Als einzige Frau bei den Backnanger Wasserballern

Die 20-jährige Regina Bock ist seit etwa sechs Jahren bei den Wasserballern der TSG Backnang 1846 aktiv, davon die meiste Zeit als einzige Frau. Mit den Männer mitzuhalten, ist nicht leicht für sie. Sie weiß aber auch, wie sie ihr Alleinstellungsmerkmal als Vorteil nutzen kann.

Die Wasserballerin Regina Bock spielte viele Jahre als einzige Frau in der Mannschaft der TSG Backnang 1846.

© Tobias Sellmaier

Die Wasserballerin Regina Bock spielte viele Jahre als einzige Frau in der Mannschaft der TSG Backnang 1846.

Von Anja La Roche

Wasserball ist ein extrem anstrengender Sport. Vier mal acht Minuten sprinten die Sportler bei einem Spiel dem Ball hinterher. „Allein das Schwimmen ist sehr kraftraubend“, sagt Ulrich Beuthner, der die Mannschaft der TSG Backnang 1846 trainiert. Hinzu kommt der ständige Kampf mit dem Gegner. Da als einzige Frau in einem Männerteam mitzuhalten, ist doppelte Herausforderung – doch für Regina Bock kein Problem. Schon seit etwa sechs Jahren spielt die 20-Jährige bei dem Verein an der Murr. Eine Frauenmannschaft gibts nicht, der Sport zieht hier zu wenige Mädels an. Der Backnangerin ist damals nichts anders übrig geblieben, als sich den Jungs anzuschließen. Zwei Mal die Woche trainiert sie seither mit ihnen im Wonnemar.

Dass sie nicht die gleiche Kraft und Schnelligkeit erreichen kann wie der Rest der Gruppe, sei zwar manchmal frustrierend, habe sie aber nie entmutigt. „Ich häng da schon hinterher. Aber ich geb immer alles“, betont Regina Bock. Trainer Beuthner bewundert das Durchhaltevermögen seiner Spielerin. Sonderregelungen bekommt sie keine im Training. „Ich krieg keine Extrawurst“, erzählt die Studentin.

Schwierig wurde es für sie aber, als der Bezirksligist im Coronalockdown per Videochat gemeinsam verschiedene Kraftübungen durchführte. „Das war zu hart“, erinnert sich Regina Bock lachend. Nach einem Versuch habe sie beschlossen, ihr eigenes Coronatraining durchzuführen, um auch in der Zeit als die Bäder geschlossen bleiben mussten, fit genug fürs Spiel im Nassen zu bleiben.

Der Badeanzug in Vereinsfarben musste erst noch hergestellt werden

Das Schwimmen lieben gelernt hat sie im Alter von neun Jahren, als bei den Rettungsschwimmern der DLRG war. Ein Freund hatte ihr später vom Wasserball erzählt. Da wechselte sie mit 14 Jahren zur TSG. „Das hat sich gut angehört. Schwimmen, Ball- und Teamsport, das war genau mein Ding.“ Der Verein hat sogar eigens für sie einen Badeanzug anfertigen lassen.

Sehr selten waren mal ein, zwei andere Mädels im Team, doch nie besonders lang. Seit etwa zwei Jahren hat sich nun Julia Gfrörer der Gruppe angeschlossen, die Tochter des ehemaligen Spielers Edgar Gfrörer. Die meiste Zeit sprintete Bock jedoch als einzige im Badeanzug durchs Becken. Das machte sich durchaus bemerkbar. Die Jungs hätten sich oftmals nicht getraut, sie richtig anzupacken.

Seit sie bei den Erwachsenen mittrainiert hat sich das Spielverhalten etwas verändert

Wasserball ist die Ballsportart mit dem meisten Körperkontakt, quasi ständig hat man die Hand des Gegners auf der Schulter. Regina Bock wurde allerdings meist von körpernahem Spielverhalten verschont, besonders als sie noch in der Jugendmannschaft war. Bei den Erwachsenen habe sich das etwas geändert. „Die haben nicht mehr so viel Angst, mir wehzutun“, vermutet sie.

Wenn die TSG 1846 gegen andere Teams aus Württemberg antritt, sind das meist reine Männermannschaften. Die junge Backnangerin sieht das aber auch als Vorteil. „Ich werde schnell unterschätzt“, sagt sie. „Sie wissen nicht, ob du auf der Stelle bleibst oder ob du kämpfst.“ Inzwischen studiert Bock zwar in Schwäbisch Hall, wohnt aber immer noch im Murrtal und geht weiterhin gerne ins Training. Sie hat den Ehrgeiz, weiter an sich zu arbeiten. „Ich will im Zweikampf noch mehr dran bleiben. Und mir mehr zutrauen, sicherer sein.“ So kann sie ihre Mannschaft in der kommenden Bezirksliga-Saison dabei unterstützen, den dieses Jahr missglückten Aufstieg in die Verbandsliga zu schaffen.

In der darüber liegenden Liga sind gemischte Teams untersagt

Würde Bock mit ihrem Team den Sprung schaffen, wäre das aber auch ein Schuss ins eigene Knie. Denn in der Verbandsliga sind gemischte Teams untersagt, Frauen dürfen bei den offiziellen Partien nicht mehr um Tore kämpfen, sondern ihre Mannschaft nur noch vom Rand aus anfeuern. Wenn es mehr Frauen mit Interesse am Wasserball geben würde, könnte Backnang ein eigenes Team gründen, so wie es die Vereine in Esslingen und Heidelberg gemacht haben. Sieben Spielerinnen bräuchte es mindestens.

Beuthner macht sich da allerdings keine großen Hoffnungen. „Wasserball verzeichnet schon bei den Männern einen rückläufigen Trend“, bedauert er. Die Hallenschließungen während der Lockdowns hätten das negativ verstärkt. Daher bleiben die Frauen Teil der aktuellen Mannschaft, die 14 aktive Spieler umfasst. Und das sei okay so, findet Regina Bock. „Von Anfang an wäre ein Frauenteam schon schön gewesen.“ Aber solange sie in ihrer Heimatstadt bleibt, will sie ihre langjährigen Vereinskollegen nicht verlassen. Immerhin hat sie diese über die lange Zeit in ihr Herz geschlossen.

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Erstellt:
12. Oktober 2022, 11:30 Uhr

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