Völlig gegenläufige Schilderungen der Beteiligten

24-Jähriger muss sich wegen Vergewaltigung vor dem Stuttgarter Landgericht verantworten, beteuert aber seine Unschuld

Von Bernd S. Winckler

WAIBLINGEN/STUTTGART. Wegen Vergewaltigung einer jungen Internatsschülerin muss sich seit gestern ein 24-jähriger Pizzabäcker aus Waiblingen vor dem Stuttgarter Landgericht verantworten. Der Mann soll am späten Abend des 13. Juli dieses Jahres die Frau auf deren Heimweg in der Max-Eyth-Straße unweit des Waiblinger Bahnhofs verfolgt, sie festgehalten und sich an ihr vergangen haben, was der 24-Jährige allerdings energisch bestreitet.

Die Anklage vor der 19. Großen Strafkammer gegen den aus Afghanistan stammenden Mann ist vom Text her kurz, vom Vorwurf allerdings gewichtig. An jenem 13. Juli dieses Jahres habe er gegen 23 Uhr die junge Frau in der Nähe des Waiblinger Bahnhofs getroffen, als sie gerade auf dem Weg in ihr Internat war, und sie auf ein Sexabenteuer angesprochen. Er habe Geld und ein Auto und er liebe schöne Mädchen, soll er gesagt haben. Nachdem die Frau die eindeutige Offerte abgelehnt hatte, soll er sie an ihrem Handgelenk festgehalten und sie dann in Richtung eines Pizzaservices, in dem er beschäftigt war, mitgezogen haben. Und dies, obwohl sich die Frau dagegen gesträubt und gesagt habe, dass sie das nicht wolle.

Die Frau sei dann nur deshalb mitgegangen, weil der Angeklagte ihr 20 Euro und eine Dose Red Bull versprach. Nach der Übergabe des Geldes sei er dann zudringlich geworden, habe sie zu küssen versucht und es sei dann zu einer Vergewaltigung gekommen.

Alles, was die Frau sagt, sei unwahr, verteidigt sich der Beschuldigte vor der Stuttgarter Strafkammer. Er gibt an, dass das Mädchen ihn schon seit Monaten in der Waiblinger Pizzeria, in der er arbeitet, besucht und immer wieder Geld und Getränke gefordert habe. Und dies bereits seit März 2018. Mehrfach habe man sich einfach nur unterhalten. Dann habe die Frau ihm auch ihre Handynummer gegeben. Und einmal habe sie zehn Euro verlangt, die er auch bezahlt habe, so seine Aussage: „Ich habe sie behandelt wie jeden Gast“, bekundet er. Dann jedoch, an jenem Tag, um den es jetzt vor Gericht geht, habe sie von ihm plötzlich 100 Euro verlangt. Von einem Freund habe er sich 20 Euro geliehen und ihr das Geld gegeben. Danach soll sie die restlichen 80 Euro lautstark gefordert haben. Sie sei größer als er und habe sich dann ganz nah an ihn gedrückt, sodass sein Gesicht ihren Oberkörper berührte. Sie soll ihn regelrecht festgehalten haben. Mehr sei nicht geschehen, beteuert der 24-Jährige. Und an den diversen Stellen berührt habe er sie keinesfalls. Dies würde er hier auch im Namen des Koran beschwören: „Ich halte stets Abstand zu deutschen Frauen!“ Er sei nun drei Jahre in Deutschland und halte sich peinlich genau an die Gesetze.

Warum das Mädchen den Mann später angezeigt hat, ist den Stuttgarter Richtern vorerst noch ein Rätsel. Der Angeklagte wurde erst vier Wochen nach dem Vorfall von der Waiblinger Kriminalpolizei festgenommen, nachdem das Opfer dort zuvor die angebliche Vergewaltigung zu Protokoll gegeben hatte. Allerdings ließ man ihn nach einer kurzen Vernehmung wieder frei. Wochen danach dann die endgültige Festnahme und Einweisung in die Untersuchungshaft.

Mit zunächst fünf Zeugen und einem Gutachter wollen die Richter das Geschehen in der Julinacht erhellen. Vor allem ist die Frage noch offen, welche Rolle der Freund des Mädchens dabei spielte, den sie angeblich während der Vergewaltigung über Handy angerufen habe. Ebenfalls als Zeuge soll auch ein Bekannter des Angeklagten vernommen werden, weil dieser dem Pizzabäcker angeblich die 20 Euro ausgeliehen hat. Ihn soll übrigens der Freund des Opfers später in Winnenden aufgesucht und durch eine Ohrfeige erheblich verletzt haben. Die 19. Große Strafkammer des Stuttgarter Landgerichts hat insgesamt vier Verhandlungstage angesetzt. Am 18. Dezember soll das Urteil gesprochen werden. Im schlimmsten Fall drohen dem 24-Jährigen bis zu zwölf Jahre Haft.

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Erstellt:
28. November 2018, 06:00 Uhr

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