Zahl der Stellplätze bleibt umstritten

Backnanger Gemeinderat sieht Baupläne eines Investors auf dem Gelände der Firma Gockenbach kritisch.

Das große Gerbfass auf dem Dach verrät, was die Firma Gockenbach dort produziert. Bald sollen an dieser Stelle drei Wohngebäude entstehen. Die Lage ist durchaus idyllisch: Direkt hinter den Bäumen auf der linken Seite fließt die Murr. Foto: K. Fritz

Das große Gerbfass auf dem Dach verrät, was die Firma Gockenbach dort produziert. Bald sollen an dieser Stelle drei Wohngebäude entstehen. Die Lage ist durchaus idyllisch: Direkt hinter den Bäumen auf der linken Seite fließt die Murr. Foto: K. Fritz

Von Kornelius Fritz

Backnang. Wohnungen werden in Backnang wie überall in der Region Stuttgart dringend gebraucht, deshalb sind die Pläne der BPB Immobilienentwicklung im Gemeinderat eigentlich sehr willkommen. Der Investor, hinter dem die niederländische Rabobank steht, möchte ab Ende 2023 auf dem heutigen Betriebsgelände der Firma Gockenbach in der Theodor-Körner-Straße drei Gebäude mit insgesamt 39 Wohnungen bauen. Aufgrund der vom Gemeinderat beschlossenen Sozialquote sind auch vier bis sechs bezahlbare Mietwohnungen mit dabei. Das Traditionsunternehmen Gockenbach, das seit 1876 in Backnang Gerbfässer für die Lederindustrie produziert, will seine Fertigung einstellen und sich künftig nur noch auf das Servicegeschäft konzentrieren.

Allerdings gab es bereits im vergangenen Juli, als die Pläne erstmals öffentlich im Gemeinderat vorgestellt wurden, auch kritische Stimmen. Die bezogen sich einerseits auf das Energiekonzept – der Investor setzte damals noch auf eine Gasheizung – und zum anderen auf die Zahl der Parkplätze.
39 Stellplätze für 39 Wohnungen – das erschien einigen Stadträten zu wenig. Laut „Backnanger Stellplatzschlüssel“ müssen Bauherren für Wohnungen ab einer Größe von 80 Quadratmetern eigentlich 1,5 Stellplätze nachweisen. Die Vertreter des Investors bekamen damals den Auftrag, ihre Pläne noch einmal zu überarbeiten.

Doch als Architekt Nicolas Pollich nun erneut im Technischen Ausschuss vorsprach, bekam er abermals Gegenwind. Beim Energiekonzept will der Investor nun zwar den größten Teil des Energiebedarfs über eine Hochtemperatur-Wärmepumpe decken, für die Spitzenlast ist aber auch weiterhin ein Brennkessel mit Gas vorgesehen. Zum Unmut von Grünen-Fraktionschef Willy Härttner: „Wenn Backnang CO2-neutral werden soll, passt ein Gaskessel einfach nicht mehr dazu“, kritisierte Härtner und forderte, stattdessen auf Holzpellets oder Hackschnitzel zu setzen.

Carsharing soll Verzicht auf Zweitwagen erleichtern

Noch mehr Kritik gab es an der Zahl der Stellplätze: Denn laut Pollich soll es bei 39 Parkplätzen bleiben – 35 davon in einer Tiefgarage, vier oberirdisch. Neu hinzugekommen sind lediglich zwei Carsharingplätze mit Ladesäule. Dort will der Anbieter Deer zwei Elektroautos stationieren, die dann allen Bewohnern zur Verfügung stehen werden. Dadurch, so hofft Baudezernent Stefan Setzer, könne man es schaffen, dass etliche der künftigen Bewohner zumindest auf den Zweitwagen verzichten. Unter den Stadträten gibt es daran allerdings erhebliche Zweifel. „39 Stellplätze reichen nicht“, machte Siglinde Lohrmann (SPD) unmissverständlich klar. Auch ihr Fraktionschef Heinz Franke meldete Bedenken an und Sabine Kutteroff (CDU) wunderte sich, warum der übliche Stellplatzschlüssel nicht auch für dieses Projekt gilt.

Architekt Pollich argumentierte mit der Größe und dem Zuschnitt des Grundstücks: „Mehr als 35 Plätze schaffen wir in der Tiefgarage nicht.“ Nach seiner Einschätzung ist die Parkplatzsituation in der Theodor-Körner-Straße aber auch nicht so prekär. Selbst wenn ein Teil der Bewohner an der Straße parke, hätte das aus seiner Sicht kein Chaos zur Folge. Stefan Setzer sprang ihm bei: „Wir glauben, dass wir an dieser Stelle das Experiment mit einem geringeren Stellplatzschlüssel wagen können“, sagte der Backnanger Baudezernent. Schließlich sei man von dort in wenigen Minuten zu Fuß oder mit dem Bus am Bahnhof. Im Übrigen mache jeder zusätzliche Tiefgaragenstellplatz die Wohnungen auch teurer.

Wie groß der Widerstand im Gemeinderat tatsächlich ist, blieb in dieser Sitzung offen. Da es nur ein Zwischenbericht war, wurde am Ende nicht darüber abgestimmt. Darauf verlassen, dass seine Baupläne in der jetzigen Form mehrheitsfähig sind, sollte sich der Investor aber wohl lieber nicht.

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Erstellt:
24. Mai 2022, 06:00 Uhr

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