Aspacher Weinbauern setzen auf neue Rebsorten

Die Aspacher Wengerter wollen mit Merlot, Sauvignon und Co. der Trockenheit und den Pilzkrankheiten wie Mehltau ein Schnippchen schlagen. Die Winzer reagieren mit den pilzresistenten Sorten oder Bewässerungssystemen auf die vielfältigen neuen Herausforderungen der Zukunft.

Marco Holzwarth, Joachim Schöffler und Günther Ferber (von links) brennen voller Leidenschaft für den Aspacher Wein. Foto: Alexander Becher

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Marco Holzwarth, Joachim Schöffler und Günther Ferber (von links) brennen voller Leidenschaft für den Aspacher Wein. Foto: Alexander Becher

Von Matthias Nothstein

Aspach. Die Schwierigkeiten, vor denen die Weinbauern in der Region stehen, sind groß und sie sind vielfältig. Die aktuelle Trockenheit kann schon als Dürre bezeichnet werden, dazu kommen immer neue Schädlinge wie die Kirschessigfliege und neue Krankheiten wie Esca. Von den alten Plagen Frost und Hagel einmal ganz zu schweigen. Dazu aktuell die hohen Dieselpreise und die Inflation. Für die Aspacher Wengerter ist schon lange klar, dass sie sich ständig neu aufstellen müssen, um den Anforderungen gerecht zu werden. Die örtlichen Weinbetriebe und die Weingärtnergenossenschaft (WG) Aspach reagieren in allen Bereichen.

Rebsorten Die Weingärtner können bereits bei der Sortenauswahl zwei Problemen begegnen: Sie können Reben anbauen, die einerseits mit dem Trockenstress besser klarkommen und die andererseits pilzresistent sind. Die Sorten Merlot, Sauvignon blanc, Sauvitage oder Muscaris verkraften Dürre besser als etwa der typisch schwäbische Trollinger, dessen Beeren zudem auch noch Sonnenbrand bekommen können. Oder die Traube Syra. Sie stammt aus Israel und kommt mit wenig Wasser aus, andere Genossenschaften setzen schon auf sie, weiß Günther Ferber vom Vorstand der Aspacher Weingärtnergenossenschaft. Er verweist darauf, dass es aufgrund des Klimawandels künftig viel mehr solche Wetterextreme geben wird: „Früher gab es zehn Tage über 35 Grad Celsius, dieses Jahr waren es drei Wochen.“

In nassen Jahren hingegen bereiten Peronospora und Mehltau den Winzern Probleme. Dann sind pilzwiderstandsfähige Sorten (Piwi) von Vorteil. Eine solch resistente Piwi-Sorte ist etwa der Regent, der in der WG schon 1993 erstmals gepflanzt wurde und mit dem Ferber beste Erfahrungen gemacht hat: „Das ist kein großer Massenträger, aber ein recht guter Wein, der sich sehr gut für Cuvées eignet.“ Auch die bereits erwähnten Sorten Muscaris und Sauvitage zählen dazu, sie gibt es bereits in Aspach.

Für Marco Holzwarth vom gleichnamigen Kleinaspacher Weinbaubetrieb Holzwarth steht fest, „die gesamte Entwicklung geht in die Richtung, nur noch Piwi-Sorten zu pflanzen“. Wobei er sofort einschränkt, dies gelte nur für neue Züchtungen. Denn die Württemberger Hauptweine Trollinger, Lemberger und Riesling werden weiterhin ihre Berechtigung haben. Dies ist laut Ferber alleine schon deshalb unumstößlich, weil sich die Aspacher Böden ganz besonders dafür eignen. Er schwärmt in den höchsten Tönen: „Die Aspacher Böden haben etwas, was andere Gegenden nicht haben. Unser Riesling hat Aroma, hat Fülle, hat Farbe. Er ist der goldgelbste Riesling in ganz Baden-Württemberg.“ Allerdings gibt es auch dabei Weiterentwicklungen und Anpassungen. Ferber etwa hat sich bei der jüngsten Neuanpflanzung für einen anderen Rieslingklon entschieden. Die Trauben sollen lockerbeeriger sein, dadurch weniger faulen, wenn sie Wasserstress bekommen.

Piwi-Sorten haben mehrere Vorteile.

Effizienz Der Vorteil der Piwi-Sorten ist nicht nur das bessere Lesegut, sondern auch der geringere Arbeitseinsatz, besonders in den Jahren mit hohem Mehltaudruck. Beim Pflanzenschutz müssen die Wengerter nicht wie früher bis zu achtmal mit der Spritze ausrücken, sondern in der Regel nur zweimal, einmal vor und einmal nach der Blüte. Maximal sind drei Durchgänge nötig, sagt Ferber. Das spart nicht nur Zeit, sondern auch Spritzmittel, Treibstoff und damit letztendlich Geld. Und es schont die Umwelt. Marco Holzwarth investiert zusammen mit seinem Vater Matthias auch immer in Technik, um effizienter arbeiten zu können. So haben sich die beiden zuletzt eine sogenannte Überzeilenspritze angeschafft. Mit ihr muss nur noch jede dritte Rebzeile befahren werden, was angesichts der hohen Dieselpreise sinnvoll ist. Und neben der Arbeitszeit wird auch Spritzmittel eingespart. Die Effizienz wird auch bei Neuanlagen durch breitere Rebzeilen gesteigert, die mit den ständig größer werdenden Maschinen besser befahren werden können. Zumal es dafür Umstrukturierungsbeihilfen gibt.

Bewässerung Immer mehr Weinberge werden bewässert, eine Konsequenz des Klimawandels. Im Betrieb Holzwarth Weine sind bereits auf über einem Drittel der Fläche Bewässerungsschläuche fest installiert. Die Schläuche tropfen alle 50 Zentimeter und bringen das Wasser dadurch genau dahin, wo die Pflanze es braucht. Nur wenig Wasser verdunstet bei dieser sehr effizienten Technik. Die Wengerter danken der Gemeinde Aspach, dass es seit diesem Jahr eine Entnahmestelle gibt, „dafür sind wir sehr dankbar“, so Ferber. Bis zu 60 Kubikmeter Wasser könnten die Winzer maximal pro Tag tanken. Und das bereits auf den Höhen des Rebbergs. „Wir ziehen unseren Wasserwagen nur noch 100 Meter weiter, das ist sehr praktisch“, lobt Marco Holzwarth. Für Weinbauern, die eine Fläche neu bepflanzen, ist die Bewässerung fast schon obligatorisch, alleine schon weil es derzeit gute Zuschüsse dafür gibt. Marco Holzwarth zu dieser Neuerung: „Bewässerung ist ein Muss, wenn man in die Zukunft schaut.“ Matthias Holzwarth ergänzt: „Die Zuschüsse gibt es zur Stützung des Weinbaus. Die 1800 Euro pro Hektar reichen für die Beregnungsanlage gerade aus.“ Die Hilfen sind sinnvoll, zumal eine Neuanlage inzwischen etwa 55000 Euro pro Hektar verschlingt.

Weinautomat Seit vergangener Woche steht nicht nur bei der Vinothek der WG Aspach ein Weinautomat, sondern auch bei Holzwarth. Marco Holzwarth begründet dies damit, dass die Kunden so die Möglichkeit haben, zu jeder Zeit zuzugreifen. Dass dies sinnvoll ist, unterstreicht Ferber: „Ich habe nie gedacht, dass nachts so viel Wein gekauft wird. Wenn ich die Auswertung betrachte, kann ich gar nicht glauben, wie viele nachts um 2.30 Uhr einen Flasche Wein rauslassen.“ Die Verantwortlichen der WG hatten sich vor allem wegen des 40-Prozent-Zuschusses für die Anschaffung entschieden. Das Geld stammte von der Digitalisierungsoffensive. Der Automat hat es in der Tat in sich. Die WGler sehen mittels einer App, wenn etwas ausgeht oder wenn er blockiert ist. Die Investoren hatten mit einer Amortisationszeit von drei bis vier Jahren gerechnet, „aber ich glaube, wir schaffen das in zwei Jahren“, so Ferber. Aus anderen Regionen hat er gehört, ein Weinautomat habe 3000 Euro Umsatz im Monat gemacht.

Nicht auf Knebelverträge angewiesen

Vermarktung Ein wichtiges Standbein ist die Selbstvermarktung. Ferber rechnet vor: „Je mehr man selbst vermarktet, je mehr kann man aus seinem Produkt erzielen. Ich brauche keine Knebelverträge mit einem Discounter, wir verkaufen den Preis im Regelfall zum Listenpreis, ohne Rabattschlachten.“ Zumal Händler oft Chargen fordern, die sie nicht liefern können. „50000 Flaschen von der gleichen Ware, das schaffen wir nicht“, so Ferber. Holzwarth setzt stark auf die Besenwirtschaft. Sind die Gäste zufrieden, dann nehmen sie im Anschluss auch Wein mit. Jungwinzer Marco Holzwarth versucht auch Neues. So hat er jetzt drei neue Cuvéeweine mit dem Namen Jungspund herausgebracht. Alle drei sind lieblich ausgebaut und haben Etiketten, die sich von den anderen abheben und die jungen Leute ansprechen sollen.

Veranstaltungen Immer wichtiger sind Veranstaltungen, auch wenn Corona zuletzt zwei Jahre lang für Stillstand sorgte. In diesem Jahr ist wegen des Gemeindejubiläums besonders viel geboten, so etwa an diesem Wochenende der leuchtende Weinberg. Aber auch im Weindorf des Sonnenhofs sind die Aspacher dabei, beim Maimarkt auch und beim Kelterfest sowieso. Und nächstes Jahr auch wieder beim Backnanger Weindorf. Ferner organisiert Joachim Schöffler, der im Team der WG unter anderem für die Vinothek verantwortlich ist, voller Leidenschaft (wandernde) Weinproben, Weinerlebnistouren und allerlei Events rund ums Thema Wein. Dies alles fördert auch das Image. „Wir brauchen uns mit unseren Produkten schon lange nicht mehr verstecken, bei den Weinprämierungen sind wir immer top dabei“, sagt Ferber stolz.

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Erstellt:
1. September 2022, 06:00 Uhr

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