Vom Spielautomaten in die Gemeindekasse

Viele Kommunen haben Spielhallen oder Gaststätten mit Spielautomaten. Erheben sie eine Vergnügungssteuer, fließen bis zu 25 Prozent der Einkünfte aus dem verzockten Geld in die Gemeindekassen. Doch welchen Stellenwert hat diese Steuer für die Haushalte der Kommunen?

Die Spielhalle in Unterweissach ist im Frühjahr 2021 eröffnet worden. Obwohl der Eingang nicht sonderlich einladend wirkt, ist die Halle wohl gut besucht: 2022 und 2023 bescherte die Einrichtung der Gemeinde je knapp 100000 Euro an Steuereinnahmen. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Die Spielhalle in Unterweissach ist im Frühjahr 2021 eröffnet worden. Obwohl der Eingang nicht sonderlich einladend wirkt, ist die Halle wohl gut besucht: 2022 und 2023 bescherte die Einrichtung der Gemeinde je knapp 100000 Euro an Steuereinnahmen. Foto: Alexander Becher

Von Melanie Maier

Rems-Murr. Wohl kaum eine Gemeindeverwaltung, kaum ein Gemeinderat wird „Hurra“ schreien, wenn eine Spielothek im eigenen Ort die Türen öffnen will. Schummriges Ambiente, blinkende Glücksspielautomaten, spielsüchtige Zockerinnen und Zocker an den Geräten: So stellen sich viele das Innere einer Spielhalle vor, auch wenn das nicht unbedingt der Realität entspricht. Den Glücksspielbetrieben haftet kein besonders guter Ruf an.

Gleichzeitig sind die Gelder, die aus den Einrichtungen in die Gemeindehaushalte fließen, oft nicht zu verachten. Auch wenn es sich bei der Vergnügungssteuer (siehe Infotext), die die Abgaben regelt, um eine sogenannte Bagatellsteuer handelt – eine Steuer also, deren Einnahmen nur einen geringen Teil des Gesamtsteueraufkommens ausmachen. Die Stadt Murrhardt beispielsweise nahm im vergangenen Jahr knapp 470000 Euro an Vergnügungssteuer ein. Dort gibt es derzeit drei Spielhallen mit insgesamt 24 Geräten sowie sieben Gaststätten mit insgesamt 14 Geräten. Im Haushaltsplan 2024 umfasst das Aufkommen der Vergnügungssteuer rund ein Prozent der Einnahmen des Ergebnishaushalts. „Es ist nicht die wichtigste Einnahmequelle, aber eine relativ verlässliche“, so Bürgermeister Armin Mößner. Die Vergnügungssteuer, fügt er hinzu, solle vielmehr aber auch eine lenkende Wirkung haben.

Bei vielen Gemeinden spielen die Einnahmen kaum eine Rolle im Haushalt

Einige Kommunen erheben gar keine Vergnügungssteuer – darunter zum Beispiel Althütte, Auenwald (keine Spielhallen oder Geräte), Burgstetten (ein Lokal mit zwei Automaten), Großerlach, Kirchberg an der Murr (keine Hallen oder Geräte), Spiegelberg (zwei Gaststätten mit insgesamt fünf Automaten) und Allmersbach im Tal (zwei Lokale mit je zwei Geräten). Gemäß Kommunalabgabengesetz Paragraf neun, Absatz vier sei die Vergnügungssteuer keine Pflichtsteuer, erklärt Patrizia Rall, Bürgermeisterin von Allmersbach im Tal. „Doch auch bei einer Erhebung der Steuer wären die Einnahmen bei uns sehr gering.“

So sieht es denn auch in Oppenweiler, Sulzbach an der Murr und Aspach aus. Alle drei Kommunen haben keine Spielhalle, aber Lokale, in denen Spielautomaten aufgestellt sind. In Oppenweiler befinden sich zehn Geräte mit Geldgewinnmöglichkeit in fünf Lokalen. Die geplanten Einnahmen für das laufende Jahr betragen 4200 Euro, teilt Bürgermeister Bernhard Bühler mit. Diese hätten eine untergeordnete Bedeutung im Gemeindehaushalt. Genau wie Armin Mößner sieht auch Bühler die Lenkungswirkung der Steuer im Vordergrund: „Gerade in Oppenweiler, wo auch eine Rehaeinrichtung ansässig ist, die sich unter anderem mit Spielsuchtrehabilitierung beschäftigt, kommt ihr eine besondere Bedeutung zu.“

In Sulzbach an der Murr gibt es vier Standorte mit zusammen acht Automaten, die der Gemeinde 2023 rund 25000 Euro bescherten. Zu Hochzeiten waren es auch schon knapp 100000 Euro (2018), doch unter anderem infolge der Coronapandemie gingen – wie in vielen anderen Kommunen auch – die Einnahmen aus der Steuer zurück. Die Bedeutung für den Sulzbacher Haushalt sei eine eher untergeordnete, sagt Kämmerer Sven Wohlfarth.

Rund 1300 Euro haben die zwei Geräte (die sich beide am selben Standort befinden) der Gemeinde Aspach 2023 eingebracht. „Aufgrund der sinkenden Anzahl an Spielautomaten hat sich der Posten in den vergangenen Jahren stetig reduziert“, berichtet Bürgermeisterin Sabine Welte-Hauff. Für den Aspacher Haushalt habe die Steuer wenig bis keine Bedeutung .

In Backnang hingegen stellt das Aufkommen aus der Vergnügungssteuer „einen nennenswerten und wichtigen Posten im städtischen Haushalt dar“, so Pressesprecher Christian Nathan. In der Stadt gibt es neben 40 Einrichtungen mit insgesamt 79 Spielgeräten auch noch drei Spielhallen mit in Summe 35 vergnügungssteuerpflichtigen Automaten. Die veranlagte Vergnügungssteuer betrug im Jahr 2023 zirka 1,4 Millionen Euro. „Das kann sich durchaus sehen lassen“, kommentiert Nathan. „Nichtsdestotrotz hat die Vergnügungssteuer im Verhältnis zum Gesamtvolumen des städtischen Haushalts keine zentrale Bedeutung.“

Dass das auch ganz anders sein kann, zeigt ein Blick nach Weissach im Tal. Dort gibt es momentan zwei Gaststätten mit Spielautomaten sowie eine Spielhalle. Letztere ist im Frühjahr 2021 eröffnet worden. Seit 1. August desselben Jahres ist eine entsprechende Vergnügungssteuersatzung in Kraft, mit einem Steuersatz von 20 Prozent der Bruttokasse. Kämmerer Alexander Holz war überrascht von den Summen, welche die Halle in die Gemeindekasse spülte: Sowohl 2022 als auch 2023 brachte die Vergnügungssteuer Weissach rund 100000 Euro ein. Der Großteil davon kam aus der Spielhalle. Holz hatte anfangs nur mit Einnahmen in Höhe von 2000 Euro gerechnet.

2023 machte die Vergnügungssteuer 3,35 Prozent aller gemeindlichen Einnahmen (2,98 Millionen Euro) beziehungsweise 0,51 Prozent der ordentlichen Erträge aus – 2,3-mal so viel wie die Hundesteuer (43000 Euro). Die Vergnügungssteuer sei nach der Gewerbesteuer (1,9 Millionen Euro) und der Grundsteuer B (925000 Euro) in Weissach im Tal momentan der drittgrößte Posten an eigenen Steuereinnahmen –zwar mit deutlichem Abstand, aber dennoch, betont Holz: „Weil die Gemeinde einen so geringen Einnahmenüberschuss hat, ist der Betrag umso wichtiger. Wir brauchen die Einnahmen aus der Spielhalle, ohne dass wir noch eine davon aufmachen wollen.“ Denn ohne die Vergnügungssteuer wäre die Gemeinde im laufenden Haushalt nicht mehr liquide, erklärt der Kämmerer: „Wir hätten ein Minus von 39000 Euro im Finanzhaushalt.“

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Die gesetzlichen Regelungen

Landesglücksspielgesetz Das Gesetz aus dem Jahr 2012 trat zum 1. Juli 2021 in Kraft. Seine Regeln sehen für die Genehmigung von Spielhallen bestimmte Voraussetzungen vor, so existiert etwa eine Mindestabstandsregel. Demnach müssen Spielhallen untereinander sowie zu Schulen und zu Jugendeinrichtungen mindestens 500 Meter Abstand halten. Nach dem Inkrafttreten des Landesglücksspielgesetzes mussten viele Spielhallen schließen. Dies hat bereits dazu geführt, dass die Zahl der Spielhallen in Backnang seit dem Jahrtausendwechsel von zwölf auf drei zurückgegangen ist. Eine Ausnahme galt für Betriebe, die bereits vor Verabschiedung des Gesetzes existierten: Ihre Genehmigung konnte um bis zu 15 Jahre verlängert werden, längstens bis 2032.

Vergnügungssteuer Bei der Vergnügungssteuer handelt es sich um eine kommunale Steuer, die von Städten und Gemeinden erhoben werden kann. Rechtsgrundlage ist das Kommunalabgabengesetz des Landes Baden-Württemberg. Die Steuer ist für das gewerbliche Halten von Geldspielgeräten, Spieleinrichtungen, Unterhaltungsautomaten und Musikautomaten zu entrichten. Der Maximalsatz beträgt 25 Prozent der Bruttokasse. Auch Wettbüros, Bordelle, Erotikkinos und ähnliche Einrichtungen sowie Tanzveranstaltungen sind vergnügungssteuerpflichtig. Die Kommunen können aber auch ganz oder teilweise auf die Steuer verzichten. Das ist insbesondere dann oft der Fall, wenn die Verwaltungskosten der Steuererhebung die Steuereinnahmen übersteigen würden oder die Einnahmen gering wären.

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Erstellt:
7. Februar 2024, 06:00 Uhr

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