Vorerst keine Abteilung für Naturheilkunde

Der Landkreis sieht die Kapazitäten der Rems-Murr-Kliniken am Limit. Alternative Methoden seien aber bereits im Einsatz.

Es gibt im Klinikum Winnenden bereits Bereiche, in denen alternative Methoden neben der Schulmedizin Anwendung finden. Foto: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Es gibt im Klinikum Winnenden bereits Bereiche, in denen alternative Methoden neben der Schulmedizin Anwendung finden. Foto: A. Becher

Von Armin Fechter

WAIBLINGEN. An den Rems-Murr-Kliniken wird es vorerst keine spezielle Abteilung für Naturheilkunde mit eigenem Chefarzt geben. Das sei räumlich gar nicht machbar, zudem sei es finanziell nicht darstellbar, denn alternative Therapien würden von den Kassen schlecht honoriert. Im Übrigen aber seien solche Komponenten als Querschnittsdisziplin bereits in den Kliniken verankert, argumentiert das Landratsamt.

Der Wunsch nach einer Naturheilkunde-Abteilung ist ein Anliegen von Linke/ÖDP, namentlich von Thomas Bezler, der sich seit Jahren mit dem Thema befasst. Anlässlich der Beratungen über den Haushaltsplan 2020 hatte er im vergangenen Jahr einen Antrag vorgelegt, der jetzt im Verwaltungs-, Schul- und Kulturausschuss beraten wurde.

„Da schwingt viel Ideologie mit“, bemerkte der Ärztliche Direktor Professor Ralf Rauch, als er zum Thema Stellung nahm: Er selbst sei hingegen eher praktisch orientiert. Die Klinikleitung habe sich jedoch vorzuwerfen, das tatsächlich vorhandene Angebot bislang nicht genügend kommuniziert zu haben: „Wir müssen das besser darstellen.“ Denn es gebe bereits viele Bereiche, in denen alternative Methoden neben der Schulmedizin eingesetzt würden, von der Homöopathie über die Akupunktur bis zur Hypnose. Johanniskraut gegen Depressionen und Duftöle gegen Schlafstörungen hätten Eingang gefunden.

Es besteht ein großes Interesse am wirtschaftlichen Erfolg.

„Wir sind aber ein Akuthaus“, fuhr er vor den Kreisräten fort und erinnerte daran, dass bei den Rems-Murr-Kliniken das Interesse am wirtschaftlichen Erfolg groß sei. Die Liegezeit beträgt nach seinen Worten im Schnitt unter sechs Tagen, während eine spezifische naturheilkundliche Behandlung bei einer Mindestdauer von 14 Tagen ansetze. Das sei ein Spannungsfeld, das nicht auflösbar ist.

Im Aufsichtsrat der Kliniken-GmbH ist das Anliegen noch nicht abschließend behandelt worden, warf Landrat Richard Sigel ein, der aber gleichzeitig festhielt, es sei noch nicht die Zeit für die Aufnahme von Wünschenswertem.

Demgegenüber sagte Ronald Borkowski (Linke/ÖDP), es müsse doch in einem der reichsten Länder der Welt möglich sein, ein Angebot abseits des Mainstreams bereitzuhalten, wie dies etwa auch in der Schweiz der Fall sei. Das Ganze sei offenbar eine Systemfrage, klagte er mit Blick auf die Gesundheitspolitik, die Krankenhäuser ökonomisch an die Grenzen führe: „Da ist es schwer, voranzukommen.“

Petra Häffner (Grüne) bestätigte, die Naturheilkunde habe ihren Stellenwert, andererseits bestehe in den Kliniken ein „ganz gutes Angebot“. Sie mahnte Bereitschaft zum Neuen an und forderte zu Wachsamkeit auf, wenn neue Bewegung in die Thematik kommt. Für sie aber war klar, dass die Verantwortung bei den Krankenkassen liegt und nicht bei den Ärzten allein. Kurioserweise, so ergänzte Rauch, würden ambulante Angebote von den Kassen recht großzügig dotiert, während bei stationären Patienten ein Wust an Nachfragen und Begründungen von den Kliniken verlangt wird, hier bestehe ein krasser Widerspruch. Welche finanziellen Auswirkungen dies für die Kliniken bedeutet, „kann ich nicht aus der Jackentasche beantworten“, räumte Rauch auf Borkowski-Nachfrage ein. Es sei aber „verblüffend wenig“, was die Kliniken bekommen, selbst wenn sie mit den Kassen Zusatzverträge aushandeln.

Der Landrat bekräftigte derweil, dass die Kliniken bei den Kapazitäten absolut am Limit seien und deshalb eine Ausweitung um eine neue Abteilung derzeit nicht sinnvoll sei. Aber: „Es ist uns ein wichtiges Thema – und wir haben nicht eine Abneigung dagegen.“

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Erstellt:
24. Juni 2020, 16:00 Uhr

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