Wohnungen im Schweizerbau in Backnang geplant

Das große Backsteingebäude an der Backnanger Bleichwiese hat kürzlich seinen Besitzer gewechselt. Der neue Eigentümer, ein Immobilienunternehmen aus Kassel, möchte in dem bisher vor allem gewerblich genutzten Komplex auch Wohnraum schaffen.

Der Schweizerbau prägt seit mehr als 100 Jahren das Backnanger Stadtbild. Nun hat ein neuer Eigentümer das ehemalige Fabrikgebäude übernommen. Foto: Alexander Becher

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Der Schweizerbau prägt seit mehr als 100 Jahren das Backnanger Stadtbild. Nun hat ein neuer Eigentümer das ehemalige Fabrikgebäude übernommen. Foto: Alexander Becher

Von Kornelius Fritz

Backnang. Der um blumige Worte nie verlegene Ex-Oberbürgermeister Frank Nopper hat den Schweizerbau einst als „großes Kreuzfahrtschiff im Backnanger Hafen“ bezeichnet. Mit einer Länge von 200 Metern ist das Backsteingebäude an der Bleichwiese auf jeden Fall seit mehr als 100 Jahren eines der größten und prägendsten Gebäude der Stadt. Ihr heutiges Gesicht bekam die ehemalige Lederfabrik (siehe Infobox) vor rund zehn Jahren. Damals ließ der Investor Reiß &Co., der die Immobilie von der Familie Schweizer erworben hatte, den Gebäudekomplex von Grund auf sanieren und umbauen. Im Erdgeschoss befinden sich seitdem Geschäfte, in den oberen Stockwerken sind unter anderem Büroräume, Arztpraxen und ein Fitnessstudio untergebracht.

Ein paar wenige Menschen wohnen auch im Schweizerbau. Zum Beispiel Ahmet Karacuha, der neben seiner Wohnung im zweiten Obergeschoss auch acht möblierte Appartements eingerichtet hat, die er an Monteure und andere Personen vermietet, die zeitweise beruflich in Backnang sind. Ursprünglich waren aber mal wesentlich mehr Wohnungen im Schweizerbau geplant: Von bis zu 30 Maisonettewohnungen mit Dachterrasse und Blick auf die Altstadt war 2006 die Rede. Doch diese Pläne wurden nie verwirklicht. Der Investor hatte damals offenbar Zweifel, ob es in Backnang genügend Nachfrage für Wohnungen in dieser Preisklasse geben würde.

Nun könnte diese alte Idee aber wieder aktuell werden, denn im Frühjahr wurde der Schweizerbau erneut verkauft. Reiß&Co. möchte nach Angaben des Stuttgarter Standortleiters Jürgen Klein seine Aktivitäten künftig auf andere Projekte in Stuttgart, Berlin und Hamburg fokussieren. Aus „Kapazitätsgründen“ habe man deshalb für das Backnanger Objekt einen Käufer gesucht und in der Immovation AG aus Kassel gefunden. Über die Höhe des Kaufpreises schweigen beide Parteien.

Neuer Eigentümer hat auch in Kornwestheim investiert

Der neue Eigentümer aus Nordhessen entwickelt, vermietet und verkauft Immobilien in ganz Deutschland. Nach eigenen Angaben verwaltet die Immovation AG ein Immobilienvermögen von 450 Millionen Euro. Das Geld stammt von rund 7.500 privaten Kapitalanlegern. In der Region ist das Unternehmen bereits in Kornwestheim aktiv, wo es 2009 das ehemalige Firmengelände des Schuhherstellers Salamander gekauft und zu einem modernen Wohn- und Geschäftszentrum umgebaut hat.

Die Erfahrungen in Kornwestheim waren nach Angaben von Unternehmenssprecher Michael Sobeck auch ein Grund für die Investition in Backnang: „Wir sind von der positiven Entwicklung der Region überzeugt.“ Die Lage des Schweizerbaus im Zentrum der Stadt und in unmittelbarer Nähe zur Fußgängerzone lässt aus Sicht des Investors „auch langfristig eine nachhaltige Vermietung der Gewerbeflächen erwarten“.

Fast alle Ladenflächen sind derzeit vermietet

Aktuell sind laut Sobeck mehr als 98 Prozent der Gewerbeflächen vermietet, lediglich ein Laden im Erdgeschoss steht nach dem Weggang der Modekette Takko zurzeit leer. Das Sportgeschäft Hettich macht zwar gerade einen Räumungsverkauf, wird aber lediglich seinen Namen wechseln. Nach einem Umbau bei laufendem Betrieb wird der Laden laut Geschäftsführer Janos Kerekes Ende November unter dem Namen „Intersport Grabert“ wieder eröffnet. Bereits vor fünf Jahren hatte die Firma Grabert aus Öhringen das Geschäft von Rolf Hettich übernommen, nun wird der Eigentümerwechsel auch nach außen hin sichtbar.

Alle bestehenden Mietverträge hat die Immovation AG vom vorherigen Eigentümer übernommen und wie man von den Mietern hört, gab es bis jetzt auch noch keine Mieterhöhungen. Aber der neue Eigentümer wird es wohl nicht auf Dauer beim Status quo belassen. „Der Schweizerbau bietet über die bisherige Vermietung gewerblicher Flächen hinaus weiteres Potenzial“, teilt das Unternehmen auf Anfrage mit, ohne dies zu konkretisieren.

Auf der Homepage des Unternehmens ist allerdings von „zirka 3.400 Quadratmetern Neubau-Potenzial“ die Rede, auf denen Wohnungen geplant seien. Wo genau diese Wohnungen entstehen sollen, dazu will sich das Unternehmen auf Anfrage nicht äußern. Es gebe noch keine konkreten Planungen, teilt Unternehmenssprecher Sobeck mit. Fakt ist allerdings, dass es in den Obergeschossen Flächen gibt, die noch nicht voll ausgebaut sind und bislang nur als Lager genutzt werden.

Ein Stockwerk obendrauf?

Auch die alte Idee, den Schweizerbau um ein Stockwerk aufzustocken, könnte wieder auf den Tisch kommen. Wie so etwas aussehen könnte, kann man in Kornwestheim besichtigen, wo in der alten Schuhfabrik auch 70 schicke Loftwohnungen entstanden sind. Für eine Vierzimmerwohnung mit 160 Quadratmetern muss man dort allerdings 2300 Euro Kaltmiete bezahlen.

Ob Ähnliches im Schweizerbau geplant ist, weiß auch Reiner Gauger nicht. Der städtische Wirtschaftsbeauftragte sagt, er habe erst nachträglich von dem Besitzerwechsel erfahren. Auch seine Versuche, mit dem neuen Eigentümer in Kontakt zu treten, seien bis jetzt allesamt gescheitert. Weder telefonisch noch per E-Mail sei er zu den Verantwortlichen durchgedrungen. Aber Gauger will nicht aufgeben, schließlich hat die Zukunft des Schweizerbaus auch für die Stadt große Bedeutung. „Es wäre hochinteressant zu erfahren, was der neue Eigentümer dort vorhat“, sagt der Backnanger Wirtschaftsförderer.

Die Geschichte des Schweizerbaus

Lederfabrik Der Schweizerbau ist benannt nach dem Unternehmer Louis Schweizer, der das Gebäude zwischen 1913 und 1916 erbauen ließ. Geplant wurde die Lederfabrik von dem bekannten Industriearchitekten Philipp Jakob Manz, der auch das Spinnereigebäude der Textilfabrik Adolff in Backnang gebaut hat. Bis 1955 wurde im Schweizerbau Leder produziert.

Kaufhaus Nach dem Ende der Lederproduktion wurde der Schweizerbau für den Einzelhandel genutzt. Zunächst befand sich eine Tengelmann-Filiale in dem Gebäude, 1962 zog dann das Kaufhaus Max Mayer ein. Vier Jahrzehnte lang kauften die Backnanger hier Kleidung, Haushaltswaren und Lebensmittel, bis das Kaufhaus 2002 nach einer Insolvenz schließen musste.

Sanierung In den folgenden Jahren waren unterschiedliche Nutzungen im Gespräch. So wurde zum Beispiel überlegt, die städtische Bauverwaltung dort unterzubringen. Im April 2006 kaufte dann der Münchener Investor Reiß&Co. die Immobilie. Die angekündigte Sanierung wurde aber erst ab 2010 umgesetzt. Parallel dazu ließ die Stadt die Bleichweise neu gestalten.

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Erstellt:
29. September 2022, 06:00 Uhr

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