Voller Einsatz fürs Bädle

Die Burgstettener Bädleswerker setzen sich in ihrer Freizeit für die Renovierung des Schwimmbads ein. Mehr als 750 Stunden haben die Ehrenamtlichen schon mit den Handwerksarbeiten verbracht.

Fliesen legen, Elektrik installieren oder Möbel schreinern – für alle anstehenden Arbeiten finden sich ehrenamtliche Bädleswerker. Fotos: A. Becher

© Alexander Becher

Fliesen legen, Elektrik installieren oder Möbel schreinern – für alle anstehenden Arbeiten finden sich ehrenamtliche Bädleswerker. Fotos: A. Becher

Von Renate Schweizer

BURGSTETTEN. Ein himmelblau strahlender Samstag im Juli: Im Burgstettener Bädle, wie die Bewohner der kleinen Doppelgemeinde ihr Freibad liebevoll nennen, brummt’s. Nein, es sind nicht die Kinder und Jugendlichen der beiden Ortsteile Burgstall und Erbstetten, die drei Wochen vor den Sommerferien im Freibad herumtoben – es sind die Eltern und Großeltern, die sich da zu schaffen machen: Heute legen sie Bodenfliesen im Umkleidebereich. Sagenhafte 750 Arbeitsstunden haben die Ehrenamtlichen schon auf dem Buckel, seit der Entschluss gefallen ist, das kleine, idyllische Freibad der Gemeinde zu retten. Und wie viele Stunden da noch kommen müssen, weiß keiner der Bädleswerker, wie sie sich stolz nennen. Es spielt auch gar keine große Rolle für sie: Sie schaffen, bis es fertig ist, was denn sonst?!

„Ich hab hier Schwimmen gelernt“, erzählt Jörg Fischer stellvertretend für viele, „mein Vater war Wassermeister – ich bin praktisch in diesem Bad aufgewachsen. Und ich will, dass meine Kinder das auch können.“ Spricht’s und wendet sich wieder seinen Europaletten zu, die er zurecht sägt für ‚Lounge-Möbel‘ – „naja, Sitzbänkla halt…“, grinst er. Jessica Bubeck, die Schwimmmeisterin, hilft, auch sie ist jetzt in der Bauphase ehrenamtlich hier. Stolz zeigt sie auf den Kiosk nebenan: Sie haben ihn komplett renoviert, die Holzdecken heruntergerissen, Stützpfeiler entrostet, neue OSB-Platten verlegt und dann das ganze weiß und grau gestrichen. „Das sieht doch jetzt total mediterran aus“ findet sie. Oh ja, sonniger Süden in Erbstetten – Urlaub zu Hause hat man ja jetzt.

Der Fußboden im Umkleidebereich ist schon fast zur Hälfte sandgrau gefliest – Gunnar Greiner und Michael Braun knien zwischen Speiseimer und Fliesenhexe, schwitzen, frotzeln und ziehen schnurgerade Fliesenreihen, als wär’s ihr liebstes Wochenendvergnügen. „Jeder muss seinen Sandkasten finden“, feixen sie, „und das da ist eben unserer!“ Damit das alles so klappt, obwohl sie ganz überwiegend Hobbyhandwerker sind, hilft das örtliche Handwerk mit Rat und Tat, Ideen und dem richtigen Werkzeug. „Ohne das ginge es gar nicht“ betont Günther Greiner, der Capo des ganzen Betriebs, „für unser Bädle ziehen hier alle an einem Strang.“

Er selbst ist Herz und Seele, Motor und Brummkreisel, Baumeister, Seelsorger, Antreiber, Kommunikator, Zentrale, Geschäftsführer und Mädchen für alles auf der Bädlesbaustelle. Alle sehen das so – außer ihm selbst natürlich. Bescheiden zitiert er die Bürgermeisterin des Ortes, Irmtraud Wiedersatz: „Was man nicht zahlen kann, das muss man halt selbst machen – und ich bin der Glückspilz, der nicht mehr für Geld arbeiten muss.“ Dann grinst er breit unter seinem Käppi hervor: „Und ist der Zirkus noch so klein, einer muss der August sein.“ Sprüche klopfen ist Ehrensache auf einer dermaßen gut gelaunten Baustelle. Wie viele Stunden er persönlich schon investiert habe, mit dieser Frage fängt der ‚Bädles-August‘ nichts an: „Ich will, dass es fertig wird, ich will, dass es schön wird – da guck ich doch nicht auf die Uhr.“

Aufs Sprücheklopfen verstehen sich auch die Elektriker bestens, die im Halbdunkeln und fürchterlicher Enge vor dem Schaltkasten hinter der Umwälzpumpe herumkriechen und Kabel legen. „Elektriker muss man lernen“, witzelt einer mit Seitenblick zu den Fliesenlegern, „bei allem anderem kann man rumprobieren.“ Tatsache, sie sind alle Profis, manche noch in Ausbildung und ihr Capo ist Klaus Schwaderer, Elektromeister in Burgstetten. Geld nimmt auch hier keiner – sie hauen sich nach langen Arbeitstagen die Abende und Wochenenden um die Ohren: Die gesamte Elektrik fürs neue alte Freibad haben sie installiert.

Der ganze Ort hilft mit, durch Spenden und mit Benefizaktionen.

Zwischen den Männern wuselt Silke Schmidt herum – sie ist im Vorstand des Freibad-Fördervereins. Jeden Samstag ist sie zum Fotografieren hier und niemand weiß besser als sie, wie die Burgstettener hinter „ihrem“ Bädle stehen: Da wurden Mundschutze genäht zugunsten des Fördervereins, Gemeinderäte haben ihr Sitzungsgeld gespendet, zu Weihnachten verdingten sich Bürger gegen Spende als Nikoläuse. Jeden Samstag bringt jemand Vesper vorbei für die Bädleswerker, Kaffee und Kuchen – heute sind’s Flachswickel – und deftig belegte Wecken. „Veschper isch wichtig“, freuen sich die Bädleswerker – tatsächlich, es scheint ein Gemeinschaftsprojekt der ganzen Ortschaft zu sein. Die Bürgermeisterin schaut vorbei, wann immer sie kann. Auch jetzt ist sie da – nicht etwa, um sich aufs Gruppenfoto zu schummeln, sondern um sich bei allen zu bedanken.

Wann denn Eröffnung geplant ist, das verrät aber keiner, und wie man dann feiert, ist auch noch nicht klar, das muss im Rathaus nach der dann eben gültigen Hygieneverordnung ausgetüftelt werden. Aber wann und wie auch immer das läuft – sie können stolz sein, die Burgstettener, auf ihren Ort, auf sich selbst und auf ihr Bädle: Sie haben es selber gemacht.

Das Ergebnis ist ihnen Lohn genug: Günther Greiner (rechts) und seine Bädleswerker.

© Alexander Becher

Das Ergebnis ist ihnen Lohn genug: Günther Greiner (rechts) und seine Bädleswerker.

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Erstellt:
6. Juli 2020, 06:00 Uhr

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