Vereinsheim des SV Unterweissach wird teurer als erwartet

Die Kosten für den Neubau des Fußballvereinsheims des SV Unterweissach sind durch den Einbau einer Lüftungsanlage und Preissteigerungen bei mehreren Gewerben um rund 158000 gestiegen. Die Gemeinde greift dem Verein unter die Arme. Im Gemeinderat sorgt das auch für Kritik.

Der Neubau des Fußballvereinsheims ist mittlerweile weit vorangeschritten. Foto: Tobias Sellmaier

© Tobias Sellmaier

Der Neubau des Fußballvereinsheims ist mittlerweile weit vorangeschritten. Foto: Tobias Sellmaier

Von Melanie Maier

Weissach im Tal. Der Bau des neuen Fußballvereinsheims des SV Unterweissach hat in der jüngsten Sitzung des Weissacher Gemeinderats für Diskussionen gesorgt. Der Tagesordnung zufolge sollte das Gremium von den Baufortschritten und der Kostenentwicklung zwar nur Kenntnis nehmen, doch die aktuellen Entwicklungen stießen mehreren Rätinnen und Räten sauer auf. Denn die Kosten des Neubaus, an denen sich die Gemeinde beteiligt (siehe Infobox), sind durch Preissteigerungen bei den Verputzarbeiten sowie bei den Gewerken Stahlbau und Elektro (insgesamt rund 55.000 Euro Mehrkosten) stark gestiegen, worüber der Rat erstmals informiert wurde. Um die Vorgaben der Energieeinsparverordnung einhalten zu können, musste zudem eine Lüftungsanlage mit Luftwärmepumpe zur Wärmerückgewinnung eingebaut werden, was in der ursprünglichen Planung nicht vorgesehen war. Die Mehrkosten dafür betragen rund 102.400 Euro.

Um die Bauarbeiten fortführen zu können, sei es nötig, das Darlehen des Vereins um rund 158.000 Euro zu erhöhen beziehungsweise ein zusätzliches Darlehen abzuschließen, hieß es in der Sitzungsvorlage. Momentan finanziere der Verein die Mehrkosten über einen kurzfristig in Anspruch genommenen Dispositionskredit, um den Baustopp zu vermeiden. Die Gemeinde wird den Mehrbetrag für Tilgung und Zins in Höhe von 9500 Euro analog zu den Zahlungen für das bestehende Darlehen über einen Zeitraum von 30 Jahren jährlich an den Verein überweisen.

Ungefähr 3.650 Arbeitsstunden hat der Verein beim Neubau selbst geleistet

Der Neubau des Vereinsheims ist mittlerweile weit vorangeschritten. Sowohl der Sport- und Sanitärbereich im Untergeschoss als auch der Gastronomiebereich im Erdgeschoss können bereits genutzt werden. In den kommenden Wochen stehen nur noch Restarbeiten am Balkon, an der Fassade und im Gebäude an. „Im Januar war der Jubel groß: Da konnten wir zum ersten Mal wieder das Training normal abhalten“, berichtete Oliver Weber vom SVU, der mit zwei weiteren Vorstandsmitgliedern in der Sitzung war, um über den aktuellen Stand zu informieren.

Er sei „gottfroh“, fügte er hinzu, dass das Vereinsheim schon im vergangenen Jahr zum größten Teil gebaut wurde – jetzt mit dem Neubau zu beginnen, hätte sich der SVU in Anbetracht der höheren Bau- und Materialkosten nicht leisten können. Um die Kosten für den Neubau gering zu halten, haben die Vereinsmitglieder bisher ungefähr 3.650 Arbeitsstunden selbst geleistet. „Wir haben wirklich bei allem Hand angelegt, wo wir Hand anlegen durften und konnten“, führte Weber aus.

Unverständnis für die Mehrkosten

Dem zollten die Gemeinderätinnen und Gemeinderäte Respekt. Die angekündigten Mehrkosten stießen allerdings auf Verwunderung, teils auch auf Unverständnis. „Wie konnte eine Belüftungsanlage übersehen werden? Da ist ja sicher irgendetwas schiefgelaufen“, hakte etwa Dietmar Schönberger (SPD) nach. Durch die Pandemie, so die SVU-Vorstände, seien plötzlich Auflagen da gewesen, von denen vorher keiner etwas gewusst habe. Heike Oesterle (UBL) sagte, sie finde es einen „sehr schlechten Stil“, derartig große Summen im Nachhinein bei der Gemeinde anzumelden: „Sie hätten schon mal Laut geben können.“ Die Gemeindeverwaltung, hieß es vom SVU, sei die ganze Zeit informiert gewesen. „Dann gebe ich das an die Gemeindeverwaltung weiter“, wandte Oesterle ein. „Denn das schafft Unmut – auch unter uns.“

Jan Hutzenlaub (LWB) erkundigte sich nach den Kosten für die Lüftungsanlage, die die SVU-Vorstände mit rund 60000 Euro für das Erdgeschoss und mit rund 40.000 Euro für das Untergeschoss beziffert hatten: „Ich dachte, die Vereinbarung war, dass die Gemeinde nur am Untergeschoss beteiligt ist.“ Er bat den SVU, eine Excel-Tabelle mit allen Kostenpunkten nachzuliefern, um die Ausgaben besser nachvollziehen zu können.

Sein Fraktionskollege Thomas Obermüller wünschte sich, der Gemeinderat werde in Zukunft nie wieder die Entscheidung treffen zu sagen: „Den Rest zahlen wir.“ Er sei dafür, solche Zuschüsse der Gemeinde zu deckeln. „Wir stehen auch in der Pflicht den Bürgern gegenüber, die nicht Fußball spielen“, sagte er. Dabei gehe es in keiner Weise darum, die Leistungen des SVU infrage zu stellen. Carl Höfer (CDU/ FWV) erwiderte, es solle kein Gegeneinander der Vereine geben. Die Gemeinde unterstütze jeden Verein, solange sie es sich leisten könne. „Wir verlangen von jedem Verein, finanziell an die Grenze zu gehen. Aber der Verein kann das Geld nicht in die Hand nehmen, wenn er nicht weiß, ob die Gemeinde ihn unterstützt.“ Die vorangegangene Kritik könne er zum Teil nicht nachvollziehen, sagte Höfers Fraktionskollege Günter Sanzenbacher. Die Eigenleistung des SVU finde er „absolut grandios“. Er bedankte sich „von ganzem Herzen bei der Gruppe, die da oben Hand angelegt hat, anstatt Zeit mit der Familie im Freibad zu verbringen“.

Abstimmen durften die Räte nur über Änderungen des Bebauungsplans

Der Tagesordnungspunkt stand nicht zur Abstimmung. Votieren durften die Räte und Rätinnen dagegen über die Änderung des Bebauungsplans der Unterweissacher Sport- und Freizeitanlagen. Sie war zum einen nötig, weil eine Physiotherapiepraxis in das Fußballvereinsheim eingezogen ist – eine weitere Einnahmequelle für den SVU. Der nachträgliche Bauantrag dafür war Mitte des vergangenen Jahres eingereicht worden. Zum anderen sollten die rechtlichen Voraussetzungen für den Neubau des Tennisvereinsheims geschaffen werden. Denn das war bisher auf einer nicht überbaubaren Fläche geplant. Man habe die Bebauungsplanänderungen zusammengefasst, um unnötige Ausgaben zu vermeiden, erklärte Bauamtsleiter Markus Stadelmann.

Heike Oesterle wollte wissen, wer die Kosten dafür trage. Stadelmann sagte, es sei vereinbart worden, dass der SVU diese übernehme. Bürgermeister Daniel Bogner warf ein, dass der Beitrag des SVU an der Gesamtmaßnahme Vereinsheim (Planung und Bau) auf 300.000 Euro gedeckelt sei – etwaige Mehrkosten müsse die Gemeinde tragen. Jan Hutzenlaub wies darauf hin, es sei eigentlich Usus, dass derjenige den Bebauungsplan bezahle, der ein Interesse daran habe, dass er aufgestellt werde: „Ich hätte gerne, dass es keine Ungleichbehandlung gibt bei der Kostenübernahme.“ Dietmar Schönberger kritisierte, der Rat müsse im Nachhinein etwas absegnen, das schon laufe: „So ganz zufrieden bin ich damit nicht.“

Sechs Enthaltungen im Gemeinderat

Irmgard Hestler (SPD) erkundigte sich nach den Kosten für die Bebauungsplanänderung. Jochen Roos vom Büro Roosplan sagte, er gehe von insgesamt maximal 10.000 Euro für den neuen Bebauungsplan sowie die Verfahrensdurchführung aus. Dem Aufstellungs- sowie dem Auslegungsbeschluss stimmte der Gemeinderat einstimmig zu (jeweils sechs Enthaltungen).

So viel kostet das Fußballvereinsheim des SV Unterweissach

Erdgeschoss Die Kosten für den Neubau des Fußballvereinsheims wurden auf insgesamt rund 1,2 Millionen Euro veranschlagt. Davon entfallen rund 300.000 Euro auf den Gastronomiebereich im Erdgeschoss, an dessen Bau sich die Gemeinde allerdings nicht beteiligt. Die Ausgaben für den Gastronomiebereich soll sich, getrennt vom Sportbereich, über die Pacht finanzieren.

Untergeschoss Für den Neubau des Untergeschosses, in dem sich Umkleiden und sanitäre Einrichtungen befinden, wurde mit rund 900.000 Euro gerechnet. Der Gemeinderat hat im Mai 2019 beschlossen, dass sich der SV Unterweissach Fußball mit bis zu 300.000 Euro daran beteiligen muss. Als Versicherungsleistung kann der SVU dafür 200.000 Euro einbuchen, darüber hinaus gibt es eine Förderung vom Württembergischen Landessportbund. Die fehlende Summe erhält der Verein über eine jährliche Vereinsförderung der Gemeinde, die der Höhe der jährlichen Tilgungs- und Zinsbelastung des Vereins für das aufgenommene Darlehen entspricht. Aufgrund der entstandenen Mehrkosten kommen nun noch einmal 9.500 Euro jährlich hinzu.

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Erstellt:
10. August 2022, 06:00 Uhr

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