Wenn Tiere auf Diät müssen

Etwa die Hälfte der Haustiere hat Übergewicht, doch das ist vielen Haltern gar nicht bewusst. Dabei kann das Kilo zu viel große Auswirkungen auf die Gesundheit des Tieres haben. Experten aus der Region erklären, wie man sein Tier am besten zum Abnehmen bewegen kann.

Übergewicht bei Haustieren ist keine Seltenheit mehr. Doch vielen Besitzern ist das Problem nicht bewusst. Symbolfoto: Adobe Stock/Dmitrii

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Übergewicht bei Haustieren ist keine Seltenheit mehr. Doch vielen Besitzern ist das Problem nicht bewusst. Symbolfoto: Adobe Stock/Dmitrii

Von Kristin Doberer

Rems-Murr. In der Fastenzeit versuchen viele Menschen, durch den Verzicht auf Süßes oder Alkohol auch ein paar Kilo loszuwerden. Dabei sind es vielmehr unsere tierischen Begleiter, die zu viel auf den Rippen haben. Laut einer Studie der Ludwig-Maximilians-Universität München sind 52 Prozent aller Hunde und Katzen in Deutschland zu dick. Dass etwa die Hälfte der Patienten übergewichtig ist, das könne gut hinkommen, sagt Caroline Rupp, die sich als Tierärztin in einer Weissacher Praxis auch mit Ernährungsberatung beschäftigt. „Leider fehlt oft das Bewusstsein dafür, weil sich das Bild von übergewichtigen Tieren mittlerweile als normal eingebürgert hat“, so die Tierärztin. „Immer wieder fragen Leute mit ganz normalen und schönen Tieren, ob es zu dünn ist.“ Nicht immer, so die Tierärztin, sehen die Besitzer auch ein, dass ihr Liebling etwas zu rundlich geraten ist. „Manche tun das als Winterspeck ab oder als typisch für die Rasse. Andere wiederum sagen, eine Diät ist schwer durchsetzbar.“

Ganz so schlimm, wie die Studien sagen, sind die Zahlen in der Praxis von Volker Bonfert in Backnang nicht. „Aber es ist kein seltenes Problem, ich würde schätzen, dass etwa 30 Prozent übergewichtig sind“, sagt der Tierarzt. Im jugendlichen Alter sei das bei den Tieren auch noch kein Problem, doch im Erwachsenenalter bekämen Tiere mit etwas zu viel auf den Rippen gesundheitliche Probleme. „Das betrifft natürlich den Bewegungsapparat, die Gelenke sind überlastet, das Risiko für Arthrose oder Verletzungen an den Bändern und Sehnen ist größer“, sagt Volker Bonfert. Aber auch Lebererkrankungen, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen können eine Folge sein. Das bestätigt auch Rupp: „Die Lebenserwartung des Tieres verringert sich teils massiv.“

Zu viel oder das falsche Futter

Hauptursache ist eine fehlerhafte Fütterung. Egal ob Hund, Katze oder Meerschweinchen, häufig bekommen die tierischen Begleiter zu viel oder das falsche Futter. „Oft wollen die Leute ihren Tieren etwas Gutes tun, übertreiben es aber, weil sie sich zu wenig informieren“, sagt Bonfert und nennt als Beispiel Kaninchen oder Meerschweinchen. Diese bräuchten eigentlich eine energiearme Ernährung, Heu oder Gras reiche vollkommen aus. Stattdessen geben viele Halter Körnerfutter als Hauptfutter, auch wenn das eigentlich nur zusätzliches Kraftfutter sein sollte. Bei Hunden und Katzen werden häufig die Leckerli unterschätzt, ergänzt Caroline Rupp. „Leckerli oder Kauartikel sind richtige Kalorienbomben.“ Außerdem orientieren sich viele Menschen bei der Fütterungsempfehlung am aktuellen Gewicht ihres Tieres statt am eigentlichen Idealgewicht.

Nicht immer hat das Übergewicht eines Tieres tatsächlich mit zu viel Kalorienaufnahme zu tun, manchmal hängt es auch mit Krankheiten zusammen. Zum Beispiel kann eine Schilddrüsenunterfunktion oder eine Stoffwechselkrankheit dahinterstecken. Das sehen die Mitarbeiterinnen im Tierheim Großerlach immer wieder, wie Avanna Eder, die Geschäftsführerin des Tierschutzvereins Backnang, berichtet. „Wenn Tiere mit Übergewicht zu uns kommen, schauen wir erst mal, ob vielleicht eine Krankheit dahintersteckt.“ Zum Teil könne gerade bei Hunden auch anhaltender Stress zu einer erhöhten Cortisolausschüttung – und damit zu einer Gewichtszunahme – führen. „Wenn klar ist, dass es sich nicht um eine Krankheit handelt, stellen wir erst mal das Futter um“, erklärt Eder. Sie empfiehlt, auf Futter ohne zu viel Getreide, Konservierungs- und Farbstoffe zu achten. Bei stark übergewichtigen Tieren machen sich die Tierheimmitarbeiter dann auch daran, die Bewegung auszuweiten. „Bei der Vermittlung interessieren sich die Leute aber auch für dicke Tiere“, meint Eder lachend. Hier geben die Mitarbeiter den neuen Besitzern konkrete Ernährungstipps mit.

Der Halter muss konsequent bleiben

Und wie können die Vierbeiner nun am besten abspecken? Mit Bewegung kann man nur bedingt was erreichen, so die Tierärzte, wichtiger sei die Nahrung. „Man muss die Kalorienmenge reduzieren“, sagt Bonfert. Gerade bei Hunden könne man Gemüse ergänzen, damit das Tier trotz der Mengenreduzierung eine volle Schüssel mit allen Nährstoffen vor sich hat. Leckerli sollte man einschränken oder auf kalorienarme umstellen. Auch der Umstieg auf Diätfutter sei möglich, wobei man hier trotzdem noch auf Inhaltsstoffe achten sollte. Grundsätzlich müsse die Diät aber ganz individuell auf Tier, Besitzer und Alltagsrituale abgestimmt werden, so Rupp.

Doch wie funktioniert das im Alltag, wenn die Katze mit nach Futter bettelnden Kulleraugen vor einem sitzt oder der Hund den flehenden Hundeblick auspackt? „Betteln hat nicht unbedingt etwas mit Hunger zu tun und Futter ist nicht gleichzusetzen mit Zuneigung“, betont Caroline Rupp. Um nicht einzuknicken, muss unbedingt die ganze Familie mitziehen, ergänzt Volker Bonfert. Alles Kaloriensparen bringe nichts, wenn dann doch einer nachgibt.

Avanna Eder gibt auch noch ein paar Tricks mit: „Man muss das Tier beschäftigen. Man kann das Futter auch in der Wohnung verstecken, sodass der Hund erst danach suchen muss.“ Dadurch schlinge das Tier es nicht in wenigen Sekunden herunter, sondern fresse mehrere kleine Portionen, während es sich gleichzeitig geistig anstrengen muss. Gerade bei Wohnungskatzen könne man die Bewegungsfläche über Kletterplattformen an den Wänden erweitern. Füttert man dann zum Beispiel ganz oben unter der Zimmerdecke, dann müsse sich die Katze erst anstrengen, um ihr Essen zu erreichen. Mit sechs Wochen Fastenzeit ist eine Diät bei Tieren übrigens häufig nicht getan. Denn zu schnell sollten die Tiere auch wieder nicht abnehmen. „Das kann sonst wieder andere Probleme bereiten“, sagt Caroline Rupp. Hauptsache ist aber, dass die Besitzer ihre Tiere regelmäßig wiegen und schon bei leichtem Übergewicht auf die Futtermenge achten.

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Erstellt:
16. Februar 2024, 06:00 Uhr

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