birke in Hünfelden (Hessen) weist ein kreisrundes Loch auf. Ein Unbekannter hatte den Baum angebohrt und vergiftet (Archivfoto).
Von Markus Brauer/dpa
Frankfurt, Limburg, Butzbach und nun Riedstadt: Die Fälle von mutwilligen Baumvergiftungen in Hessen in den vergangenen Wochen mehren sich. Die unbekannten Täter gehen dabei häufig nach dem gleichen Muster vor: Sie bohren Löcher in die Baumstämme und spritzen dann eine giftige Flüssigkeit, oft Glyphosat, hinein.
Nun das gleiche traurige Spiel in Riedstadt (Kreis Groß-Gerau). Allerdings auch in einem größeren Ausmaß: Gleich zehn Bäume wurden dort auf einmal vergiftet. Darunter auch die sogenannte Karl-Spengler-Eiche, ein Naturdenkmal und mehr als 200 Jahre alt. Bereits Anfang Juni bemerkten laut Stadt Mitarbeiter der Fachgruppe Umwelt die Schadbilder - zunächst an drei Eichen.
Acht Eichen, ein Walnussbaum, eine Rosskastanie
Zunächst war man seitens der Stadt von Trockenstress und Schädlingsbefall ausgegangen. Das Ergebnis einer Überprüfung zeige nun allerdings: Die Bäume wurden mit Glyphosat vergifte. Betroffen sind laut Angaben der Stadt acht Eichen, ein Walnussbaum und eine Rosskastanie.
"Diese planvolle Zerstörungswut gegen so wunderbare Naturdenkmäler macht mich fassungslos", sagt Bürgermeister Marcus Kretschmann. Die Stadt setze alles daran, den Täter zu finden. Sie habe Anzeige gegen Unbekannt erstattet, erklärte sie.
Weitere Fälle in Wetzlar 2024
Zuletzt wurde eine Baumvergiftung in Butzbach im Wetteraukreis bekannt. Zuvor mussten in Frankfurt zwei Platanen gefällt werden, weil sie vergiftet worden waren. Die Stadt Limburg hatte in der vergangenen Woche nach einer vermutlich gezielten Schädigung mehrerer Bäume auf einem Spielplatz Anzeige erstattet.
Auch Wetzlar berichtet auf Anfrage von solchen Zerstörungen in der Vergangenheit: So habe es bisher drei Fälle von Baumvergiftungen und -beschädigungen in der Stadt gegeben. Eine Möglichkeit zur Prävention sieht man in Wetzlar jedoch nicht. "Wenn der Baum zu stark geschädigt ist, bleibt nur die Entnahme."
NABU pocht auf Neupflanzungen
Über mögliche Motive für Beschädigung von Bäumen im öffentlichen Raum rätselt Berthold Langenhorst vom Naturschutzbund (NABU) Hessen. Aus Sicht des Naturschutzes sei aber klar, was Stadtverwaltungen nach Giftanschlägen auf Bäume tun sollten. "Dort sofort neue Bäume pflanzen." Für die Anpassung an den Klimawandel würden sie als "Luftkühler" eine wichtige Aufgabe in Städten übernehmen.
"Die dicke Rinde von Bäumen ist eigentlich ein guter Schutz vor dem Gift", erklärt Langenhorst. Über Bohrlöcher injiziert, verteile es sich allerdings über die Leitbahnen von Wasser und Nährstoffen schnell im ganzen Baum. Das Gift verhindere die Bildung von lebensnotwendigen Enzymen, was zum Wachstumsstillstand, zum Verwelken der Blätter und schließlich zum Tod des Baumes führen könne.
Das Vergiften von Bäumen ist laut Polizei strafbar. Die Sachbeschädigung kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft werden.