Viel mehr als Gebärdensprache dolmetschen

Matty Waffenschmidt ist Gebärdensprachdolmetscherin und Koordinatorin für Gebärdensprachkompetenz in der Paulinenpflege.

Der Austausch der Dolmetscherinnen untereinander ist für Matty Waffenschmidt von der Paulinenpflege wichtig. Foto: privat

Der Austausch der Dolmetscherinnen untereinander ist für Matty Waffenschmidt von der Paulinenpflege wichtig. Foto: privat

WINNENDEN (pm). Wer schon mal an Veranstaltungen der Paulinenpflege Winnenden teilgenommen hat, kennt ihr Gesicht: Seit November 2018 ist Matty Waffenschmidt nämlich eine von drei Gebärdensprachdolmetscherinnen der diakonischen Einrichtung. Die Paulinenpflege kennt sie allerdings schon länger, denn Matty Waffenschmidt hat bereits ihr Orientierungspraktikum im ersten Semester unter anderem im Berufsbildungswerk Winnenden absolviert. Und passgenau zum Ende ihres Studiums zur Gebärdensprachdolmetscherin an der Hochschule Magdeburg-Stendal war in der Paulinenpflege die passende Stelle ausgeschrieben. Seitdem ist sie nicht nur zu verschiedensten Anlässen als Gebärdensprachdolmetscherin unterwegs, sondern auch Koordinatorin für Gebärdensprachkompetenz in der Paulinenpflege. Dieser Mix aus Dolmetschen und Projektarbeit gefällt ihr: „Ich schätze die Vielseitigkeit meiner Aufgaben sehr und dass ich dadurch mit vielen total verschiedenen Menschen in Berührung komme“, freut sich Waffenschmidt.

Ihr erstes Projekt war mit „Gebärdensprache in der Paulinenpflege fördern“ überschrieben. Anlass hierfür war die Wahrnehmung, dass in der Paulinenpflege in den letzten Jahren zu wenig Gebärdensprache genutzt wurde und die Gebärdensprachkompetenz bei den Mitarbeitern teilweise gesunken ist. „Als Ursachen kann Folgendes festgestellt werden: Gebärdensprache wird verlernt, weil weniger gehörlose Klienten zu uns kommen beziehungsweise weniger gehörlose Schüler und Azubis kommen zu uns, weil die Mitarbeiter zu wenig Gebärdensprache können“, erklärt Waffenschmidt den Teufelskreis aus Ursache und Wirkung.

Um diesen Kreis zu durchbrechen und konstruktiv an der Gebärdensprachkompetenz zu arbeiten und weiter zu stärken, hat die Gebärdensprachdolmetscherin zunächst einige Hospitationen in den verschiedenen Arbeitsbereichen der Paulinenpflege, zum Beispiel in der BBW-Ausbildung, in der Schule beim Jakobsweg oder in den Wohnangeboten Behindertenhilfe gemacht. Zudem wurde ein Projektteam mit hörenden und gehörlosen Kollegen gebildet: „Wir haben dort dann die Bedarfe und Wünsche gesammelt. So konnten wir Angebote optimieren beziehungsweise auch neue einführen. Ein gutes Fundament ist ja schon seit vielen Jahren vorhanden, nun ging es darum, darauf weiter aufzubauen.“

Und so wurden die Gebärdensprachkurse zum Beispiel um Auffrischungskurse erweitert. Diese bestehen aus drei Einheiten, die an verschiedenen Standorten der Paulinenpflege angeboten werden. Oder es gibt eine offene Sprechstunde bei Matty Waffenschmidt und ihren zwei Dolmetscherkolleginnen Annie Haas und Jana Zartmann: „Hier können Mitarbeiter ganz individuelle Fragen stellen und sich Rat holen, wenn sie zum Beispiel nicht wissen, wie sie einen komplizierten Lerninhalt im Unterricht oder in Ausbildung gebärden sollen.“ Zudem soll es bei den Angeboten zur Stärkung der Gebärdensprachkompetenz nicht nur um die Sprache selbst gehen, bei weiteren geplanten Fortbildungsangeboten geht es auch um den Umgang mit und die Kultur und die Identität von gehörlosen Menschen. Und zu den Face-to-Face-Angeboten gibt es ab Herbst auch ein neues E-Learning-Modul. Hier bekommen neue Mitarbeiter einen Kurzeinblick in die Gebärdensprache und die Welt der Gehörlosen. Dieses Modul ist in Zusammenarbeit mit Martin Kuhn von der BBW-Medientechnik unter Mitwirkung der gehörlosen Kollegin Annette Bach entstanden.

Zusammenarbeit mit anderen Dozentinnen.

Genau diese Zusammenarbeit mit gehörlosen Dozentinnen schätzt Matty Waffenschmidt besonders: „Es bereichert meine Arbeit sehr, wenn ich mit Muttersprachlerinnen über die Gebärdensprache und deren Sichtweisen sprechen kann. Die gegenseitige Unterstützung bringt beide Seiten weiter.“ Genau so geht es ihr mit ihren Dolmetscher-Kolleginnen: „Wir sind ein tolles Team und können anders miteinander arbeiten als selbstständige Gebärdensprachdolmetscherinnen. Der Austausch untereinander ist uns sehr wichtig“.

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Erstellt:
17. August 2020, 06:00 Uhr

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