Weibliche Initiativen haben viel bewegt

100 Jahre Evangelische Frauen in Württemberg  –  Ausstellung „Gewoben in Gottes Geschichte“ in Backnang eröffnet

Die Evangelischen Frauen in Württemberg (EFW) feiern ihr 100-jähriges Jubiläum. Sie setzen sich für Bildung, Teilhabe und Glaubensvermittlung ein. Eine Wanderausstellung, in der Backnanger Markuskirche zu sehen, liefert interessante Einblicke. Zum Auftakt gab Landesfrauenpfarrerin Eva-Maria Bachteler einen Überblick, wie evangelische Frauen sich in Kirche und Gesellschaft eingebracht haben.

Eva-Maria Bachteler zeigte Kleidungsstücke aus den vergangenen 100 Jahren. Foto: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Eva-Maria Bachteler zeigte Kleidungsstücke aus den vergangenen 100 Jahren. Foto: A. Becher

Von Uta Rohrmann

BACKNANG. „Gewoben in Gottes Geschichte – das sind wir alle“, sagte Marliese Schröder, die durch den Abend führte. Und: „Frauen haben sich immer engagiert.“ Die langjährige Vorsitzende des Kirchengemeinderats der Markusgemeinde, die dort einen Frauenkreis leitet, Mitglied im Bezirksarbeitskreis Frauen Backnang und Vorstandsmitglied im EFW ist, ist ein lebendiges Beispiel dafür, wie das bis heute in hohem Maße auch ehrenamtlich geschieht.

„1919 wurde die Frauenabteilung im Evangelischen Volksbund gegründet“, erklärte Eva-Maria Bachteler die Anfänge der Evangelischen Frauen in Württemberg. „1923 entstand der Bund Evangelischer Frauen.“ Damit verbunden habe es grundsätzlich zwei Säulen evangelischer Frauenarbeit gegeben: zum einen die Pflege des Gemeindelebens vor Ort, Gottesdienstgestaltung, christliche Bildung und diakonische Aufgaben wie Familien- und Kinderpflege, zum anderen kirchen- und gesellschaftspolitisches Engagement. Die Namen der beiden Einrichtungen wechselten zwar im Lauf der Jahrzehnte in Frauenwerk, Frauenhilfe und Frauenarbeit – beibehalten wurde aber die Ausrichtung der Arbeit auf diakonische, politische und spirituelle Initiativen. Seit 2006 seien Frauenwerk und Frauenarbeit zu den „Evangelischen Frauen in Württemberg“ zusammengeführt worden.

Die Referentin zeigte, wie einerseits die Möglichkeiten von Frauen begrenzt waren, andererseits aber durch weibliche Initiativen in Kirche und Gesellschaft viel erreicht wurde. So hätten Frauen zwar seit 1919 auch im kirchlichen Rahmen das aktive und passive Wahlrecht, die ersten Kirchengemeinderätinnen habe es aber erst 1931 gegeben. Lydia Schmid, die 1921 als erste Frau ein theologisches Examen ablegte, musste dafür hohe Hürden bewältigen und konnte ausschließlich als Lehrerin arbeiten, so Bachteler. Erst seit 1968 seien Theologinnen als Gemeindepfarrerinnen zugelassen – bis 1978 nur unverheiratete.

Dennoch entstanden früh qualifizierte Frauenberufe im evangelischen Bereich - angefangen bei der Diakonisse seit dem 19. Jahrhundert, die freilich für einen Gotteslohn arbeitete. Und in den 1920er-Jahren gründeten evangelische Frauen „Frauenarbeitsschulen“ und gaben damit jungen Frauen, die Möglichkeit eine Ausbildung zur Näherin und damit eine Zukunftsperspektive zu erhalten. „Man kann aus heutiger Sicht nur staunen, was da ganz unkompliziert auf ehrenamtlicher Basis geleistet wurde. Innerhalb eines Jahres gab es bereits fünf solcher Schulen“, berichtete Eva-Maria Bachteler. Nach dem Zweiten Weltkrieg sei durch die Evangelische Frauenarbeit der Beruf der Dorfhelferin entstanden – bis heute gibt es das Dorfhelferinnenwerk und die ländliche Familienpflege. Die engagierten Frauen reagierten auf die gesellschaftlichen Herausforderungen ihrer Zeit – sei es durch Aufbauwochen für Frauen aus Flüchtlingslagern in den 40er-Jahren oder Müttererholungsheime. In den 70er-Jahren seien Erholungstage für Gastarbeiterinnen angeboten worden, die dies sehr dankbar aufgenommen hätten, erzählte die Referentin.

Seit 1981 findet jährlich Anfang März der Weltgebetstag der Frau statt, politische Initiativen wie die Kampagne „Kauft keine Früchte der Apartheid“ machten von sich reden. In den 2000er-Jahren seien osteuropäische Haushaltskräfte und Zwangsprostitution zu neuen Themen geworden, „Reformation aus Frauensicht“ war im Jubiläumsjahr 2017 bestimmend. Aktuell befasse man sich unter anderem mit interreligiösem Dialog, der Arbeit mit Flüchtlingsfrauen sowie der Digitalisierung des EFW.

Die Jubiläumsausstellung besteht aus vier Elementen, die miteinander verknüpft und sich ergänzend ein Bild evangelischer Frauen heute und in ihrer Geschichte vermitteln. Auf Themensäulen kommen heutige Frauen in unterschiedlichen Lebenssituationen zu Wort, während zwölf Spots als Bodenbilder einen Überblick über die wichtigsten Jahreszahlen und Ereignisse in der hundertjährigen Geschichte evangelischer Frauen geben. Ein Kleiderständer als drittes Element lädt zum Stöbern und Nachdenken ein, was mit Frauenkleidung aus verschiedenen Zeiten und Lebenssituationen ausgedrückt wird. Passend zum Motto des Jubiläums steht zudem ein Webrahmen bereit, der die Besucherinnen dazu einlädt, ihren eigenen Faden einzuweben, sodass ein Gästebuch besonderer Art entsteht.

Im Rahmen der Ausstellung in der Markuskirche findet am Montag, 7. Oktober um 19.30 Uhr der Vortrag „100 Jahre Frauenbild und Mode“ mit EFW-Referentin Janina Mangelsdorf statt. Unter dem Motto „Gewoben in Gottes Geschichte“ wird zudem am Freitag, 11. Oktober um 19 Uhr zum Abschlussgottesdienst für Frauen mit Helga Gauder-Beuttler eingeladen.

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Erstellt:
4. Oktober 2019, 06:00 Uhr

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