16-Jähriger fasziniert mit Erstlingswerk

Marian Grau liest vor Siebtklässlern im Weissacher Bildungszentrum aus „Bruderherz – ich hätte dir so gern die ganze Welt gezeigt“

Marian Grau aus Affalterbach ist erst 16 Jahre alt und zählt schon zu den Buchautoren. Im Weissacher Bildungszentrum hat er aus seinem ergreifenden Buch „Bruderherz – ich hätte dir so gern die ganze Welt gezeigt“ gelesen und bei den Schülern großen Eindruck hinterlassen.

Der junge Autor Marian Grau bezieht sein Publikum wunderbar mit ein. Und die jungen Zuhörer hängen fasziniert an seinen Lippen. Foto: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Der junge Autor Marian Grau bezieht sein Publikum wunderbar mit ein. Und die jungen Zuhörer hängen fasziniert an seinen Lippen. Foto: A. Becher

Von Renate Schweizer

BACKNANG. Auf den ersten Blick ist es eine Lesung wie viele: Circa 30 Stühle, locker aufgereiht, zwischen langen Bücherregalen einer Bibliothek. Langsam trudelt das Publikum ein. Und schon geht es los: Der Autor, Marian Grau, setzt sich hinter einen kleinen Lesungstisch. Er spricht frei. „So kurz nach Feierabend schlaft ihr bloß ein, wenn ich jetzt vorlese.“ In druckreifen Sätzen, perfekt hochdeutsch natürlich, klug, reflektiert, ein bisschen selbstironisch erzählt er die Entstehungsgeschichte seines Buches und seinen eigenen Lebenshintergrund, er holt sein Publikum wunderbar ab, bezieht es freundlich-entspannt ein und tatsächlich, die Zuhörer, sonst vermutlich eher kritisch und schnell gelangweilt, hängen fasziniert an seinen Lippen, anderthalb Stunden lang, am frühen Nachmittag, mitten im Mittagstief. So weit, so gut, eine überaus gelungene Lesung, bei der nicht gelesen wurde, sondern dialogisch erzählt. Wunderbar.

Als Marian Grau sein Buch „Bruderherz – ich hätte dir so gern die ganze Welt gezeigt“ schrieb, war er 15. Er kommt aus Affalterbach, („Kennt jemand hier Affalterbach nicht?“ Fast alle Hände gehen hoch), geht in die 11. Klasse des Marbacher Gymnasiums – am Tag der Lesung hat er sechs Stunden Unterricht hinter sich, genau wie seine Zuhörer. Veranstaltungsort ist die Bibliothek des Bildungszentrums in Unterweissach, Publikum ist die 7. Klasse des Gymnasialzweigs, die Organisatorin heißt Emilia und ist 12 Jahre alt und das Event ist Teil ihrer Präsentation von „Bruderherz“, des Buchs, um das es hier geht. Marian erzählt von der klitzekleinen Welt, in der er seine ersten zehn Lebensjahre verbracht hat. „Ich kannte das Haus, in dem wir wohnten, das Haus meiner Oma, die Grundschule und den Weg dahin. Das war’s. Es gab keine Ausflüge, keine Urlaubsreisen, kein Eis essen gehen. Es gab kein gemeinsames Frühstück. Niemand kümmerte sich je um meine Hausaufgaben. Für so etwas hatte meine Mutter keine Zeit.“ Denn da war Marlon, der „große“, jedenfalls der ältere, Bruder, geboren mit einem schweren Gendefekt („Habt ihr schon Genetik in der Schule? Nein? Seid froh, es ist echt kompliziert.“), der musste gepflegt werden. Rund um die Uhr.

„Marlon starb und ich kam in die weiterführende Schule. Plötzlich war ich ein ganz normaler Junge, der morgens mit seiner Mutter am Frühstückstisch saß. Davon abgesehen lebten wir weiter in unserer klitzekleinen Blase, die eigentlich längst geplatzt war.“ Bis ihn, nach anderthalb Jahren, die Mutter zu einem gemeinsamen Urlaub nach Kambodscha mitnahm. Es muss so etwas wie ein Erweckungserlebnis gewesen sein: Da draußen gab es eine ganze Welt! Eine Welt, die der Bruder nie gesehen hatte. Aber er, Marian, konnte sie anschauen. „Endgeil war das!“ (Tatsache, er ist doch erst 16.) Seitdem reist er. Und schreibt. Erst den Blog (www.geomarian.de). Dann das Buch. (Bruderherz – ich hätte dir so gern die ganze Welt gezeigt; 2018, Edenbooks).

Hinten im Publikum sitzt seine Mutter und strahlt. Und Theo Kaufmann, vom Verein für Leseförderung, der neben dem Friedrich-Bödecker-Kreis die Veranstaltung unterstützt hat. Der strahlt auch. Und Gabriella Lambrecht, die die Bibliothek leitet. Und Emilias Deutschlehrer. Alle stolz wie Bolle. Diese Präsentation muss eine richtig gute Note kriegen.

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Erstellt:
23. Mai 2019, 11:30 Uhr

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