Weissacher Ortsseniorenrat: „Nicht nur Bänklesaufsteller“

Im Weissacher Ortsseniorenrat steht eine Wachablösung an. Klaus Werner, der dem Gremium seit dessen Gründung vor zehn Jahren vorstand, scheidet aus. Die Bilanz weist strahlende Erfolge auf, aber auch offene, noch ungelöste Punkte.

Katharina Kalweit (von links), Uwe Rahr, Sigrid Gehring, Rüdiger Frey, Klaus Werner, Günther Krüger, Hans Rass, Ingrid Teufel und Reinhard Knüdeler engagieren sich für den Ortsseniorenrat. Foto: Jörg Fiedler

© Jörg Fiedler

Katharina Kalweit (von links), Uwe Rahr, Sigrid Gehring, Rüdiger Frey, Klaus Werner, Günther Krüger, Hans Rass, Ingrid Teufel und Reinhard Knüdeler engagieren sich für den Ortsseniorenrat. Foto: Jörg Fiedler

Von Armin Fechter

Weissach im Tal. Seniorenvertretungen haben oftmals einen schweren Stand. Nicht selten werden sie als „Randsteinversenker“ belächelt oder man macht sich lustig über sie als „Bänklesaufsteller“. Klaus Werner macht hingegen deutlich: „Das allein wollen wir nicht sein.“ Statt nur die eine oder andere Annehmlichkeit zu erwirken, von der ganz nebenbei auch Mütter und Väter mit Kinderwagen oder Behinderte mit Rollstuhl profitieren, hat die Weissacher Gruppe ihre Aufgabe sehr viel politischer aufgefasst und aktive Interessenarbeit betrieben.

Dafür hatte nicht zuletzt die Gemeinde selbst gesorgt, indem sie dem Ortsseniorenrat eine hervorgehobene Position einräumte. Sollen ein neues Baugebiet erschlossen und ein formaler Bebauungsplan aufgestellt werden, dann wird das Gremium im Zuge des Verfahrens angehört – genauso wie die sogenannten Träger öffentlicher Belange auch: Umweltamt, Verkehrsbehörde, Telekom, Stromversorger und, und, und. Demzufolge hat der Ortsseniorenrat immer wieder detaillierte Stellungnahmen zur baulichen Entwicklung Weissachs abgegeben.

„Wir fühlen uns als unabhängiges Gremium“

Mit Kritik gespart hat man da nicht, wenn es geboten erschien, etwa bei den Planungen für das Rombold-Areal, wo der Ortsseniorenrat früh auf Mängel in der Verkehrsanbindung hinwies. Das Gremium argumentierte und urteilte dabei nicht etwa strikt mit aufgesetzter Seniorenbrille, sondern richtete den mahnenden Blick auch auf den Aspekt Kinder, die zu Fuß oder mit dem Rad zur Schule fahren. Vorbehalte meldeten die Seniorenvertreter beispielsweise auch bei den Planungen im Bereich der Backnanger Straße an, weil sie dort die Frischluftzufuhr für die Ortsmitte in Gefahr sehen. „Wir fühlen uns als unabhängiges Gremium“, fasst Werner zusammen – auch wenn der Ortsseniorenrat rechtlich nicht selbstständig sei, sondern eine Einrichtung der Gemeinde.

Der E-Bürgerbus in Weissach ist eins der Projekte, die der Ortsseniorenrat angeregt hat. Bei der Testfahrt dabei war für den Rat Rüdiger Frey (links). Archivbild: Alexander Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Der E-Bürgerbus in Weissach ist eins der Projekte, die der Ortsseniorenrat angeregt hat. Bei der Testfahrt dabei war für den Rat Rüdiger Frey (links). Archivbild: Alexander Becher

Werner und seine Mitstreiter Rüdiger Frey, Reinhard Knüdeler und Uwe Rahr unterstreichen bei einem Pressegespräch gleichzeitig auch, dass der Fokus in den zurückliegenden zehn Jahren pragmatisch ausgerichtet war und Sachaufgaben im Vordergrund standen. So kann sich der Ortsseniorenrat den Bürgerbus als großen Erfolg auf die Fahnen schreiben. Der Wagen – ein kleiner Elektrobus – ist seit September 2019 im Einsatz, wobei die Trägerschaft bei der Gemeinde liegt, die das Projekt auch finanziert. Im Vorfeld hatte der Seniorenrat das Konzept erarbeitet und ehrenamtlich tätige Fahrer angeworben, die dann intern auf die Praxis vorbereitet wurden.

Darüber hinaus hat der Ortsseniorenrat noch weitere Angebote angestoßen oder auch selbst übernommen, zum Beispiel die Gymnastikstunden „Fünf Esslinger“ im Ochsengarten in Unterweissach. Dort wurden auch einige Sportgeräte aufgestellt, die nicht nur von Älteren genutzt werden können, sondern auch von anderen Altersgruppen – um die Idee eines Gartens der Generationen mit Leben zu erfüllen. Und im Lehrschwimmbecken wurde nach wiederholtem Nachhaken ein Geländer angebracht – zweieinhalb Jahre hatte es damit gedauert.

Seniorenrat meldet sich zu vielen Themen zu Wort

Andererseits hat sich das Gremium die Freiheit genommen, den Zustand von Kinderspielplätzen zu kritisieren – denn: „Unsere Enkel spielen dort.“ Dass man sich als älterer Mitbürger bei vielen unterschiedlichen Themen zu Wort meldet, hat nach Auffassung von Reinhard Knüdeler auch damit zu tun, dass Senioren eine Gruppe darstellen, „die das Gemeindeleben bewusster wahrnimmt“. Immerhin sind heute fast 40 Prozent der Weissacher über 55 Jahre alt, mehr als 30 Prozent über 60 Jahre.

Besonders auffällig: Der Anteil der über 70-Jährigen wächst nach den Prognosen des Statistischen Landesamts von derzeit 16 auf 22 Prozent im Jahr 2040. Dabei hat sich das Bild der Älteren insgesamt gewandelt. Waren es vor einigen Jahrzehnten noch Menschen, die von Krankheit, Schwäche und Gebrechlichkeit gebeugt waren und keine Belastungen mehr auf sich nehmen konnten, so dominieren heute die aktiven Jungsenioren, die sich in ihrem dritten Lebensabschnitt fit genug fühlen, um noch etwas zu bewegen.

Manche Projekte sind auch gescheitert

Aber auch für sie gilt die Erfahrung, die Klaus Werner gemacht hat: „Viele Dinge gehen nicht von heute auf morgen.“ Deshalb kann er im Rückblick manche Enttäuschung nicht verhehlen. Gescheitert seien beispielsweise die Bemühungen, in Weissach einen Fahrkartenverkauf der Bahn zu installieren, um gerade den Älteren die Fahrt an den Backnanger Bahnhof zu ersparen.

Nicht geklappt hat es bislang auch mit einem Briefkasten für das Rombold-Areal. Abhaken musste der Ortsseniorenrat schließlich auch die Idee, neuen Ruheständlern ein Willkommensschreiben zukommen zu lassen – wegen des Datenschutzes seien die Adressen nicht zu haben, erklärt Werner. Optimistisch äußert er sich aber in puncto eines eigenen Raums für den Ortsseniorenrat, schließlich sei die Gemeinde ja auch bei den Sportvereinen sehr großzügig. Sein Fazit nach zehnjähriger Tätigkeit fällt letztendlich positiv aus: „Wir haben etwas bewegt in der Gemeinde.“

Neuaufstellung wird angestrebt

Seniorenversammlung Die Seniorenversammlung findet am Montag, 19. September, um 16 Uhr in der Seniorenbegegnungsstätte in den Brüdenwiesen in Unterweissach statt. Auf der Tagesordnung stehen neben Berichten aus der Arbeit des Ortsseniorenrats auch Neuwahlen.

Neuwahlen Die Verantwortlichen des noch amtierenden Seniorenrats hoffen auf eine rege Beteiligung, um dem neuen Gremium eine möglichst breite Legitimation mitzugeben. Zu wählen sind die sieben Mitglieder des Ortsseniorenrats. Diese teilen dann die Funktionen und Aufgaben nach dem Kümmererprinzip unter sich auf. Ferner können sich dem Gremium weitere Helfer anschließen oder als sachkundige Personen beteiligen. Themen der Zukunft könnten im Bereich Wohnen und Soziales liegen.

Geschichte Der Ortsseniorenrat Weissach im Tal wurde am 12. März 2012 offiziell aus der Taufe gehoben. Er hatte mehrere Geburtshelfer, unter anderem die Lokale Agenda der Gemeinde Weissach im Tal mit ihrer Fortführung durch Silke Müller-Zimmermann. Forciert wurde die Gründung auch durch Roland Schlichenmaier, Gewerbetreibender in Weissach und Einwohner von Auenwald sowie Mitglied des Kreisseniorenrats, dem allerdings zunächst ein gemeinsames Gremium für beide Gemeinden vorschwebte.

Vorstand Die Aufgabe des Frontmanns entfiel auf Klaus Werner, der lange Jahre dem Gemeinderat angehört hatte und Mitglied des Kreistags gewesen war und zudem geraume Zeit als Präsident des Turngaus Rems-Murr fungiert hatte. Einem großen Personenkreis war er zusätzlich aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit als Polizeibeamter bekannt. Aus dem Ortsseniorenrat scheidet der 72-Jährige aus, nachdem er inzwischen von Weissach nach Allmersbach im Tal umgezogen ist.

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Erstellt:
31. August 2022, 06:00 Uhr

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