Erst der Abstrich, dann der Ball

Die Drittliga-Handballer des HC Oppenweiler/Backnang unterziehen sich vor ihren Trainingseinheiten regelmäßigen Coronatests. Spieler und Trainer wissen um ihr Privileg und gehen sehr sorgfältig damit um. Die Testaktionen sind minutiös durchgeplant.

Seit geraumer Zeit Routine für die HCOB-Spieler wie Ruben Sigle: Bevor es mit dem Training losgeht, wird ein Abstrich genommen. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Seit geraumer Zeit Routine für die HCOB-Spieler wie Ruben Sigle: Bevor es mit dem Training losgeht, wird ein Abstrich genommen. Foto: A. Becher

Von Alexander Hornauer

Noch wissen sie nicht, wann sie wieder um Punkte und um Tore kämpfen dürfen. Zum Training treffen sich die Handballer des HC Oppenweiler/Backnang aber. Das ist möglich, weil die Coronaverordnung des Landes Baden-Württemberg den Drittliga-Handball zum Spitzensport zählt. Spieler, Trainer und die Vereinsverantwortlichen sind sich ihres Privilegs bewusst und gehen sehr verantwortungsbewusst damit um: vor den Übungseinheiten wird auf Corona getestet.

Normalerweise kommen einige Handballer des HCOB einige Zeit vor den Trainingseinheiten. Sie treffen sich vor der Halle, plaudern ein bisschen, tauschen das Neueste aus. Derzeit ist alles anders. Wer kommt, geht erst einmal ins Foyer der Gemeindehalle, zum Coronaschnelltest. Die Sportler tragen Masken und finden sich zu einem auf die Minute genau festgelegten Zeitpunkt ein. So sehen sie sich vielleicht auf dem Parkplatz und können sich zuwinken. Aber sie begegnen sich nicht. Im Foyer wird ihnen ein Abstrich entnommen – und innerhalb kürzester Zeit eilen die Sportler wieder hinaus ins Freie. Danach heißt es, das Ergebnis abzuwarten. Das dauert 10 bis 15 Minuten. Dann gibt es ein Feedback. „Fällt der Test negativ aus, kann der Sportler in die Halle und an der Trainingseinheit teilnehmen“, erklärt Mannschaftskapitän Philipp Maurer. „Bisher hatten wir das Glück, dass alle Tests negativ ausgefallen sind.“

Ob das auf Dauer so bleibt? Im Murrtal wünschen es sich alle Beteiligten. Gewissheit haben sie allerdings keine. Sollte ein Test anzeigen, dass ein Sportler im Moment des Testes infektiös wäre, müsste er zielstrebig nach Hause und sich anschließend einer weiteren Überprüfung unterziehen. „Er wäre dann fürs Training raus“, erklärt Matthias Heineke. Immerhin sei durch das Verfahren gewährleistet: „Seine Mitspieler wären nicht betroffen, sie hatten bis dahin keinen Kontakt mit ihm.“ Auch das Testteam wäre nur für kürzeste Zeit und obendrein mit Schutzbekleidung ausgestattet auf Tuchfühlung gewesen. Das Infektionsrisiko ist dadurch auf ein Minimum begrenzt – und damit auch die Gefahr kleiner, dass das Gesundheitsamt eine Quarantäne anordnet.

Interessant dabei ist: Die Abstriche werden unter anderem vom Coach abgenommen. Matthias Heineke bringt Vorkenntnisse aus seinem beruflichen Alltag mit und wurde von Mannschaftsarzt Jochen Nufer geschult. Ebenfalls im Testteam dabei ist Tobias Gehrke. Der momentan verletzte Rückraumspieler fungiert als Dokumentator. „Und das macht er bemerkenswert gewissenhaft“, hat sein Coach beobachtet. Der Spielgestalter, der sich nach einer Kreuzbandverletzung im Aufbautraining befindet, sagt: „Ich mache das gerne, so kann ich die Mannschaft auf diese Weise unterstützen. Außerdem werde ich selbst auch getestet und kann mein Krafttraining mit der Mannschaft machen.“

Tobias Gehrke weiß zu schätzen, „dass es gerade ein Riesenprivileg ist, mit einer Menschengruppe Zeit zu verbringen und dank der Tests trotzdem ein gutes Gewissen haben zu können“. Etwas ungewohnt sei die Abnahme des Abstrichs durch die Nase für den einen oder anderen zu Beginn schon gewesen, erzählt Heineke. Aber alle nehmen es anstandslos hin, „da ja jeder weiß, wie groß der Gewinn ist, der damit verbunden ist“. Nämlich: Handballtraining in einer Zeit, in der viel stillsteht. Rückraumschütze Ruben Sigle bringt es auf den Punkt: „Andere sitzen den ganzen Tag im Homeoffice und müssen auch abends daheimbleiben. Da empfinde ich es schon als Privileg, dass wir trainieren dürfen.“ HCOB-Mannschaftskapitän Philipp Maurer ergänzt: „Zuletzt konnten wir nach langer Zeit mal wieder Sechs gegen Sechs spielen, über zweimal zehn Minuten.“ Ganz schön anstrengend sei das nach so langer Zeit gewesen, erzählt Routinier Maurer. Aber auch ein schönes Gefühl. Und deshalb ist er dankbar gegenüber den Vereinsverantwortlichen, die das Testverfahren in die Wege leiteten. „Denn eins ist klar: Ohne diese Tests könnten wir in dieser Art und Weise derzeit nicht trainieren, das wäre viel zu heikel.“

Drunter und drüber ist alles geklärt, nur die Dritte Liga muss sich weiterhin in Geduld üben

Der aktuelle Status: Die Erste und die Zweite Bundesliga spielen, ab der Oberliga und in den Spielklassen drunter ist die Saison in Baden-Württemberg offiziell beendet. Die Drittligisten indes warten, noch gibt es keine amtliche Aussage vom DHB, offiziell ist der Spielbetrieb derzeit unterbrochen. Wer eins und eins zusammenzählt, der weiß freilich: Aufgrund der Zeitschiene ist die vor einigen Wochen noch angestrebte Option, zumindest die Hinserie zu Ende zu spielen, nicht mehr realistisch. Es wird wohl Plan B greifen. Der bietet zwei Möglichkeiten.

Erstens: Die Vereine spielen in dieser Saison nicht mehr und greifen erst wieder ins Geschehen ein, wenn im Spätsommer die neue Runde aufgenommen wird. Absteigen muss in diesem Fall keiner, allerdings droht – weil den Oberligen das Recht, Aufsteiger zu ermitteln, nicht abgesprochen werden kann – eine weitere Vergrößerung der Ligen.

Zweitens: Die Vereine der Dritten Liga nehmen an einem freiwilligen Spielbetrieb teil. Sie können sich entweder für eine Aufstiegsrunde zur zweiten Liga melden oder an einer Ausspielung der DHB-Pokalplätze teilnehmen. Wie das genau funktionieren soll, wann es losgehen kann, wie ein Testkonzept im Detail aussehen wird, ist derzeit aber noch nicht bekannt – hier hoffen die Klubs, bald mehr von den Verantwortlichen des Deutschen Handball-Bundes zu erfahren.

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Erstellt:
17. Februar 2021, 06:00 Uhr

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