Verteidigungsministerium legt Gesetzentwurf vor

Was der neue Wehrdienst ab 2026 bedeutet

Der neue Wehrdienst soll 2026 starten – zunächst freiwillig, mit Option auf Pflicht. Was genau geplant ist, wer betroffen ist und wie die Bundesregierung auf die angespannte Sicherheitslage reagiert.

Was bedeutet der neue Wehrdienst, insbesondere für junge Männer und Frauen?

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Was bedeutet der neue Wehrdienst, insbesondere für junge Männer und Frauen?

Von Katrin Jokic

Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die sicherheitspolitische Lage in Europa grundlegend verändert. Die NATO erhöht den Druck auf ihre Mitgliedstaaten, ihre Verteidigungsfähigkeit auszubauen. Deutschland muss seine Truppenstärke deutlich erhöhen, um im Ernstfall einsatzbereit zu sein.

Laut Verteidigungsminister Boris Pistorius fehlen aktuell rund 60.000 Soldatinnen und Soldaten. Die freiwillige Personalgewinnung reicht nicht aus – deshalb soll ein neues Wehrdienstmodell die Lücke schließen.

Was ist der neue Wehrdienst?

Der neue Wehrdienst ist kein unmittelbares Zurück zur alten Wehrpflicht. Vielmehr handelt es sich um ein hybrides Modell mit freiwilligen und vorbereitend verpflichtenden Elementen.

Ab 2026 erhalten alle jungen Männer ab dem Jahrgang 2008 Post von der Bundeswehr und müssen darin angeben, ob sie bereit wären, Wehrdienst zu leisten. Frauen bekommen den gleichen Brief, müssen aber nicht antworten.

Die Wehrdienstleistenden sollen als Zeitsoldaten eingestuft werden – mit einer Bezahlung von über 2.000 Euro netto im Monat. Der Dienst dauert mindestens sechs Monate, kann aber freiwillig verlängert werden. Zunächst ist keine allgemeine Wehrpflicht vorgesehen – wohl aber die Option auf eine verpflichtende Einberufung im Krisenfall.

Der Gesetzentwurf erlaubt es Regierung und Bundestag, eine Wehrpflicht einzuführen, wenn sich nicht genug Freiwillige melden. Das wäre auch möglich, ohne dass ein Spannungs- oder Verteidigungsfall ausgerufen wird.

Wer ist betroffen?

Der neue Wehrdienst richtet sich an die Jahrgänge ab 2008. Männer zwischen 18 und 25 Jahren sind künftig verpflichtet, einen Fragebogen der Bundeswehr auszufüllen. Frauen dürfen diesen freiwillig beantworten. Auf Grundlage dieser Daten können geeignete Kandidaten zur Musterung eingeladen werden.

Kann man den Wehrdienst verweigern?

Da es sich offiziell nicht um eine Wehrpflicht handelt, entfällt auch das klassische Verfahren zur Verweigerung. Niemand wird gegen seinen Willen zum Dienst verpflichtet. Wer den Dienst nicht leisten möchte, muss dies lediglich im Fragebogen deutlich machen. Allerdings weist der Gesetzentwurf darauf hin, dass eine Rückkehr zur echten Wehrpflicht grundsätzlich möglich bleibt – mit separatem Bundestagsbeschluss.

Gilt der Wehrdienst auch für Frauen?

Nein. Zwar werden künftig auch Frauen erfasst und angeschrieben – die Beantwortung des Fragebogens ist für sie jedoch freiwillig. Eine verpflichtende Erfassung oder Einziehung ist nicht vorgesehen. Dafür müsste das Grundgesetz geändert werden, wofür aktuell keine politische Mehrheit erkennbar ist.

Wann wurde die Wehrpflicht abgeschafft?

Die Wehrpflicht wurde im Jahr 2011 durch Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg per Bundestagsbeschluss ausgesetzt – nicht abgeschafft. Sie bleibt im Grundgesetz verankert und kann durch eine einfache Mehrheit im Parlament reaktiviert werden. Genau das sieht der neue Gesetzentwurf nun als Option vor, falls die Freiwilligenzahlen nicht ausreichen.

Wie geht es jetzt weiter?

Der Gesetzentwurf soll Ende August 2025 ins Bundeskabinett eingebracht und anschließend im Bundestag beraten werden. Ziel ist es, das Gesetz noch in diesem Jahr zu verabschieden. Der Start des neuen Wehrdienstes ist für 2026 vorgesehen. Das Verteidigungsministerium plant, die Zahl der jährlich Dienstleistenden bis 2029 auf 30.000 zu steigern. Bis dahin soll die Pflichtregelung nur als Absicherung im Gesetz verankert sein.

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Erstellt:
9. Juli 2025, 16:24 Uhr

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