Zivilcourage in Künzelsau
„Wir würden es wieder tun“ – Brüder retten Seniorin aus dem eiskalten Kocher
Zwei Brüder retten in Künzelsau einer Seniorin das Leben – mit Entschlossenheit und echter Zivilcourage. Für sie ist klar: Helfen würden sie immer wieder.

© Privat
Die Brüder Ejmad (links) und Kastriot Demaku (rechts) haben im Februar eine 93-jährige Frau aus dem Kocher in Künzelsau gerettet.
Von Marie Part
Es ist ein kalter Februarnachmittag, drei oder vier Grad vielleicht. Auf dem Kunstrasenplatz am Stadtrand von Künzelsau, direkt neben dem Kocher, spielen zwei Väter mit ihren Kindern und deren Freunden Fußball. Gerade wollen sie aufbrechen und nach Hause gehen. Da läuft ein älterer Herr aufgeregt auf die beiden Männer zu. Er habe jemanden im Fluss treiben sehen, sagt er.
Mutiger Sprung ins kalte Wasser
„Ich bin sofort losgerannt“, erzählt Kastriot Demaku. Der 35-Jährige zog seine Jacke aus und suchte eine Lücke zwischen den vielen Bäumen und Büschen, die am Ufer wachsen. Schon nach kurzer Zeit entdeckte er eine ältere Frau, die im Wasser trieb. Er sprang sofort in den etwa drei Meter tiefen und vier Grad kalten Fluss hinein und tauchte mit dem Kopf unter.
„Ich hatte keine Zeit, zu überlegen und bin in den Fluss gesprungen, ohne zu zögern“, berichtet Kastriot Demaku. Er habe nicht daran gedacht, dass das Wasser zu kalt sein könne und seine Kraft schnell schwinden würde: „Ich habe geschrien. Ich habe keine Luft bekommen und die Kälte hat mich fast überwältigt“, erinnert er sich.
Brüder ziehen Seniorin aus dem Kocher
Kastriot Demaku musste erst ein Stück schwimmen, bevor er die Frau erreichte. „Die Strecke war kurz, aber es kam mir vor, wie eine Ewigkeit“, erzählt er. Er packte sie am Arm, doch ließ sie schnell wieder los, als sie vor Schmerzen aufschrie – eine gebrochene Schulter, wie sich später herausstellte. Er nahm ihren anderen Arm und zog sie daran mit aller Kraft an Land.
„Ich habe am Ufer gewartet und geholfen, die Frau an Land zu ziehen“, erzählt Ejmad Demaku, der ältere Bruder von Kastriot. Gemeinsam brachten die beiden die 93-jährige Frau – wie sie später erfuhren – in Sicherheit. Danach war Kastriot völlig erschöpft: „Ich musste erst einmal selbst klarkommen. Alles war nass, meine Kleidung war schwer wie Blei, und mir war kalt“, erzählt er.
Fürsorge am Ufer und schnelle Hilfe
Ejmad Demaku blieb bei der Seniorin am Ufer: „Ich habe sie mit meiner Jacke zugedeckt und habe mit ihr gesprochen, um sie zu beruhigen.“ Der Senior, der die beiden Brüder zu Beginn alarmiert hatte, wollte Hilfe rufen, hatte aber kein Handy.
Zum Glück kamen kurz darauf einige jüngere Leute am Ufer vorbei – sie verständigten die Polizei und den Rettungsdienst. Die Seniorin wurde ins Krankenhaus gebracht und konnte einige Zeit später in ihr Altersheim zurückkehren. Wie die Brüder erzählen, ist sie vor kurzem 94 Jahre alt geworden.
Ausgezeichnet für den mutigen Einsatz
Zunächst realisierten die beiden Brüder gar nicht, dass sie einer Frau das Leben gerettet hatten. „Ich war zu sehr mit mir selbst beschäftigt“, erzählt Kastriot Demaku, der in den Fluss gesprungen war. Nachdem er sich halbwegs von der Anstrengung erholt hatte, rief er seine Frau an – sie brachte ihm trockene Kleidung. „Zuhause bin ich dann sofort in die heiße Badewanne gestiegen. Meine Zehen waren blau“, berichtet er.
Für ihren mutigen Einsatz wurden die Brüder später ausgezeichnet – im Mai, bei einer Veranstaltung der Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) in Reutlingen. Sie erhielten eine Trophäe in Form eines Wassertropfens, einen Gutschein und Standing Ovations. „Wir sind dankbar für diese Wertschätzung“, sagt Ejmad. Doch egal ob mit oder ohne Anerkennung – sie würden immer wieder helfen, sagen die Brüder.