Nahost-Krieg
Welche Reichweite haben iranische Raketen?
Irans Raketenprogramm hat sich zu Waffen mit bis zu 2000 Kilometer Reichweite und womöglich mehr entwickelt – eine Bedrohung nicht nur am Persischen Golf.

© Vahid Salemi/AP/dpa
Vor Beginn der Feindseligkeiten mit Israel: Frau ohne Kopftuch vor Raketenausstellung im Iran (Archiv).
Von Michael Maier
Der Iran verfügt über eines der umfangreichsten Raketenprogramme im Nahen Osten. In den letzten Jahrzehnten hat sich das Land zunehmend auf die Entwicklung ballistischer Raketen konzentriert – sowohl aus sicherheitspolitischen als auch aus geopolitischen Gründen. Gefährdet ist dadurch unter anderem die Straße von Hormus als internationaler Erdöl-Transportweg.
Die Reichweite dieser Raketen ist ein zentrales Thema für viele internationale Beobachter, insbesondere im Hinblick auf die Spannungen mit den USA, dem gesamten Westen, Israel und den Golfstaaten.
Vor diesem Hintergrund hat US-Präsident Donald Trump immer wieder klar gemacht, dass der Iran unter keinen Umständen in den Besitz einer Atombombe gelangen dürfe. Trump will das Problem nach eigenen Worten „ein für allemal lösen“ – sei es über Last-Minute-Verhandlungen oder militärisch. Aussagen, die man vielleicht als eine Art letztes Ultimatum verstehen muss.
Iranisches Raketenprogramm
Seit dem Iran-Irak-Krieg (1980–1988) hat das Land mit 90 Millionen Einwohnern stark in seine Raketenfähigkeiten investiert. Anfangs waren die Mullahs auf Importe aus Nordkorea und China angewiesen. Mittlerweile produziert der Iran jedoch eine Vielzahl von Kurz-, Mittel- und Langstreckenraketen eigenständig. Iranische Raketen lassen sich dabei grob in vier Kategorien einteilen.
Iranische Kurzstreckenraketen (SRBM – Short Range Ballistic Missiles)
- Reichweite: bis zu 1000 Kilometer
- Beispiele: Fateh-110, Zolfaghar
Iranische Mittelstreckenraketen (MRBM – Medium Range Ballistic Missiles)
- Reichweite: 1000–2000 Kilometer
- Beispiele: Shahab-3, Sejjil
Langstreckenraketen (IRBM – Intermediate Range Ballistic Missiles)
- Reichweite: 3000-5000 Kilometer
- offiziell nicht im Raketenarsenal des Iran
- möglicherweise geheim in Entwicklung
Der Iran behauptet, keine Raketen mit mehr als 2.000 km Reichweite entwickeln zu wollen, um internationale Spannungen nicht zu verschärfen. Dennoch gibt es Spekulationen über weiterreichende Programme.
Marschflugkörper, Drohnen, Überschall
Zusätzlich zu ballistischen Raketen setzt der Iran auch auf Marschflugkörper wie Soumar, deren Reichweite auf über 2.000 km geschätzt wird, sowie auf Langstreckendrohnen.
Es gibt auch überschallfähige Waffen wie den neuen Marschflugkörper „Paveh“. Unterschieden wird hier technisch zwischen „Überschall“ (knapp über der Schallgeschwindigkeit) und „Hyperschall“ (mindestens fünffache Schallgeschwindigkeit). Laut Medienberichten verfügt Iran – anders als sein Verbündeter Russland – womöglich noch nicht über Hyperschall-Fähigkeit.
Iranische Raketen-Hauptsysteme und ihre Reichweiten
- Fateh-110: ca. 300 Kilometer
- Zolfaghar: ca. 700 Kilometer
- Shahab-1 und Shahab-2: 300–500 Kilometer
- Shahab-3: bis zu 2000 Kilometer (MRBM)
- Ghadr-F: ca. 1800–2000 Kilometkm
- Sejjil-2 (feststoffbetrieben): bis zu 2000 Kilometer
- Soumar (Marschflugkörper): 2000+ Kilometer (geschätzt)
- Paveh (neues Modell, 2023 vorgestellt): über 1600 Kilometer (überschallfähig)
Israelische Luftabwehr gegen iranische Raketenangriffe. Foto: Imago/ZumaPress Wire
Nahost und die Türkei
Die Reichweite iranischer Raketen ist nicht nur eine technische, sondern vor allem auch eine politische Frage. Während der Iran betont, dass sein Raketenprogramm rein defensiven Zwecken diene, befürchten viele Staaten in der Region, dass Teheran potenziell offensive Fähigkeiten aufbaut.
Besonders besorgt sind Israel und Saudi-Arabien aber auch die Vereinigten Arabischen Emirate (VAR), die sich mit Metropolen wie Dubai innerhalb der Reichweite vieler iranischer Raketen befinden. Einige Raketen wie Sejjil-2 und Shahab-3 können Israel, die Türkei und den südlichen Teil Europas erreichen.
Als Nato-Mitglied ist auch die Türkei potenziell vom Iran gefährdet. Neue Technologien und Raketentests sorgen ständig für Spannungen im Nahen Osten und darüber hinaus.