Verein Via Backnang: Neue Gesprächsreihe über Inklusion und Migration

Von Florian Muhl

Auenwald. „Wir sind... eine bunt gemischte Truppe von Menschen zwischen fünf und 68. – Wir wollen... Inklusion in verschiedensten Bereichen ermöglichen. – Wir brauchen... Dein Interesse, Deine Stimme, Deinen Geldbeutel... und sooo vieles mehr!“ Mit diesen Worten stellt sich der eingetragene Verein Via Backnang auf seiner Homepage kurz und bündig selbst vor. Auf Internetseite „Wir über uns“ wird diese Vorstellung noch konkretisiert. Da heißt es beispielsweise: „Wir sind jemand mit Brille, mit russischem Akzent, mit Rollstuhl, mit Locken, Großes, Kleines.“

Das Ziel des im Juli 2020 gegründeten Vereins ist es, Inklusion zu leben, und zwar mit folgenden Mitteln: „Mit einem Lächeln im Gesicht Menschen zusammenbringen, gemeinsam Sachen erreichen, die man allein nicht schaffen würde, Möglichkeiten der Annäherung bieten, die sonst Vorurteile beinhalten würden, eine Plattform geben, sich offen und ehrlich zu begegnen.“

„Jochen Heigoldt, der Chef der Vioneers in Backnang, und ich hatten zusammen die Idee, eine Reihe ins Leben zu rufen, die ,Auf ein Glas mit...‘ heißt, wo man unterschiedlichste Menschen dazu einlädt, die über ihr Leben berichten und so helfen, Vorurteile oder Hemmschwellen abzubauen“, erzählt Birgit Kneiser. „Uns war es wichtig, dass sich das Ganze in einem schönen Rahmen abspielt, damit man mit einem sehr guten Gefühl am Ende aus so einer die Veranstaltung wieder herausgeht“, so die Vereinsvorsitzende, die 25 Jahre lang Lehrerin an der Bodelschwinghschule Murrhardt war.

„Der Abend war toll, die Leute waren total begeistert“

Über eine Freundin der Unterbrüdenerin hat der Verein als ersten Gesprächspartner Florian Sitzmann engagieren können. Der Behindertensportler und Buchautor hatte mit 15 einen Motorradunfall und dabei seine beiden Beine verloren. „Wir hatten dazu im Winespot die Weinkisten in der Mitte des Ladens ausgeräumt und haben dort eine Bühne installiert und eine Technik besorgt, dass man mit dem Florian ein Interview machen kann und ein schönes Licht hat“, schildert Kneiser die Vorbereitungen zur Premierenveranstaltung. Aber das alles sei mit sehr viel Aufwand verbunden gewesen. Lohn der Bemühungen: „Der Abend war toll, die Leute waren total begeistert und haben gesagt, sie wollen gleich informiert werden, wenn so was wieder stattfindet“, erinnert sich die Vorsitzende.

„Beim zweiten Mal haben wir dann von der TSG Stühle ausgeliehen, 40 Personen hatten damals dann Platz“, berichtet Birgit Kneiser. Gast der zweiten Veranstaltung war Kai Bosch, der als Stotterer den baden-württembergischen Landespreis im Poetry Slam gewonnen hat. „Die ganze Sache ist für uns mit so viel logistischem Aufwand verbunden und wir machen das alles ehrenamtlich bei uns im Verein mit 14 Mitgliedern. Und davon sind allein schon fünf mit einer Beeinträchtigung, also da haben wir nicht so viel Manpower, dass wir da immer richtig anpacken können“, bekennt die Vorsitzende. Aus diesem Grund habe sich der Verein schweren Herzens dazu entschlossen, den Veranstaltungsort zu wechseln.

Nach ihrer Lehrtätigkeit an der Bodelschwinghschule Murrhardt war die Vereinsvorsitzende immer im Bereich der Inklusion tätig gewesen. Sie war eine Zeit lang in der Grundschule Maubach, dann in der Mörikeschule, wo sie jeweils Außenklassen hatte. „Exklusive Inklusion ist mein Anliegen: Möglichkeiten der Begegnung in möglichst exklusiver Umgebung bieten, um Barrieren abzubauen“, sagt Birgit Kneiser. „Ich versuche es aber zu vermeiden, es zu benennen. Meine Theorie ist immer: Wo Inklusion drauf steht, ist Behinderung drin und das hält sehr viele Menschen ab“, so die Erfahrungen der Pädagogin.

Kommen, eine gute Zeit haben und erfahren, wie schön das Leben sein kann

Aus diesem Grund hat der Verein bei einer Veranstaltung im Rahmen der Mu5ikmaile 2023 wie folgt gehandelt: „Wir haben Anfang des Jahres das Parkhaus-Konzert gemacht beim Windmüller und da sind zwei Acts mit Behinderung aufgetreten und zwei ohne, das wird aber vorher nicht bekannt gegeben“, erklärt Birgit Kneiser. Nach dem Motto: „Kommt her, habt ne gute Zeit, erfahrt, wie schön das Leben sein kann, gerade von Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung, die einfach richtig toll feiern können.“

„Inklusion zu fördern ist eines der höchsten Ehrenämter, die gelebt werden können, denn es ermöglicht ein Miteinander ohne Barrieren und mit viel gegenseitigem Verständnis“, meint Frank Nopper. „Schon als Schirmherr der Backnanger Mu5ikmaile 2019 konnte ich mich vom grandiosen Engagement von Via Backnang überzeugen. Daher sende ich aus dem Stuttgarter Rathaus die besten Grüße für dieses großartige Engagement!“, so der ehemalige Oberbürgermeister Backnangs mit einem kleinen Grußwort auf der Homepage des Vereins.

Bei der dritten Runde „Auf ein Glas mit...“ geht es nicht um Inklusion, sondern um Migration. Als Gastredner kommt Hasnain Kazim am Dienstag, 19. September, nach Backnang. Der Sohn indisch-pakistanischer Einwanderer wird aus seinem „Mein Kalifats-Kochbuch“ (vor-)lesen. Die Veranstaltung im Backnanger Bürgerhaus (Foyer oder Fritz-Schweizer-Saal) beginnt um 19 Uhr (Einlass: 18.30 Uhr). „Die 40 Plätze, die wir bei der zweiten Veranstaltung hatten, sind schon vergeben. Wir wollen diesmal versuchen, Platz für 100 Besucherinnen und Besucher anbieten zu können“, sagt Kneiser. Der Eintritt kostet 29 Euro inklusive Getränke und Speisen. Anmeldung per E-Mail unter: events@via-backnang.de.

Weitere Gäste noch in diesem oder den nächsten Jahren: die Kauffrau, Influencerin und Mutter ohne Beine Hülya Marquardt aus Unterweissach, die auch Vereinsmitglied ist, und prominente Sportler wie der kleinwüchsige Matthias Mester (geplant).

Leserpreis In einer Serie stellen wir die zehn Kandidaten aus unserem Verbreitungsgebiet vor, die beim Bürgerpreis Rems-Murr für den Leserpreis der Backnanger Kreiszeitung und der Murrhardter Zeitung nominiert sind. Abstimmen für den eigenen Favoriten kann man vom 8. bis 17. September direkt hier.