Wohnungsriese Vonovia mit guten Zahlen

dpa Bochum. Deutschlands größter Vermieter glänzt mit guten Zahlen. Mieter müssten sich auch in Corona-Zeiten keine Sorgen machen, versichert Konzernchef Rolf Buch. Städtetag und Mieterbund sind deutlich skeptischer.

Die Firmenzentrale des Wohnungsunternehmens Vonovia in Bochum. Foto: Marcel Kusch/dpa

Die Firmenzentrale des Wohnungsunternehmens Vonovia in Bochum. Foto: Marcel Kusch/dpa

Die Wohnungsbranche gehört zu den stabilsten Wirtschaftszweigen in der Corona-Krise. Deutschlands größter Vermieter Vonovia präsentierte am Mittwoch starke Geschäftszahlen mit steigenden Gewinnen und einer positiven Prognose für die kommenden Monate.

„Wir sind bisher gut durch die Corona-Krise gekommen“, sagte Vorstandschef Rolf Buch. Die Aktie des Dax-Konzerns gehört zu den gefragtesten Papieren an der Börse. Am Mittwoch notiert sie mit mehr als 58 Euro so hoch wie nie zuvor.

Auch für die Vonovia-Mieter habe die Pandemie bislang keine gravierenden finanziellen Schwierigkeiten gebracht. Nur knapp 1 Prozent der rund 350.000 Mieter in Deutschland habe sich mit der Bitte um Mietstundungen an das Unternehmen gewandt. „Und es werden immer weniger Mieterinnen und Mieter, die uns aus diesem Grund kontaktieren“, sagte Buch.

In den ersten sechs Monaten stieg die für Immobilienunternehmen wichtige Kenngröße FFO (Funds From Operations) von Vonovia im Jahresvergleich um 11 Prozent auf 676,3 Millionen Euro. Die Kennzahl gibt an, wie viel Geld aus dem laufenden Geschäft nach Abzug vor allem von Zinszahlungen und Steuern verbleibt. Zum Plus habe vor allem der Kauf des Stockholmer Wohnimmobilienkonzerns Hembla beigetragen, aber auch der Neubau von Wohnungen sowie Modernisierungen, hieß es. Die Mieteinnahmen wuchsen bei einem weiterhin geringen Leerstand um rund 12 Prozent auf 1,13 Milliarden Euro. Die monatliche Miete in Deutschland lag den Angaben zufolge Ende Juni bei 6,88 Euro je Quadratmeter.

Mit diesem Mietniveau biete Vonovia-Wohnungen an, die auch bei Kurzarbeit und vorübergehender Arbeitslosigkeit gehalten werden könnten, sagte Buch. Die sozialen Sicherungssysteme funktionierten. Und bei wem die staatliche Unterstützung nicht reiche, „den fangen wir auf“, betonte der Vonovia-Chef.

Ähnlich ist die Einschätzung beim zweiten Dax-Konzern aus dem Immobilienbereich, der Deutschen Wohnen aus Berlin. Bis Ende Juli hätten sich rund 1850 der Mieter im Zusammenhang mit Corona gemeldet, sagte ein Sprecher. Darunter seien sowohl Ankündigungen eventuell auftretender Zahlungsschwierigkeiten als auch tatsächliche Zahlungsausfälle. Da die Corona-Sonderregelungen des Bundes für Mieter ausgelaufen seien, rechne man aber mit einer steigenden Zahl vom Mietern, „die sich mit Zahlungsschwierigkeiten an uns wenden werden“. Das Unternehmen hat deshalb einen Fonds aufgelegt, um Mietern in Not zu helfen.

Zu spüren bekommen wachsende finanzielle Problemen von Mietern bereits die Kommunen. „In den meisten Wohngeldstellen der Städte steigen die Anfragen seit Mitte März sehr deutlich an“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy, auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Seit Beginn der Corona-Beschränkungen sei die Zahl der Wohngeldanträge um durchschnittlich 30 bis 50 Prozent gestiegen. „Viele Menschen suchen nach Hilfe und Unterstützung, um ihre Miete bezahlen zu können.“

In der Ruhrgebietsstadt Essen gab es beispielsweise von März bis Ende Juli rund 7000 Wohngeldanträge, 40 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Die Steigerung sei aber nicht ausschließlich auf die Pandemie zurückzuführen, sondern sei auch eine Folge der zu Jahresbeginn in Kraft getretenen Wohngeldreform.

Der Deutsche Mieterbund schätzt die Folgen von Corona deutlich gravierender ein als die Wohnungskonzerne. Momentan drehe sich etwa jede zehnte Beratung in den örtlichen Mietervereinen um das Thema coronabedingte Zahlungsprobleme. „Wir gehen davon aus, dass die Probleme der Mieterinnen und Mieter, ihre teils exorbitant hohen Mieten zahlen zu können, in den kommenden Monaten zunehmen werden“, sagte eine Sprecherin. „Denn je länger Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit andauern, desto weniger Geld bleibt übrig, um die Mietbelastung stemmen zu können.“

Dagegen sieht der Eigentümerverband Haus & Grund, in dem viele Vermieter mit wenigen Wohnungen organisiert sind, derzeit keine dramatische Lage. „Die Probleme sind nicht so groß, wie anfangs befürchtet“, sagte ein Sprecher. Die Maßnahmen des Staates wie die Vereinfachungen beim Wohngeld griffen. Zudem fänden Vermieter und Mieter bei Problemen meist individuelle Lösungen.

© dpa-infocom, dpa:200805-99-50244/3

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Erstellt:
5. August 2020, 12:19 Uhr

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